Aufgefischt 23.2.2017

Laut einer repräsentativen Emnid-Umfrage im Auftrag von Greenpeace befürworten gut 60 Prozent aller Bürger Einfahrverbote für Dieselautos mit hohem Schadstoffausstoß im Realbetrieb in hochbelastete Stadtteile. Die Zustimmung ist über alle Einkommens- und Altersklassen sowie Regionen weitgehend stabil, 11 Prozent Unterschied gibt es aber zwischen Männern (55 Prozent) und Frauen (66 Prozent). In Niedersachsen ist die Zustimmung mit 53 Prozent am geringsten.

Die Bundesnetzagentur ermittelt laut Wirtschaftswoche gegen die DB, weil im Reformprogramm „Zukunft Bahn“ zwar Mitarbeiter der Verkehrs- und Infrastruktursparte zusammenarbeiten, die Wettbewerbsbahnen aber außen vor bleiben. Untersucht wird auch die Doppelrolle von Ronald Pofalla als Politik- und Infrastrukturvorstand.

Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung hat der Bundesrechnungshof kurz vor der Einführung des Lang-Lkw-Regelbetriebs in einem Schreiben an das BMVI dafür plädiert, zunächst den Feldversuch fortzusetzen. Das sei nötig, um zum Beispiel mögliche Auswirkungen auf die Infrastruktur bei einem höheren Lang-Lkw-Anteil zu untersuchen.

Der VDV hat laut Pressemitteilung beim Bundesumweltministerium für eine Entlastung von Elektrobussen bei Stromsteuer- und EEG-Umlage. Andernfalls sei der Umstieg wirtschaftlich nicht zu bewältigen. Eigene Hausaufgaben sieht der Verband bei der Standardisierung.

Polen will eine Allianz von ost- und südosteuropäischen EU-Ländern schmieden, um in Brüssel gegen Diskriminierung ihrer Lkw-Transportunternehmen durch westeuropäische Länder vorzugehen, berichtet die Verkehrsbrief-Schwesterpublikation Verkehrsrundschau. Kritisiert wird unter anderem die deutsche Mindestlohn-Regelung. Polens Initiative dürfte als Reaktion auf die „Road Alliance“ zu verstehen sein (siehe hier).

Die am Donnerstag kolportierte Kritik des Normenkontrollrats an der Pkw-Maut beruht auf der Stellungnahme im Gesetzentwurf selbst (PDF-Seite 17). Die Fokussierung des BMVI auf das Prognosezieljahr 2019 und das Außerachtlassen der Flottenentwicklung hat auch Ralf Ratzenberger in seinem Gutachten für den ADAC aufgegriffen (siehe hier). (roe)

Spediteure neigen zu Blauer Plakette

Der Speditionsverband DSLV stellte sich am Donnerstag hinter die Forderung Baden-Württembergs nach einer Blauen Plakette. „Ein Plakettensystem ist grundsätzlich das richtige Instrument zur Senkung verkehrsbedingter Schadstoffemissionen und muss Fahrzeuge mit den geringsten Emissionswerten privilegieren“, erklärte Verbandspräsident Mathias Krage. „Eine Weiterentwicklung des Systems durch eine blaue Plakete für Euro-6 Fahrzeuge liegt in der Logik der voranschreitenden, technischen Entwicklung.“

Güterkraftverkehr treibt Frage nach Flottenerneuerung um

Er forderte aber zugleich, die Ausnahmeregelungen für den Lieferverkehr und die City-Logistik so zu bemessen, dass Euro-6/VI-Fahrzeuge oder andere emissionsarme Fahrzeugen im normalen Investitionszyklus der Unternehmen beschafft werden können.

Das Thema „wirtschaftliche Flottenerneuerung“ treibt auch die eigentlichen Lkw-Transportunternehmen um. Es wird darauf verwiesen, dass Lkw im städtischen Verteilerverkehr mit acht und mehr Jahren eine deutlich längere Nutzungsdauer aufweisen als Fernverkehrs-Lkw, die nach drei bis fünf Jahren ersetzt werden.

VDA sieht Alternativen

Der Automobilindustrie-Verband VDA sieht Verbesserung des Verkehrsflusses und Stauvermeidung als geeignetere Maßnahmen für eine bessere Luftqualität an. „Grüne Welle und ein gleichmäßiger Verkehrsfluss bringen eine Reduktion der Stickoxidemissionen um fast ein Drittel“, teilte der Verband am Mittwoch mit. Zudem sollten Busse und Taxis im städtischen Verkehr durch modernste Fahrzeuge ersetzt werden.

