Aufgefischt 11.10.2016

Österreichs Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) hält laut eines Berichts der österreichischen Wirtschaftszeitung Trend ein Aus für Diesel- und Benzinmotoren bis 2030 im Alpenstaat – so wie in Deutschland vom Bundesrat gefordert – nicht für erstrebenswert.  

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) will laut Schwäbischem Tagblatt mehr staatliche Förderung für Öko-Antriebe im Verkehr, aber keinen Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor bis 2030.

Eine Maut auch für Omnibusse? Busunternehmer sind dagegen, wie die Ostthüringische Zeitung anhand von vier Beispielen aufzeigt.

Eine Zusammenfassung der Diskussion um die Einstufung des im Tesla S eingebauten Autopiloten als „erhebliche Verkehrsgefährdung“ durch das Bundesverkehrsministerium mit der Verlinkung auf den diesbezüglichen Beitrag im Spiegel bringt  der österreichische Standard.

Verkehrssektor verbrennt Steuermillionen

Das geht aus der Liste der gut 100 Fälle hervor, die der Bund der Steuerzahler (BdSt.) in seinem mittlerweile 44. Schwarzbuch veröffentlicht. Die deutschen Regionalflughäfen nennt der BdSt. dabei an prominenter Stelle direkt am Anfang seines Berichts. Die Kosten für diese Flughäfen „tragen zumeist die Bundesländer und immer die Steuerzahler“, schreibt der BdSt.

Dortmund bei Regionalflughäfen negativer Spitzenreiter 

Als Beweis für die Negativwirtschaft listet das Schwarzbuch die Geschäftszahlen 2014 der 13 deutschen Regionalflughäfen auf. Nur der Flughafen Bremen hatte damals mit 1,5 Millionen Euro einen Gewinn erwirtschaftet. Ein Flughafen – Zweibrücken – ging komplett insolvent, die elf übrigen erwirtschafteten ein Minus von insgesamt gut 288 Mio. Euro. Spitzenreiter beim Steuergeldverbrennen war der Flughafen Dortmund mit 171,1 Mio. Euro.

Auf diesem Hintergrund begrüßt es der BdSt., dass die EU 2014 Maßnahmen beschlossen hat, durch die öffentliche Beihilfen für Regionalflughäfen nur noch in begrenztem Umfang möglich sein sollen.

„Schildbürgerstreich“ im Hamburger Hafen

Als „Schildbürgerstreich“ bezeichnet das Schwarzbuch das, was sich „seit einigen Jahren im Hamburger Hafen abspielt“: Um eine Mindesttiefe des Hafens sicherzustellen, werde Schlick ausgebaggert – nur um diesen einige Kilometer entfernt wieder in die Elbe zu kippen. Kurze Zeit später landet dieser Schlick dann wieder im Hafen. „Kreislaufbaggern“ nennt der BdSt. das Verfahren. Die Hansestadt Hamburg habe im vergangenen Jahr dafür rund 13 Mio. Euro ausgegeben.

Die regelmäßig explodierenden Kosten bei neuer Straßeninfrastruktur stellt das Schwarzbuch anhand des Beispiels des Hochmoselübergangs dar. Der rund 25 Kilometer lange Neubauabschnitt wird zwischen dem Autobahnkreuz Wittlich in der Eifel und dem Anschluss zur alten B 50 bei Longkamp im Hunsrück errichtet. Ähnlich imposant wie die umstrittene 1,7 km lange und bis zu 160 Meter hohe Hochmoselbrücke sei die Kostenexplosion von ursprünglich 285 Mio. Euro auf derzeit mindestens 466 Mio. Euro.

