Stuttgart macht den Weg frei für Dieselverbote

Ab 2018 sollen an „Feinstaubtagen“ vorübergehende Verkehrsbeschränkungen im Stuttgarter Talkessel sowie Feuerbach und Teilen von Zuffenhausen gelten, möglichst auf Basis einer „blauen Plakette“. Das hat das Landeskabinett am Dienstag im Zuge der Novellierung des Luftreinhalteplans beschlossen. Vor dem ersten Inkrafttreten werde jedoch das Kabinett noch einmal entscheiden, erläuterte ein Sprecher des Landesverkehrsministeriums. Ministerpräsident Winfried Kretschmann begründete den heutigen Beschluss mit mehr Handlungsfreiheit. „Wir wollen diese Maßnahmen selbst gestalten und uns diese nicht vom Gericht auferlegen lassen“, sagte er.

Das Land hatte im April 2016 in einem gerichtlichen Vergleich zugesagt, den Verkehr um mindestens 20 Prozent zu reduzieren, sofern die EU-Grenzwerte für die Luftbelastung auch 2017 überschritten werden. Nach vorläufigen Daten der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) ist der Feinstaub-Grenzwert am Hotspot „Neckartor“ in diesem Jahr schon an 34 Tagen überschritten worden. Pro Jahr sind laut EU maximal 35 Überschreitungstage zulässig.

Sollte eine blaue Plakette nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen, so sollen gemäß Vorschlag von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt diese temporären Verkehrsbeschränkungen als „Luftreinhaltenetz“ für alle Dieselkraftfahrzeuge gelten, die nicht die Abgasnorm Euro 6/VI erfüllen. Das „Luftreinhaltenetz“ umfasst rund 30 wichtige Zufahrtstraßen und stellt flächenmäßig einen Teil der heutigen Umweltzone dar. Für den Lieferverkehr sind in jedem Fall Ausnahmeregelungen vorgesehen.

Dauerhafte blaue Umweltzone später

Eine ganzjährige „blaue Umweltzone“ stellte Verkehrsminister Winfried Herrmann in Aussicht, sobald 80 Prozent der in Stuttgart zugelassenen Pkw und leichten Nutzfahrzeuge die Anforderungen an die neue Plakette erfüllen. Das voraussichtlich ab 2020 der Fall. Er mahnte erneut den Bund, eine blaue Plakette einzuführen, um so die notwendigen Verkehrsbeschränkungen auf Basis des etablierten Umweltplakettensystems umsetzen zu können.

Die Maßnahmen beruhen auf dem Wirkungsgutachten, das am Montag vergangener Woche auch in Berlin vorgestellt worden war (siehe hier).

Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn begrüßte den Beschluss, weil er anders als das ebenfalls erwogene pauschale Dieselverbot verhältnismäßig sei. Jeder wisse jetzt, was ihm ab Januar 2018 bevorsteht, und könne sich darauf einstellen und nach der passenden Mobilitätsalternative umschauen.

ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker erklärte, statt einseitiger Fahrverbote seien „sinnvolle integrierte Verkehrskonzepte gefragt, die alle Verkehrsträger bestmöglich miteinander vernetzen“. (roe)

 

Externe Links:

Pressemitteilung Verwaltungsgericht Stuttgart zum Vergleich über Luftreinhaltung

Feinstaub-Messwerte am Neckartor für 2017 (1. Januar bis 19. Februar)

BMUB sieht in Carsharing-Gesetz wichtigen Anstoß

Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth sagte am Dienstag auf der Jahrespressekonferenz des Bundesverbandes Carsharing (BCS), dass sein Haus im Entwurf des Carsharing-Gesetzes am liebsten eine einheitliche Regelung zur Ausweisung privilegierter Flächen an allen Straßen verankert hätte, nicht nur an den Bundesstraßen. Dagegen habe es jedoch „gewichtige rechtliche Bedenken“ gegeben. Er erwarte jetzt aber, dass die Länder für ihre Straßen nachziehen. Ohne den ersten Aufschlag des Bundes würden sie das sicher nicht tun.