Zum Feinstaubproblem wirft der VDA ein, dass die aus dem Motor stammenden Feinstaubemissionen des Verkehrs in Stuttgart nur 4 Prozent des Gesamtaufkommens darstellen. Er warnte davor, den Diesel grundsätzlich in Frage zu stellen, weil er notwendig sei, um die Klimaschutzziele zu erreichen. „Eine Verkehrsbeschränkung für bestimmte Dieselfahrzeuge würde das Gewerbe und viele Mittelständler treffen ebenso wie viele Autofahrer, die sich erst vor kurzem ein Dieselmodell angeschafft haben, das damals der modernsten Euronorm entsprach.“

Ähnlich äußert sich der ADAC: „Einseitige Fahrverbote können nicht per se die Lösung der Feinstaubprobleme in deutschen Großstädten sein“, ließ sich ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker zitieren. „Sie gehen vor allem zu Lasten der vielen Autobesitzer, die in den vergangenen Jahren ein Diesel-Fahrzeug gekauft haben.“

VCD für Klarheit gegenüber dem Verbraucher

Der ökologische Verkehrsclub VCD forderte, im Sinne der Verbraucher die blaue Plakette rechtzeitig anzukündigen und in nachvollziehbaren Schritten einzuführen. „Dann herrscht endlich Klarheit und alle wissen, woran sie sind.“ Kurzfristige, pauschal verhängte Fahrverbote dagegen seien nicht nachhaltig, hieß es unter offenkundiger Anspielung auf das noch nicht rechtskräftige Urteil aus Düsseldorf, in dem ein allgemeines Dieselfahrverbot gefordert wurde. (roe)

BASt wird „Nationale Stelle“ für Verkehrsinformationen

Sie soll gemäß EU-Recht als unabhängige und unparteiische Nationale Stelle für digitale Verkehrsinformationen fungieren. Das sieht ein Gesetzentwurf für eine Novelle des Intelligente-Verkehrssysteme-Gesetzes vor, die jetzt dem Bundesrat zum ersten Durchgang zugeleitet wurde.

Hintergrund ist die Richtlinie 2010/40/EU für die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr, auf deren Grundlage der Mobilitätsdatenmarktplatz (MDM) bei der BASt eingerichtet wurde. 2013 und 2015 wurde die Richtlinie auf dem Verordnungswege mit Datenspezifikation für Echtzeitverkehrsinformationen, sicherheitsrelevante Verkehrsinformationen und sicheres LKW-Parken vertieft.

Die Nationale Stelle soll prüfen und beurteilen, ob die Datenlieferanten des MDM – in Deutschland vor allem die Straßenbauverwaltungen der Länder und Kommunen – die EU-Datenspezifikationen einhalten. Ziel ist, mit kompatiblen Daten einen grenzüberschreitenden Datenaustausch zu ermöglichen.

Für die Nationale Stelle sind je eine Planstelle des höheren und des gehobenen Dienstes vorgesehen. Der Personalaufwand soll innerhalb des BMVI-Etats ausgeglichen werden. (roe)

Externer Link: Gesetzentwurf zur Änderung des Intelligente-Verkehrssysteme-Gesetzes

Aufgefischt 22.2.2017

Der Verkehrsdatenanbieter Inrix hat erneut seine Traffic Scorecard veröffentlicht. Deutsche Stauhauptstadt ist danach München, gefolgt von Heilbronn und Köln. Die direkten und indirekten Kosten der Staus in den 62 untersuchten deutschen Städten belaufen sich laut Pressemitteilung auf 69 Mrd. EUR. Gegenüber früheren Untersuchungen (siehe hier) wurden mehr Städte einbezogen und die Methodik verändert.

In Singen regt sich Widerstand gegen Überlegungen, die Fahrzeit auf der „Gäubahn“ (Stuttgart-Hattingen-Zürich) mit einer Umgehungskurve an Singen vorbei zu beschleunigen (siehe auch hier). Das berichtet der Südkurier. Durch die Umgehungskurve würde Singen vom Fernverkehr abgehängt.