Bahnstrecke ohne Zukunft

Aus den anderen Beispielen von anschlusslos geplanten Brücken (Mainz), Bussen, die pro Fahrt im Durchschnitt nur zwei Personen befördern (Waldkirchen/Freyung) und öffentlichen Nahverkehrsschildern mit zu unleserlicher Beschriftung (Düsseldorf) sei an dieser Stelle noch die Hunsrückbahn genannt. Sie soll den Flughafen Hahn mit dem Rhein-Main-Gebiet verbinden. Laut BdSt. sei dieses Projekt, über das schon 20 Jahre geredet werde, trotz langer Zugfahrzeit eventuell sinnvoll gewesen, als der Flughafen Hahn sich noch gut entwickelt hatte. Doch bei sinkenden Passagierzahlen, unsicherer Zukunft des Flughafens, dem immer wieder verschobenen Einweihungsdatum der Bahnstrecke – ursprünglich sollte der erste Zug 2010 rollen, jetzt ist die Jungfernfahrt für frühestens 2019 anvisiert – und den explodierten Kosten von zunächst veranschlagten 62 auf 104 Mio. Euro sei es „endlich an der Zeit, dieses unsinnige Projekt endlich zu beerdigen“, so der BdSt. (kw)

Mehr Sicherheitsvorschriften für Autobahnen

Zwar seien die deutschen Bundesautobahnen die „sichersten Straßen in Deutschland“, wie es in der noch unkorrigierten Fassung des Beschlusses der Verkehrsministerkonferenz von Stuttgart heißt. Doch könne diese Sicherheit noch verbessert werden. Folgende Maßnahmen haben die Länderverkehrsminister am vergangenen Freitag unter anderem in ihre Wunschliste geschrieben: 

Höhere Bußen für Zeitungslesen beim Fahren

– Sämtliche fahrfremde Tätigkeiten wie zum Beispiel Video/TV-Schauen, Kaffeekochen oder Zeitungslesen während des Fahrens sollen besser bestraft werden können. Der Bund wird aufgerufen, die Straßenverkehrsordnung entsprechend zu überarbeiten und gegebenenfalls eine „länderoffene Arbeitsgruppe“ zu diesem Thema zu gründen

– Schwere Nutzfahrzeuge sollen EU-weit verpflichtend mit akustischen und optischen Warnfunkfunktionen ausgerüstet werden, um die Einhaltung der vorgeschriebenen Abstände zu anderen Verkehrsteilnehmern zu gewährleisten. Notbremssysteme sollen verpflichtend auch auf „stehende Hindernisse“ wie zum Beispiel Stauenden reagieren und die Notbremsassistenten die Geschwindigkeit stärker als bisher vorgeschrieben reduzieren können. Auf diese Weise wollen die Minister die höchste Kollisionsgeschwindigkeit auf unter 30 km/h senken.  

Notbremsassistenten für alle Autos

– Sie fordern außerdem die deutschlandweit verpflichtende Ausrüstung aller Fahrzeuge mit Notbremsassistenten. Manuelle Abschaltungen sollen sanktioniert werden können.

– Grundsätzlich seien die Bußgelder für sicherheitsrelevante Ordnungswidrigkeiten zu gering. Sie würden keine abschreckende Wirkung erzielen. Deshalb sollten diese Bußgelder deutlich erhöht werden und sich sogar automatisch verdoppeln, wenn von dem Verstoß – wie zum Beispiel der Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb einer Baustelle – besondere Gefahr ausgehe.

– Die Minister wollen sämtliche Verstöße gegen die Verkehrssicherheit, vor allem aber Abstandsverstöße, innerhalb der EU grenzüberschreitend verfolgen können. Der Bund wird dazu aufgefordert, sich bei der EU „nachdrücklich“ für eine entsprechende Erweiterung der EU-Enforcement Richtlinie einzusetzen. (kw)

Aufgefischt 10.10.2016

Autos mit Verbrennungsmotor vor dem Aus? Unter der Überschrift „Dobrindt will an Diesel festhalten“ fasst die Rheinische Post stellvertretend für viele andere Medien die am Wochenende aufgrund eines Berichts von Spiegel Online aufgeflammte Diskussion zusammen.

Die saarländische Verkehrsministerin Anke Rehlinger (SPD) wirft Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt im SR bezüglich eines angeblichen Planungsstau beim Verkehrswegeausbau ein „Foulspiel“ vor.

Neuer Streik bei der Bahn? Die Frankfurter Neue Presse sieht das immerhin im Bereich des Möglichen. Zu Beginn der neuen Tarfirunde sitze die „Streikgefahr“ zumindest mit am Verhandlungstisch.