Umweltvorgaben für privilegierte Anbieter

Flasbarth stellte weiter in Aussicht, dass Auflagen zur Flottenzusammensetzung bezüglich Anteil alternativer Antriebe, CO2-Ausstoß und Schadstoffklassen nachgereicht werden. Dafür wäre eine Notifizierung bei der EU notwendig gewesen, die jedoch in der kurzen verbliebenen Zeit nicht mehr möglich war. Die Auflagen sollten anspruchsvoll sein, die Branche aber nicht strangulieren. BCS-Geschäftsführer Willi Loose verwies darüber hinaus auf den Abgasskandal, der das Vertrauen in die Herstellerangaben zu CO2-Ausstoß und Schadstoffen erschüttert habe. Deswegen hatte der BCS sich auch dafür ausgesprochen, die Referentenentwurf noch enthaltenen Umweltauflagen herauszunehmen.

Potenzial des Carsharing in der Verkehrswende

Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth teilte am Dienstag auf der Jahrespressekonferenz des Bundesverbandes Carsharing (BCS) mit, dass das BMUB in einer Studie vertieft untersuchen lassen will, ob Carsharing „Einstiegsdroge oder Methadonprogramm“ für den privaten Autobesitz ist. Bisher gibt es nur punktuelle Erkenntnisse.

BCS-Geschäftsführer Willi Loose verwies auf Untersuchungsergebnisse, wonach in Köln in einem Stadtquartier durch je ein (stationsbasiertes) Carsharing-Fahrzeug 18,6 private Pkw ersetzt wurden. Die Befürchtung, dass Carsharing dem ÖPNV Nutzer abspenstig macht, teilt er nicht: Der Anteil der ÖPNV-Stammkunden unter den Carsharing-Nutzern sei deutlich höher als in der Gesamtbevölkerung.

Free-Floater legen 2016 deutlich zu

Die Zahl der für Carsharing angemeldeten Fahrer – Fahrberechtigten – wuchs 2016 gegenüber dem Vorjahr um 36 Prozent. Dabei legten die stationsunabhängigen Anbieter („Free Floating“), die nur in einigen Großstädten aktiv sind, mit plus 52 Prozent auf jetzt 1,26 Mio. deutlicher zu als die stationsbasierten Anbieter (+6 Prozent auf 455.000). Inwieweit die Zahlen durch Mehrfachanmeldungen desselben Nutzers bei verschiedenen Anbietern verzerrt werden, ist aus Datenschutzgründen nicht feststellbar.

Das Flottenwachstum betrug 11 Prozent im Free-Floating-Segment und 3,3 Prozent im stationsbasierten Carsharing. Auf jedes stationsbasierte Auto entfallen 48 Fahrberechtigte, auf jedes Free-Floating-Auto 173 Nutzer.

Nach Branchenangaben wird jedes Free-Floating-Auto 5-10 Mal pro Tag genutzt, jedes stationsbasierte Auto 1,5 Mal – allerdings bei fünf- bis sechsmal so hoher Fahrtweite und Nutzungsdauer.

Aus Angaben einzelner Anbieter lässt sich schließen, dass ein stationsbasiertes Fahrzeug jährlich bis zu 32.000km zurücklegt, ein Free-Floater mindestens 13.000 und maximal 33.000km.

Externer Link: BCS-“Fact Sheet“ zur Wirkung verschiedener Carsharing-Modelle

Aufgefischt 21.2.2017

Die norddeutschen Küstenländer haben am Donnerstag mit Nordrhein-Westfalen eine engere Zusammenarbeit verabredet, meldet unter anderem das Landesverkehrsministerium in Kiel. NRW-Verkehrsminister Michael Groschek begründete die Hinwendung zu den norddeutschen Küstenländern unter anderem mit dem „seit Jahren schwächelnden Hafen von Rotterdam“.

Nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der beförderten Personen im Schienenfernverkehr 2016 um 5,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr gewachsen, im Fernbusverkehr um 5 Prozent.

Die grün-schwarze Koalition in Baden-Württemberg will laut SWR am Dienstag über Maßnahmen zur Luftreinhaltung in Stuttgart entscheiden. Während die Regierung entschlossen ist, bei Bundeskanzlerin Angela Merkel die Einführung einer blauen Plakette einzufordern, stößt die Forderung der CDU nach Bau eines Nordostrings zur Entlastung der Innenstadt bei den Grünen auf Widerstand.

