Ab 2018 sollen an „Feinstaubtagen“ vorübergehende Verkehrsbeschränkungen im Stuttgarter Talkessel sowie Feuerbach und Teilen von Zuffenhausen gelten, möglichst auf Basis einer „blauen Plakette“. Das hat das Landeskabinett am Dienstag im Zuge der Novellierung des Luftreinhalteplans beschlossen. Vor dem ersten Inkrafttreten werde jedoch das Kabinett noch einmal entscheiden, erläuterte ein Sprecher des Landesverkehrsministeriums. Ministerpräsident Winfried Kretschmann begründete den heutigen Beschluss mit mehr Handlungsfreiheit. „Wir wollen diese Maßnahmen selbst gestalten und uns diese nicht vom Gericht auferlegen lassen“, sagte er.
Das Land hatte im April 2016 in einem gerichtlichen Vergleich zugesagt, den Verkehr um mindestens 20 Prozent zu reduzieren, sofern die EU-Grenzwerte für die Luftbelastung auch 2017 überschritten werden. Nach vorläufigen Daten der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) ist der Feinstaub-Grenzwert am Hotspot „Neckartor“ in diesem Jahr schon an 34 Tagen überschritten worden. Pro Jahr sind laut EU maximal 35 Überschreitungstage zulässig.
Sollte eine blaue Plakette nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen, so sollen gemäß Vorschlag von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt diese temporären Verkehrsbeschränkungen als „Luftreinhaltenetz“ für alle Dieselkraftfahrzeuge gelten, die nicht die Abgasnorm Euro 6/VI erfüllen. Das „Luftreinhaltenetz“ umfasst rund 30 wichtige Zufahrtstraßen und stellt flächenmäßig einen Teil der heutigen Umweltzone dar. Für den Lieferverkehr sind in jedem Fall Ausnahmeregelungen vorgesehen.
Dauerhafte blaue Umweltzone später
Eine ganzjährige „blaue Umweltzone“ stellte Verkehrsminister Winfried Herrmann in Aussicht, sobald 80 Prozent der in Stuttgart zugelassenen Pkw und leichten Nutzfahrzeuge die Anforderungen an die neue Plakette erfüllen. Das voraussichtlich ab 2020 der Fall. Er mahnte erneut den Bund, eine blaue Plakette einzuführen, um so die notwendigen Verkehrsbeschränkungen auf Basis des etablierten Umweltplakettensystems umsetzen zu können.
Die Maßnahmen beruhen auf dem Wirkungsgutachten, das am Montag vergangener Woche auch in Berlin vorgestellt worden war (siehe hier).
Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn begrüßte den Beschluss, weil er anders als das ebenfalls erwogene pauschale Dieselverbot verhältnismäßig sei. Jeder wisse jetzt, was ihm ab Januar 2018 bevorsteht, und könne sich darauf einstellen und nach der passenden Mobilitätsalternative umschauen.
ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker erklärte, statt einseitiger Fahrverbote seien „sinnvolle integrierte Verkehrskonzepte gefragt, die alle Verkehrsträger bestmöglich miteinander vernetzen“. (roe)
Externe Links:
Pressemitteilung Verwaltungsgericht Stuttgart zum Vergleich über Luftreinhaltung
Feinstaub-Messwerte am Neckartor für 2017 (1. Januar bis 19. Februar)