Wie das Oberbayerrische Volksblatt berichtet, plant der Freistaat Bayern neue Lkw-Stellplätze entlang der Autobahn.

SPNV-Vorhaben im BVWP berücksichtigen

Hintergrund ist, dass mehrere Vorschläge für Schienenprojekte vom Bund bei der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans nicht berücksichtigt worden waren, weil sie nur dem Nahverkehr und nicht dem Fern- oder Güterverkehr zugute gekommen wären. „Die Verkehrsministerkonferenz weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Grundgesetz bei der Zuständigkeit für den Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes keinen Unterscheidung macht, welche Marktsegmente darauf verkehren“, heißt es im Beschlusstext. Wegen der Klimawende bestehe aber zum Beispiel die Notwendigkeit, vor allem Strecken mit langlaufenden SPNV-Linien zu elektrifizieren.

Der Bund wird daher aufgefordert, entweder ein neues Finanzierungsinstrument für den Ausbau vornehmlich vom SPNV genutzten Strecken zu schaffen, sie im Bedarfsplan Schiene zu berücksichtigen oder alternativ die Nahverkehrsmittel in der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung aufzustocken.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt lehnte den Wunsch der Länder auf der Abschlusspressekonferenz ab. Er wies darauf hin, dass die Regionalisierungsmittel erst in diesem Jahr um rund 1 Mrd. EUR aufgestockt worden sind und daher genügend Finanzierungsspielraum für die Länder geschaffen worden sei.

Barrierefreie Bahnhöfe verzögern sich

Weiter baten die Länder, die Förderbedingungen im Programm für den barrierefreien Ausbau kleiner Bahnhöfe nachzubessern. Der aktuelle Umsetzungstand lasse befürchten, dass nicht alle Vorhaben bis zum offiziellen Auslaufen des Programms Ende 2018 abgeschlossen werden können. Sie wünschten eine Verlängerung bis 2020. Außerdem sollte es der Bund ermöglichen, Planungskosten an DB Station & Service schon vor Baubeginn zu erstatten.

Bund soll zu 740m-Zügen berichten

Nur vergleichsweise verhalten äußerte sich die VMK zum Güterverkehr. Sie forderten den Bund unter anderem zu einem Bericht auf, der darlegt, mit welchen Stellschrauben der Schienengüterverkehr gestärkt werden kann. „Dabei soll unter anderem auf die Bedeutung der durchgängigen Befahrbarkeit des Netzes mit 740-Meter-Zügen für die Netzkapazität und die Wirtschaftlichkeit des Güterverkehrs eingegangen werden“. (roe)

(roe)

Länder überraschen mit Votum für Verkehrswende

Die Verkehrsministerkonferenz forderte auf ihrer Sitzung in Stuttgart den Bund auf, „gemeinsam mit den Ländern Strategien zu erarbeiten, die den geordneten Ausstieg aus der Nutzung fossiler Kraftstoffe – vor allem im Pkw-Segment – unterstützen“. Bei der gemeinsamen Abschlusspressekonferenz mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und dem VMK-Vorsitzenden Christian Pegel sprach Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann von einem vor wenigen Jahren noch nicht für möglich gehaltenen Konsens in dieser Frage.

Blaue Plakette weiter in der Warteschleife

Keinen Konsens gab es über die Einführung einer „blauen Plakette“. Die Mehrheit der Länderverkehrsminister hält dieses Thema noch nicht für entscheidungsreif. Lediglich Baden-Württemberg, Berlin, Bremen und Hessen sprachen sich für das umstrittene Instrument zur Minderung der Stickoxidbelastung in den Städten aus. Mecklenburg-Vorpommern enthielt sich.

Deutlich wurde, dass es noch keine gesicherte Datenlage zum Nutzen einer Blauen Plakette gibt. Vertreter von Nordrhein-Westfalen hätten zum Beispiel darauf verwiesen, dass sich das Problem laut ihren Meßwerten durch natürliche Flottenerneuerung bis 2020 weitgehend entschärfen würde, berichtete Pegel. Der Vertreter Bremens habe diese Aussage aber nicht bestätigen können. Der Bund wurde ersucht, eine Studie zu dieser Frage zu erstellen.