Der DB-Aufsichtsrat werde am 22. März einen Nachfolger für DB-Chef Rüdiger Grube wählen, berichtet unter anderem die Bild-Zeitung unter Berufung auf Bundesverkehrsminister Rüdiger Grube. Neben dem Siemens-Manager Siegfried Russwurm sind auch der Schweizer SBB-Chef Andreas Meyer und als interner Kandidat Ronald Pofalla im Gespräch.

Bayerns Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann kommt laut Süddeutscher Zeitung Dobrindts Bewältigung des Abgasskandals in die Quere: Herrmann will die VW-Polizeiautos des Landes nicht zum Software-Update schicken, solange nicht Klarheit über mögliche Schadenersatzansprüche besteht. Dobrindt hatte Schadenersatzansprüche bisher verneint, weil die Autos nach dem Update in einem regelkonformen Zustand seien. (roe)

Grüne: Gesetz über Autobahngesellschaft nachschärfen

Es dürfe auch Juni werden, dann sei angesichts des Wahlkampfes aber hohe Disziplin erforderlich, betonte er. Bisher ist vorgesehen, die Beratungen im Bundestag bis Ende März abzuschließen

AöR oder GmbH?

Die Grünen befürworten die Gründung einer Bundesautobahngesellschaft im Grundsatz, fordern aber deutliche Nachbesserungen am bisher vorliegenden Gesetzentwurf. Auch der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter, der das Vorhaben bisher prinzipiell abgelehnt hatte, deutete eine mögliche Zustimmung an.

Er sprach sich eindeutig für eine Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) aus, weil sie der Bund – Regierung und Bundestag – besser steuern und kontrollieren könne als eine GmbH. Prof Thorsten Beckers von der TU Berlin räumte zwar ein, dass eine AöR in dieser Hinsicht Vorteile biete; um ein Gründungsgesetz zu erarbeiten, sei jedoch mehr Zeit erforderlich als zur Verfügung stehe.

Er widersprach im übrigen Erwartungen aus Gewerkschaftskreisen, dass eine AöR automatisch mehr Mitsprache der Beschäftigten ermögliche als eine GmbH. Es komme sehr auf die Ausgestaltung an. Eine GmbH der geplanten Größe – die Rede ist von annähernd 13.000 Mitarbeitern – verfüge über einen paritätisch besetzten Aufsichtsrat.

Sowohl Beckers als auch die Grünenvertreter lehnten eine Aktiengesellschaft aufgrund der Erfahrungen mit der Deutschen Bahn ab. Sie forderten, die AG gesetzlich auszuschließen. Braun ging auf diesen Punkt nicht ein.

Eindeutige Regeln für Kreditaufnahme gefordert

Erleichtert haben die Grünen die Äußerung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble registriert, dass eine Ermächtigung zur Kreditaufnahme nicht vorgesehen ist (siehe hier). Sie forderten aber, das auch gesetzlich festzuschreiben, möglichst auf Ebene des Grundgesetzes. Zumindest sollte eine Staatsgarantie verankert werden, damit ein Missbrauch als „Rettungsschirm für Lebensversicherer“ ausgeschlossen ist.

Braun will die Option für eine Kreditaufnahme nicht schon im Grundgesetz verbauen. Es könne sinnvoll sein sich die Option , um die Überjährigkeit von Investitionen zu erleichtern oder Schwankungen der Mauteinnahmen auszugleichen. In der Satzung der Autobahngesellschaft könne aber eine Kreditaufnahme erst einmal untersagt werden.

Gründungsschulden?

Beckers betonte, im Gesetzentwurf sei eine Gesellschaft angelegt, die zur Umgehung der Maastricht-Schuldenbremse geradezu prädestiniert sei. Im Extremfall könne die Gesellschaft schon bei ihrer Gründung mit 50 Mrd. EUR Schulden belastet werden – das entspricht dem geschätzten Wert des Anlagevermögens. Dann würden die Mauteinnahmen dazu missbraucht, Zinsen und Tilgung zu decken, statt in die Infrastruktur investiert zu werden. Er schlug daher vor, gesetzlich eine Gründungsverschuldung zu verbieten und festzulegen, dass die Schulden dem Staatssektor zuzurechnen sind.

