Uwe Lahl: Schnelleres Planen und Bauen ist möglich

Das sagte Amtschef Uwe Lahl vom baden-württembergischen Verkehrsministerium auf der Jahresversammlung des Bundesverbandes öffentlicher Binnenhäfen (BÖB) in Stuttgart. Nötig seien vielmehr auch ortsnahe Verantwortlichkeiten wie im Straßenbau: Wenn dort ein Projekt stocke, stehe bei ihm der Landrat auf der Matte. „Deswegen schaffen wir dort selbst große Projekte in fünf bis zehn Jahren“, sagte er. Bei zentralistischen Organisationen wie WSV und DB gebe es keine ortsnahen Verantwortlichen, auf die Druck ausgeübt werden könnte. Aus Teilnehmerkreisen war ergänzend zu hören, dass sich die Auflösung der Wasser- und Schifffahrtsdirektionen in dieser Hinsicht als Fehler darstellt.

Neckar von 2044 fertig ausbauen

Lahl hatte zuvor beklagt, dass sich der Bund für die Schleusenverlängerungen am Neckar auf dem Abschnitt von Mannheim bis Heilbronn bis 2044 Zeit lassen wolle und für den oberen Neckar sogar bis zum Ende des Jahrhunderts. „Das würde unser Koalitionspartner CDU bei der Straße nie akzeptieren.“ Er würde sich eine Realisierungszeitraum von fünf bis zehn Jahren wünschen. Der Neckar müsse für das Große Rheinschiff ertüchtigt werden, um die Transportkosten der Binnenschifffahrt im Vergleich zu den anderen Verkehrsträgern niedrig halten zu können. „Was Stuttgart 21 für den ICE und den Regionalverkehr ist, ist der Neckar für den Güterverkehr.“

Lahl sagte weiter, das Land, das als Träger öffentlicher Belange bei den Planfeststellungsverfahren mit im Boot ist, könnte dem Bund einen „Deal“ zur Beschleunigung anbieten. BMVI-Staatssekretär Norbert Barthle bestätigte, dass die Priorität auf dem unteren Neckar bis Heilbronn liegt. Am oberen Neckar werde sich der Bund vorerst auf Grundinstandstandsetzungen beschränken und Ersatzneubauten nur dort errichten, wo es unvermeidlich ist.

Lahl schlug dem Bund vor, zunächst jeweils nur eine Schleusenkammer zu verlängern, um das Gesamtvolumen zu reduzieren. Das Risiko eines Ausfalls sei kalkulierbar.

Warten auf Ausgleichsmaßnahmen verhindern

Damit der Planungsvorlauf bis zum Baubeginn verkürzt werden können, schlug der grüne Quasi-Staatssekretär ferner vor, das der Bund dem Land vorab schon 1-2 Prozent der Investitionskosten für Naturschutz-Ausgleichsmaßnahmen zur Verfügung stellt. Das Land könnte dann einen „Pool“ von Ausgleichsflächen anlegen, aus dem dann bei Baubeginn des Verkehrsprojekts nur die festgelegte Fläche umgebucht wird. Damit ließe sich das Warten auf die Genehmigung für Ausgleichsmaßnahmen vermeiden, das bis zu fünf Jahre kosten kann. Der Stuttgarter Hafenchef Carsten Strähle warnte allerdings, dass auch der zu ersetzende Naturraum-Typ berücksichtigt werden muss.

Bund muss Pariser Abkommen im BVWP abbilden

Lahl warf dem Bund vor, im neuen Bundesverkehrswegeplan die Auswirkungen des Pariser Klimaschutzabkommens zu ignorieren. In der nächsten Legislaturperiode müsse überlegt werden, wie das korrigiert werden kann. Das Landesverkehrsministerium habe in Eigenregie unter Verwendung von Ausgangsdaten des Bundes eine Verkehrsprognose mit Berücksichtigung von Paris erstellen lassen, und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass der jetzt geplante Schienenausbau nicht ausreichen wird – und dass auch der Neckar viel schneller ertüchtigt werden muss.

Die Binnenschifffahrt als umweltfreundlicher Verkehrsträger werde von der Klimaschutzpolitik profitieren, prophezeite Lahl, „sofern die Verkehrsminister akzeptieren, dass sie auch für Klimaschutz zuständig sind“. Dann sei eine Verlagerung von der Straße auf Schiene und Wasserstraße unausweichlich.

Hausaufgaben in Sachen Schadstoffe

Lahl machte allerdings auch deutlich, dass die Binnenschifffahrt in Sachen Umweltschutz noch Hausaufgaben zu erledigen habe. Bei der Nachrüstung von Partikelfiltern hinke sie der Straße klar hinterher. Die im Sommer verabschiedeten neuen EU-Abgasgrenzwerte (NRMM-Richtlinie) gälten derzeit zwar nur nur für Neumotoren, es könne aber auch die Pflicht zur Nachrüstung kommen. BÖB-Präsident Rainer Schäfer hatte zuvor davor gewarnt, dass Binnenschifffahrt und Binnenhäfen wegen der Luftbelastung zunehmend mit dem Vorwurf konfrontiert werden, gar nicht so umweltfreundlich zu sein.

„Wohnen am Wasser“ bleibt Reizthema

Schäfer mahnte in seiner Rede, das Thema „Wohnen am Wasser“ mit höchster Wachsamkeit zu verfolgen. Die Branche müsse darauf achten, dass nicht noch weitere Industrieflächen umgewidmet werden. (Ersatz-) Hafenflächen zu entwickeln und vor allem politisch durchzusetzen sei noch schwieriger.

Doch lieber Bürgschaft bei KV-Förderung?

Auf eine grundsätzlich positives Echo stieß die neue Förderrichtlinie für Umschlaganlagen des Kombinierten Verkehrs, dennoch wurden Nachbesserungswünsche geäußert: Hafenchef Strähle wies darauf hin, dass künftig unüblich langfristige Erbbaupachtverträge abgeschlossen werden müssten, um auf eine Bürgschaft verzichten zu können. Die Regel, dass die Vertragsdauer zweieinhalb Mal so lang sein müsse wie die Fördermittelbindefrist, erzwinge bei einer nicht unüblichen Bindefrist von 20 Jahren einen 50-Jahre-Vertrag. Dann sei die Bürgschaft unter Umständen doch wieder die attraktivere Lösung.

Die Sorge der Branche, dass der wegen aufgelaufener Ausgabereste für 2017 und 2018 um jeweils 20 Mio. EUR auf 74 Mio. EUR abgesenkte Haushaltstitel für die KV-Förderung nicht ausreichen könnte, suchte Verkehrsstaatssekretär Barthle zu entkräften: Es sei sichergestellt, dass nötigenfalls noch Mittel aus anderen Bereichen umgeschichtet werden können. (roe)

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