Länder wollen Konzessionen an Emissionen binden

Die Länder baten den Bund, im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Buslinien- und Taxikonzessionen an die Einhaltung höherer Emissionsstandards „bis hin zu Null-Emissionen“ koppeln zu dürfen. Damit könnten innerstädtische Vielfahrer sauberer gemacht werden. Dobrindt – der sich immer dafür ausgesprochen hatte, vor allem bei den Vielfahrern anzusetzen – , wurde zudem gebeten, Anreize für die schnelle Umstellung von Bussen, Taxen und Carsharing-Fahrzeugen zu schaffen.

Die Autoindustrie wurde ersucht, „im Rahmen der technischen Möglichkeiten“ die Bestandsflotten in den hochbelasteten Ballungsräumen zu ertüchtigen. (roe)

Luftfahrt will ab 2020 weitgehend klimaneutral wachsen

Kern des Beschlusses ist, dass die Zuwächse des Luftverkehr nach 2020 klimaneutral sind. Mangels alternativer klimaneutraler Antriebe wird eine Offsetregelung eingeführt, mit der die Treibhausgasemissionen kompensiert werden sollen. Basis sind die Emissionen der Jahre 2019/2020.

Das „Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation“ (CORSIA) wird mit einer Pilotphase von 2021 bis 2023 beginnen und dann in eine 1. Phase 2024 bis 2026 übergehen, an der die Staaten freiwillig teilnehmen. Die meisten Industriestaaten und Schwellenländer haben sich dazu schon jetzt bereit erklärt, so dass laut ICAO von Anfang an mindestens 83 Prozent des heutigen Luftverkehrs erfasst sind.

In der zweiten Phase von 2027 bis 2035 ist die Teilnahme grundsätzlich Pflicht. Ausgenommen sind nur solche Staaten, die einen extrem geringen Anteil am der Verkehrsleistung haben, die ärmsten Länder der Welt und bestimmte Insel- bzw. Binnenstaaten. Ab 2036 müssen alle Staaten teilnehmen. Noch relativ vage formuliert ist, welche Arten von Kompensationszertifikaten anerkannt werden.

Gemischte Reaktionen und neue Forderungen

Stefan Schulte, Präsident des Luftwirtschaftsverbandes BDL, begrüßte die Einigung und forderte, „das Offsetting-System in den nächsten Jahren wirkungsvoll auszugestalten und umzusetzen.“ Die Grünen kritisierten die Einigung hingegen als Mogelpackung, weil heutige Sockel an Emissionen unberücksichtigt bleibt. Das Deutsche Verkehrsforum mahnte an, auch die innereuropäischen Flüge dem ICAO-System zu unterwerfen und das EU-Emissionshandelssystem abzuschaffen. Nationale oder europäische Alleingänge führten nur zu Wettbewerbsverzerrungen. (roe)

Externer Link: Fragen und Antworten zu CORSIA (auf Englisch)

Aufgefischt 7.10.2016

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat in einem Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung anlässlich der Verkehrsministerkonferenz einige Länder scharf kritisiert, die in diesem Jahr keine baureifen Straßenbauprojekte vorlegen konnten. Er nutzte die Gelegenheit, für die Bundesautobahngesellschaft zu werben.

Laut Handelsblatt hat sich das Bundeswirtschaftsministerium beim Kanzleramt darüber beschwert, dass das BMVI eigenmächtig immer wieder namens der Regierung nur von einer Bundes“autobahn“gesellschaft spreche, obwohl das BMWi auch einen Teil der Bundesstraßen in der Obhut der neuen Gesellschaft sehen will.