Auch das vorgesehene Nießbrauchsrecht für die Autobahngesellschaft solle das Parlament erteilen, nicht die Regierung alleine. Die Satzung der Gesellschaft sollte vom Parlament genehmigt werden, ebenso sollten „wesentliche Änderungen“ unter Parlamentsvorbehalt gestellt werden.

ÖPP umstritten wie immer

Hofreiter sprach sich dagegen aus, ÖPP zuzulassen. Die Bauphase sei zwar zugegebenermaßen schneller, aber dafür seien sie nach seinen Erkenntnissen 10 bis 40 Prozent teurer und benachteiligten außerdem den Mittelstand. Beckers schlug vor, im Grundgesetz ein allgemein gefasstes Verbot von Teilnetz-ÖPP zu verankern, um so eine funktionale Privatisierung zu verhindern. Die genaue Definition sollte auf einfachgesetzlicher Ebene erfolgen. Braun sagte, über ÖPP werde „sicher noch gesprochen“.

Standortgarantie nicht auf Ewigkeit

Kanzleramtsminister Helge Braun betonte das Interesse des Bundes, mit der Infrastrukturgesellschaft die Effizienz der Straßenverwaltung zu steigern. Es gebe daher einen Konflikt mit dem Interesse, alle Arbeitsplätze an den bisherigen Standorten zu erhalten. Schließlich solle die neue Struktur mehr als die Summe ihrer Teile sein. Eine Lösung könne eine zeitlich begrenzte „Versetzungsbremse“ sein.

Ein Verdi-Vertreter mahnte an, möglichst schnell einen Tarifvertrag für die Autobahngesellschaft zu schließen. Derzeit gebe es in den Ländern in Abhängigkeit von den Tätigkeitsmerkmalen sehr unterschiedliche Entgelte.

Absage an höhere Zweckausgabenpauschale

Braun widersprach Forderungen der Länder, die Zweckausgabenpauschale für die Bundesstraßen auf 18 Prozent zu erhöhen. Der Bund entlaste sie schon genug mit der Übernahme der Autobahnen. Es sei im übrigen Wunsch der Länder gewesen, die Bundesstraßen in der Auftragsverwaltung zu behalten. (roe)

25m-Lkw bald auch in NRW

Schon am 10. März soll die Landesregierung dem Landtag berichten, „welche Autobahnstrecken unter Berücksichtigung des bereits ausgelasteten und erheblich instandsetzungsbedürftigen, hochverdichteten nordrhein-westfälischen Straßennetzes für den Einsatz von Lang-Lkw grundsätzlich infrage kommen, ohne dass dadurch die Verkehrssicherheit beeinträchtigt, die Stauanfälligkeit erhöht oder die Infrastruktur übermäßig belastet wird“. Dazu hat der Landtag die Regierung in der vergangenen Woche mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP aufgefordert. Einen Freifahrtschein für alle Fernstraßen dürfe es aber nicht geben, heißt in der Entschließung.

Die Koalitionsfraktionen begründeten ihren Antrag damit, dass der Bund das Land seit der Verordnung über den Lang-Lkw-Regelbetrieb anweisen könne, bestimmte Autobahnen für den Transit freizugeben, spätestens aber mit der Gründung der Autobahngesellschaft.

„Für die Unternehmen in Nordrhein-Westfalen würde eine reine Transitlösung einen spürbaren Wettbewerbsnachteil bedeuten, ohne dass der Einsatz von Lang-Lkw auf unseren Straßen verhindert würde“, heißt es in der Entschließung. Um die Chancengleichheit für einheimische Lkw-Betriebe zu wahren, „ist die Zulassung einzelner Autobahnstrecken für die Befahrung mit Lang-Lkw auch für nordrhein-westfälische Unternehmen nicht grundsätzlich auszuschließen“.

Die FDP hatte ursprünglich einen weitergehenden Antrag gestellt. Damit sollte die Landesregierung ohne weitere Vorbehalte aufgefordert werden, dem Bund geeignete Strecken zu melden.

