Als Gründe für diese Entwicklung nennt die internationale Managementberatung Bain & Company den Umstand, dass Produkte, Rohstoffe und Informationen sich immer günstiger transportieren lassen oder wegen erleichterter Möglichkeiten zur lokalen Produktion gar nicht mehr transportiert werden müssen. Nach Ansicht der Forscher, die diese Entwicklung „posturbane Ökonomie“ nennen, ändern sich deshalb nicht nur Produktionsprozesse tiefgreifend, sondern auch die Lebensumstände der Menschen, die am Produktions- und Konsumprozess beteiligt sind. Mitarbeiter sind weniger darauf angewiesen, in Städten oder ihrem „Speckgürtel“ zu leben. „Der ländliche Raum gewinnt“, wagt die Studie „Spatial Economics: The Declining Cost of Distance“ zu prognostizieren.
Ursache dafür seien die „extrem gesunkenen Kosten der räumlichen Distanz (Spatial Economics)“. Neue Unternehmen stellten sich mit „kleinen, effizienten Produktionseinheiten“ schneller auf regionale Bedürfnisse ein, neue Siedlungsschwerpunkte böten günstigeren Wohnraum, Nähe zur Natur und die Möglichkeit von Mehrgenerationenhäusern, die das Zusammenspiel von Beruf und Familie erleichterten. „Schon innerhalb der nächsten zehn Jahre werden in der klassischen Pendlernation USA erstmals mehr Menschen auf dem Land leben als in den Vorstädten.“ In Europa sei eine vergleichbare Entwicklung bereits in Spanien, Italien und Frankreich zu beobachten. „Deutschland hingegen bildet noch eine Ausnahme.“
Konkret ermögliche die Kombination „aus technologischem Fortschritt, effizienter Kleinstproduktion, Hochgeschwindigkeitsinternet und fallenden Transportkosten“ diese ökonomische Transformation. Als Beispiel nannten die Unternehmensberater 3D-Drucker, Drohnen und selbstfahrende Autos, was zusammen eine „bis zu 80 Prozent günstigere Auslieferung von Waren auf den letzten Metern“ ermögliche.
Schwerwiegende Konsequenzen drohten damit den „extrem exportorientierten aufstrebenden Volkswirtschaften“, weil die flexiblen Produktionsbetriebe in den Industrienationen wettbewerbsfähige Preise ausrufen und den bisherigen Nachteil der hohen Löhne ausgleichen könnten. In Zukunft würden daher Länder mit starker Binnennachfrage den Ton angeben. Gleichwohl kämen auch auf die Industrienationen tiefgreifende Umwälzungen zu. Neue Technologien und flexible Produktionsformen würden zahlreiche alte Industrien ersetzen – und damit auch Millionen Arbeitsplätze in Produktion und Service, warnten die Berater. Sie forderten von Politik und Wirtschaft, einen reibungslosen und fairen Übergang zu ermöglichen, um die sozialen Unruhen früherer Transformationsprozesse zu vermeiden. „Die Veränderungen in den etablierten Industrieländern werden schneller, umfassender und turbulenter sein, als es die heutige Generation von Unternehmenslenkern je erlebt hat“, betonte Bain-Deutschlandchef Walter Sinn.(tr)
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