Laut NDR wird Christian Pegel (SPD) vorausichtlich auch in der neuen Landesregierung Verkehrsminister bleiben und bekommt zusätzlich das Bauressort zugeschlagen. (roe)

Unmut über unklare BMVI-Politik in Sachen Güterzuglärm

Von mehreren Seiten wurde unabhängig voneinander gegenüber dem Verkehrsbrief bemängelt, dass es immer noch keinerlei greifbare Vorstellungen zu der von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt Mitte März angekündigten Innovationsprämie gibt. Bekannt sei lediglich, dass ein Fördertopf von 60 Mio. EUR zur Verfügung gestellt wird, mit dem die Anschaffung besonders lärmarmer Wagen unterstützt werden soll. Solange die Förderkriterien unklar seien, werden Investitionsentscheidungen hinausgezögert.

Ebenfalls unklar sei, wie die im Koalitionsvertrag vereinbarte Verbannung lauter Güterwagen ab 2020 rechtlich ausgestaltet wird. Neben einem Fahrverbot von Wagen mit Graugussbremsen – so wie es die Schweiz beschlossen hat – ist auch ein Modell mit einer extremen Trassenpreisspreizung für laute und leise Wagen denkbar.

Schließlich wird die Frage gestellt, was mit den bisher noch nicht zugeteilten 13 Mio. EUR aus dem mit 30 Mio. EUR dotierten Förderprogramm für die Prototypenentwicklung innovativer Güterwagen passiert. Mitte September hatte das BMVI lediglich 17 Mio. EUR für ein gemeinsames Projekt von DB Cargo und dem privaten Wagenhalter VTG freigegeben. (roe)

Uwe Lahl: Schnelleres Planen und Bauen ist möglich

Das sagte Amtschef Uwe Lahl vom baden-württembergischen Verkehrsministerium auf der Jahresversammlung des Bundesverbandes öffentlicher Binnenhäfen (BÖB) in Stuttgart. Nötig seien vielmehr auch ortsnahe Verantwortlichkeiten wie im Straßenbau: Wenn dort ein Projekt stocke, stehe bei ihm der Landrat auf der Matte. „Deswegen schaffen wir dort selbst große Projekte in fünf bis zehn Jahren“, sagte er. Bei zentralistischen Organisationen wie WSV und DB gebe es keine ortsnahen Verantwortlichen, auf die Druck ausgeübt werden könnte. Aus Teilnehmerkreisen war ergänzend zu hören, dass sich die Auflösung der Wasser- und Schifffahrtsdirektionen in dieser Hinsicht als Fehler darstellt.

Neckar von 2044 fertig ausbauen

Lahl hatte zuvor beklagt, dass sich der Bund für die Schleusenverlängerungen am Neckar auf dem Abschnitt von Mannheim bis Heilbronn bis 2044 Zeit lassen wolle und für den oberen Neckar sogar bis zum Ende des Jahrhunderts. „Das würde unser Koalitionspartner CDU bei der Straße nie akzeptieren.“ Er würde sich eine Realisierungszeitraum von fünf bis zehn Jahren wünschen. Der Neckar müsse für das Große Rheinschiff ertüchtigt werden, um die Transportkosten der Binnenschifffahrt im Vergleich zu den anderen Verkehrsträgern niedrig halten zu können. „Was Stuttgart 21 für den ICE und den Regionalverkehr ist, ist der Neckar für den Güterverkehr.“

Lahl sagte weiter, das Land, das als Träger öffentlicher Belange bei den Planfeststellungsverfahren mit im Boot ist, könnte dem Bund einen „Deal“ zur Beschleunigung anbieten. BMVI-Staatssekretär Norbert Barthle bestätigte, dass die Priorität auf dem unteren Neckar bis Heilbronn liegt. Am oberen Neckar werde sich der Bund vorerst auf Grundinstandstandsetzungen beschränken und Ersatzneubauten nur dort errichten, wo es unvermeidlich ist.

Lahl schlug dem Bund vor, zunächst jeweils nur eine Schleusenkammer zu verlängern, um das Gesamtvolumen zu reduzieren. Das Risiko eines Ausfalls sei kalkulierbar.