Der verlängerte Sattelauflieger (Zuglänge maximal 17,80m) ist in Nordrhein-Westfalen bereits seit Juli 2015 zugelassen. (roe)

Externer Link: Entschließungsantrag SPD/Grüne zum Lang-Lkw

Aufgefischt 20.2.2017

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer wirft den Grünen in der Bild am Sonntag „Fake News“ vor, weil das am Freitag bekannt gewordene Gutachten des Bundestages, das die EU-Kompatibilität der Pkw-Maut in Zweifel zieht, anders als behauptet gar nicht vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages stamme. Tatsächlich stammt das Gutachten von der „Unterabteilung Europa“, „Fachbereich Europa“. Disclaimer und Aufmachtung entsprechen jedoch den Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes. Darüber hinaus sei das Gutachten seinerzeit beim Wissenschaftlichen Dienst angefordert worden, heißt es aus dem Büro von Fraktionsvize Oliver Krischer.

Unterdessen verlangt SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann im Gespräch mit dem Südwestrundfunk von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble eine nichvollziehbare Berechnung, dass die Pkw-Maut Mehreinnahmen für Investitionen erbringt.

Alexander Kirchner, Chef der Bahngewerkschaft EVG, schätzt im Gespräch mit dem Tagesspiegel den Investitionsstau im System Schiene auf 35 bis 40 Mrd. EUR.

Den Auftrag für den ÖPP-Ausbau der A7 zwischen Göttingen und Bockenem erhält ein Konsortium um den französischen Baukonzern Vinci, meldet das BMVI. Der Ausschreibung vorausgegangen war 2013 ein Streit zwischen dem Bund und Niedersachsen, das ein ÖPP ablehnte. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer erließ damals sogar eine Weisung an das Land, deren Rechtmäßigkeit allerdings ein vom Land selbst in Auftrag gegebenes Gutachten bestätigte.

Als neuer DB-Chef ist laut Manager-Magazin der Siemens-Technologievorstand Siegfried Russwurm im Gespräch. (roe)

Binnenhäfen fürchten Näherrücken von Wohnbebauung

Der schon im Januar vom Kabinett verabschiedete Gesetzentwurf zur Novelle des Städtebaurechts sieht unter anderen vor, in der Baunutzungsverordnung zusätzlich zur existierenden Baugebietskategorie „Mischgebiet“ die neue Kategorie „Urbane Gebiete“ zu schaffen: „Urbane Gebiete dienen dem Wohnen sowie der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen, die die Wohnnutzung nicht wesentlich stören“, heißt es im Gesetzentwurf. Ziel ist es, den Flächenverbrauch in Deutschland zu reduzieren, indem bereits „verbrauchte“, aber nicht mehr genutzte Flächen einer neuen Verwendung zugeführt werden.

Damit die Lärmschutz­ die verbliebenen Gewerbebetriebe nicht verdrän­gt, will Bauministerin Barbara Hendricks in einem parallelen Verfahren auch die Lärmvorschriften so ändern, dass Immissionsrichtwerte für urbane Gebiete die Mischgebietswerte um 3 db(A) übersteigen dürfen. Das bedeutet, dass es dem Wohnungsbau obliegt, den passiven Lärmschutz für die Bewohner entsprechend stärker auszulegen.

Deutlicher beschrieb Bremens Bau- und Verkehrssenator Joachim Lohse das Vorhaben im Bundesrat: Es gehe darum, brachliegende Flächen in größeren Industrie- und Gewerbegebieten einer neuen Nutzung zuzuführen, auch wenn noch nicht alle Unternehmen ihre Aktivitäten eingestellt haben. „Häufig sind diese Flächen grundsätzlich auch attraktive Standorte zum Wohnen, obwohl in der Nachbarschaft noch einige der Unternehmen aktiv sind und störende Einflüsse auf die Nachbarschaft ausüben.“ Typische Konversionsgebiete dieser Art seien die Hamburger Hafencity oder die Überseestadt in Bremen.

Konflikte mit Neubewohnern befürchtet

Der Bundesverband öffentlicher Binnenhäfen (BÖB) sieht in „urbanen Gebieten“ eine latente Bedrohung für die Binnenhäfen. Sie liegen häufig in Industriegebieten, die nur noch teilweise gewerblich genutzt werden. „Die ausdrückliche Möglichkeit in dieser neuen Baugebietskategorie reine Wohngebäude zuzulassen, ist ein Angriff auf andere Nutzungen in unmittelbarer Nähe, die erhöhte Lärmemissionen in ihrer Baugebietskategorie ausdrücklich zulassen,“ sagt BÖB-Geschäftsführer Boris Kluge. „Wir fühlen uns von dieser Baugebietskategorie bedroht.“

Der Verband befürchtet aus seiner bisherigen Erfahrung heraus, dass aus dem Heranrücken der Wohnbebauung Konflikte mit bestehenden Betrieben entstehen, die so in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung eingeengt werden. Erst recht werden Gewerbeneuansiedlungen erschwert.