Warten auf Ausgleichsmaßnahmen verhindern

Damit der Planungsvorlauf bis zum Baubeginn verkürzt werden können, schlug der grüne Quasi-Staatssekretär ferner vor, das der Bund dem Land vorab schon 1-2 Prozent der Investitionskosten für Naturschutz-Ausgleichsmaßnahmen zur Verfügung stellt. Das Land könnte dann einen „Pool“ von Ausgleichsflächen anlegen, aus dem dann bei Baubeginn des Verkehrsprojekts nur die festgelegte Fläche umgebucht wird. Damit ließe sich das Warten auf die Genehmigung für Ausgleichsmaßnahmen vermeiden, das bis zu fünf Jahre kosten kann. Der Stuttgarter Hafenchef Carsten Strähle warnte allerdings, dass auch der zu ersetzende Naturraum-Typ berücksichtigt werden muss.

Bund muss Pariser Abkommen im BVWP abbilden

Lahl warf dem Bund vor, im neuen Bundesverkehrswegeplan die Auswirkungen des Pariser Klimaschutzabkommens zu ignorieren. In der nächsten Legislaturperiode müsse überlegt werden, wie das korrigiert werden kann. Das Landesverkehrsministerium habe in Eigenregie unter Verwendung von Ausgangsdaten des Bundes eine Verkehrsprognose mit Berücksichtigung von Paris erstellen lassen, und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass der jetzt geplante Schienenausbau nicht ausreichen wird – und dass auch der Neckar viel schneller ertüchtigt werden muss.

Die Binnenschifffahrt als umweltfreundlicher Verkehrsträger werde von der Klimaschutzpolitik profitieren, prophezeite Lahl, „sofern die Verkehrsminister akzeptieren, dass sie auch für Klimaschutz zuständig sind“. Dann sei eine Verlagerung von der Straße auf Schiene und Wasserstraße unausweichlich.

Hausaufgaben in Sachen Schadstoffe

Lahl machte allerdings auch deutlich, dass die Binnenschifffahrt in Sachen Umweltschutz noch Hausaufgaben zu erledigen habe. Bei der Nachrüstung von Partikelfiltern hinke sie der Straße klar hinterher. Die im Sommer verabschiedeten neuen EU-Abgasgrenzwerte (NRMM-Richtlinie) gälten derzeit zwar nur nur für Neumotoren, es könne aber auch die Pflicht zur Nachrüstung kommen. BÖB-Präsident Rainer Schäfer hatte zuvor davor gewarnt, dass Binnenschifffahrt und Binnenhäfen wegen der Luftbelastung zunehmend mit dem Vorwurf konfrontiert werden, gar nicht so umweltfreundlich zu sein.

„Wohnen am Wasser“ bleibt Reizthema

Schäfer mahnte in seiner Rede, das Thema „Wohnen am Wasser“ mit höchster Wachsamkeit zu verfolgen. Die Branche müsse darauf achten, dass nicht noch weitere Industrieflächen umgewidmet werden. (Ersatz-) Hafenflächen zu entwickeln und vor allem politisch durchzusetzen sei noch schwieriger.

Doch lieber Bürgschaft bei KV-Förderung?

Auf eine grundsätzlich positives Echo stieß die neue Förderrichtlinie für Umschlaganlagen des Kombinierten Verkehrs, dennoch wurden Nachbesserungswünsche geäußert: Hafenchef Strähle wies darauf hin, dass künftig unüblich langfristige Erbbaupachtverträge abgeschlossen werden müssten, um auf eine Bürgschaft verzichten zu können. Die Regel, dass die Vertragsdauer zweieinhalb Mal so lang sein müsse wie die Fördermittelbindefrist, erzwinge bei einer nicht unüblichen Bindefrist von 20 Jahren einen 50-Jahre-Vertrag. Dann sei die Bürgschaft unter Umständen doch wieder die attraktivere Lösung.

Die Sorge der Branche, dass der wegen aufgelaufener Ausgabereste für 2017 und 2018 um jeweils 20 Mio. EUR auf 74 Mio. EUR abgesenkte Haushaltstitel für die KV-Förderung nicht ausreichen könnte, suchte Verkehrsstaatssekretär Barthle zu entkräften: Es sei sichergestellt, dass nötigenfalls noch Mittel aus anderen Bereichen umgeschichtet werden können. (roe)