Kluge zeigte sich gegenüber dem Verkehrsbrief enttäuscht, dass auch Nordrhein-Westfalen – das sich erst im April 2016 in seinem Hafenkonzept gegen eine Erleichterung des „Wohnens am Wasser“ auf Kosten von Häfen ausgesprochen hatte – bei ersten Durchgang des Gesetzentwurfes im Bundesrat für die neue Baugebietskategorie ausgesprochen hat.

Lärmgrenzen noch umstritten

Unterdessen gibt es auch Widerstand gegen das Vorhaben des Ministeriums, für urbane Gebiete höhere Lärmbelastung zuzulassen. Bei einer Anhörung im Bundestags-Bau- und Umweltausschuss am Mittwoch sprachen sich die geladenen Experten mehrheitlich gegen die Anhebung aus. Lediglich Vertreter die Immobilienbranche räumten ein, dass „mehr Stadt in der Stadt“ nicht ohne mehr Lärm zu haben sei.

Externer Link: Gesetzentwurf zur Novelle des Städtebaurechts

Lkw gewinnt, Schiene und Binnenschiff verlieren

Das geht aus den am Freitag vorgelegten vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervor. Die Schiene verlor gegenüber 2015 1,5 Prozent des Aufkommens (in Tonnen) und 0,5 Prozent der Verkehrsleistung (Tonnenkilometer). Das Binnenschiff verlor 0,8 Prozent des Aufkommens und sogar 3,7 Prozent Verkehrsleistung. Der Lkw hingegen legt um 1,5 bzw. 2,8 Prozent zu.

Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen sprach am Freitag von einem „Trendbruch mit Ansage“ und einer „Quittung für Wegschauen“ in der Politik. Obwohl die Wettbewerbs­bahnen ein Wachstum verzeichnen konnten, sei der Markt aufgrund des starken Rückgangs bei DB Cargo insgesamt ins Kip­pen geraten. NEE-Geschäftsführer Peter Westenberger unterstellte der Bundesregierung, dass sie einen konkurrenzlos preiswert Lkw-Transport wolle. Neue Zugverbindungen seien daran gescheitert, dass die Beförderung pro Container oder Sattelauflieger 40-60 EUR teurer sei als beim Lkw.

Vor allem bei den Kosten für die Infra­struktur­nut­zung und beim Preisverhältnis von Bahnstrom und Lkw-Diesel habe Berlin für die Straße immer bessere und für die Schiene immer schlechtere  Rahmenbedingungen gesetzt. Baubedingte Beschränkungen im Schienennetz und ein unterschiedliches Sicherheits- und Kon­trollniveau zwischen Straße und Schiene täten ihr übriges.

Um die Entwicklung zu korrigieren, benötigten die Bahnen kurzfristig faire wirtschaftliche Bedingungen sowie mittelfristig mehr Kapazität im Schienennetz und eine technologische Modernisierung, die vom Staat gefördert und begleitet werden muss.

Positive Konjunkturanzeichen?

Die als Konjunktur-Frühindikator geschätzte Luftfracht legte 2016 im Aufkommen deutlich um 3,3 Prozent zu. 2015 hatte das Luftfrachtaufkommen stagniert, 2014 war es um 1,9 Prozent gewachsen.

Das Seefracht-Aufkommen wuchs 2016 nur geringfügig um 0,3 Prozent. (roe)

Erdgas bleibt länger steuerbegünstigt

Die Steuermäßigung für Druckerdgas (CNG) soll nun doch bis Ende 2026 weiterlaufen und nicht schon 2024 enden. Das sieht der am Mittwoch verabschiedete Kabinettsentwurf für eine des Energie- und Stromsteuerrechts vor. Allerdings soll die Begünstigung beginnend im Jahr 2024 in gleichmäßigen Schritten so abgeschmolzen werden, dass ab 2027 ohne einen großen Sprung die normale Erdgasbesteuerung greifen kann. Für Autogas hingegen endet die Steuerbegünstigung wie bisher im Gesetz vorgesehen Ende 2018.

Die Regierung begründet die unterschiedliche Behandlung damit, dass bei Erdgas wegen der geringeren Verbreitung noch mehr Förderbedarf besteht und der Beitrag zum Klimaschutz höher ist (Erdgas enthält weniger Kohlenstoff als Autogas). Im übrigen fallen wegen der geringeren Verbreitung auch die Steuermindereinnahmen geringer aus.

Erdgas für die Verwendung im öffentlichen Personennahverkehr ist vom Abbau der Vergünstigung unter dem Strich nicht betroffen. In §56 des Energiesteuergesetzes wird eine Entlastungsregelung eingebaut, die das Abschmelzen der Steuerermäßigung kompensiert.

Verkehrsetat wird herangezogen

Die Mindereinnahmen werden künftig in äußerst ungewöhnlicher Weise aus dem Etat des BMVI gegenfinanziert. In der Summe sind es 591,5 Mio. EUR: Sie steigen von 12 Mio. EUR im Jahr 2020 auf 152 Mio. EUR im Jahr 2023 und sinken dann wieder auf 48,5 Mio. EUR 2026.

Ulrich Nußbaum, Präsidiumsvorsitzender des Deutschen Verkehrsforum, begrüßte den Gesetzentwurf, weil er Planungssicherheit schaffe. Das DVF hätte sich zwar gewünscht, dass die Ermäßigung zumindest bis 2026 auf dem heutigen Niveau gehalten wird. „Im Ergebnis ist das aber ein vertretbarer Kompromiss.“ (roe)

Externer Link: Regierungsentwurf für eine Novelle des Energiesteuerrechts

Aufgefischt 17.2.2016

Laut einem neuen Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages für die Grünen könnte die Pkw-Maut trotz der Nachbesserungen europarechtswidrig sein, berichtet unter anderem Spiegel Online (das Gutachten ist bereits vom Bundestag veröffentlicht). Das Gutachten dürfte Wasser auf die Mühlen Österreichs und anderer Länder sein, die Deutschland notfalls vor dem EuGH verklagen wollen.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat sich am Donnerstag im Abgasskandal-Untersuchungsausschuss als Aufklärer präsentiert, berichtet Heute im Bundestag. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, zugleich VW-Aufsichtsratsmitglied, hat nach eigenen Angaben erst im September 2015 aus den Medien von den Abgasmanipulationen erfahren. Der ebenfalls als Zeuge geladene EU-Beamte Alois Krasenbrink vom EU-Forschungszentrum JRC berichtete laut Heute im Bundestag, dass man bei Messungen im Realbetrieb 2011 zwar erhebliche Abweichungen festgestellt , aber keine Manipulation vermutet habe.

Bayerns Landesverkehrsminister Joachim Herrmann hat dem Verkehrsausschuss des Landtages laut Münchner Abendzeitung aktuelle Zahlen zur 2. S-Bahn-Stammstrecke berichtet. Danach zahlt das Land etwas weniger als früher angekündigt; Bund, Stadt München und DB zahlen etwas mehr. Die Gesamtkosten von gut 3,8 Mrd. EUR (inkl. Risikopuffer) bleiben gegenüber November 2016 unverändert.

Bund und Länder streiten laut Wirtschaftswoche über die Höhe von Bahnsteigen. Der Bund will möglichst die Standardhöhe von 76cm über der Schienenoberkante durchsetzen, während die SPNV-Besteller in den Ländern auf regionale Abmachungen verweisen.

Das BMVI bleibt im Streit um neue Sicherheitsverordnung für Traditionschiffe hart und will sie Kraft setzen, sobald die EU-Kommission zugestimmt hat, berichten die SHZ-Zeitungen.

Im Streit um die Mittelrheinbrücke legt der von Landesverkehrsminister Volker Wissing als neutraler Gutachter eingeschaltete Rechnungshof eine Einstufung als Landesstraße nahe (statt als Kreisstraße) und damit als alleinige Aufgabe des Landes. Das berichtet der Trierische Volksfreund. Wissing lehnt das laut Pressemitteilung ab und begründet es mit dem Schutz des Unesco-Weltnaturerbes vor Durchgangsverkehr. (roe)