Der Stadtrat von Starnberg hat sich nach jahrelangem Hin und Her dafür ausgesprochen, die B2 in einen Tunnel zu verlegen, berichtet das Oberbayerische Volksblatt. Das Geld – 162 Mio. EUR – habe Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt bereits in Aussicht gestellt.

Im Streit um die neue Sicherheitsverordnung für Traditionsschiffe schlägt sich die Bild-Zeitung in Hamburg auf die Seite der Schiffsbetreiber. (roe)

Stuttgart macht den Weg frei für Dieselverbote

Ab 2018 sollen an „Feinstaubtagen“ vorübergehende Verkehrsbeschränkungen im Stuttgarter Talkessel sowie Feuerbach und Teilen von Zuffenhausen gelten, möglichst auf Basis einer „blauen Plakette“. Das hat das Landeskabinett am Dienstag im Zuge der Novellierung des Luftreinhalteplans beschlossen. Vor dem ersten Inkrafttreten werde jedoch das Kabinett noch einmal entscheiden, erläuterte ein Sprecher des Landesverkehrsministeriums. Ministerpräsident Winfried Kretschmann begründete den heutigen Beschluss mit mehr Handlungsfreiheit. „Wir wollen diese Maßnahmen selbst gestalten und uns diese nicht vom Gericht auferlegen lassen“, sagte er.

Das Land hatte im April 2016 in einem gerichtlichen Vergleich zugesagt, den Verkehr um mindestens 20 Prozent zu reduzieren, sofern die EU-Grenzwerte für die Luftbelastung auch 2017 überschritten werden. Nach vorläufigen Daten der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) ist der Feinstaub-Grenzwert am Hotspot „Neckartor“ in diesem Jahr schon an 34 Tagen überschritten worden. Pro Jahr sind laut EU maximal 35 Überschreitungstage zulässig.

Sollte eine blaue Plakette nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen, so sollen gemäß Vorschlag von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt diese temporären Verkehrsbeschränkungen als „Luftreinhaltenetz“ für alle Dieselkraftfahrzeuge gelten, die nicht die Abgasnorm Euro 6/VI erfüllen. Das „Luftreinhaltenetz“ umfasst rund 30 wichtige Zufahrtstraßen und stellt flächenmäßig einen Teil der heutigen Umweltzone dar. Für den Lieferverkehr sind in jedem Fall Ausnahmeregelungen vorgesehen.

Dauerhafte blaue Umweltzone später

Eine ganzjährige „blaue Umweltzone“ stellte Verkehrsminister Winfried Herrmann in Aussicht, sobald 80 Prozent der in Stuttgart zugelassenen Pkw und leichten Nutzfahrzeuge die Anforderungen an die neue Plakette erfüllen. Das voraussichtlich ab 2020 der Fall. Er mahnte erneut den Bund, eine blaue Plakette einzuführen, um so die notwendigen Verkehrsbeschränkungen auf Basis des etablierten Umweltplakettensystems umsetzen zu können.

Die Maßnahmen beruhen auf dem Wirkungsgutachten, das am Montag vergangener Woche auch in Berlin vorgestellt worden war (siehe hier).

Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn begrüßte den Beschluss, weil er anders als das ebenfalls erwogene pauschale Dieselverbot verhältnismäßig sei. Jeder wisse jetzt, was ihm ab Januar 2018 bevorsteht, und könne sich darauf einstellen und nach der passenden Mobilitätsalternative umschauen.

ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker erklärte, statt einseitiger Fahrverbote seien „sinnvolle integrierte Verkehrskonzepte gefragt, die alle Verkehrsträger bestmöglich miteinander vernetzen“. (roe)

 

Externe Links:

Pressemitteilung Verwaltungsgericht Stuttgart zum Vergleich über Luftreinhaltung

Feinstaub-Messwerte am Neckartor für 2017 (1. Januar bis 19. Februar)

BMUB sieht in Carsharing-Gesetz wichtigen Anstoß

Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth sagte am Dienstag auf der Jahrespressekonferenz des Bundesverbandes Carsharing (BCS), dass sein Haus im Entwurf des Carsharing-Gesetzes am liebsten eine einheitliche Regelung zur Ausweisung privilegierter Flächen an allen Straßen verankert hätte, nicht nur an den Bundesstraßen. Dagegen habe es jedoch „gewichtige rechtliche Bedenken“ gegeben. Er erwarte jetzt aber, dass die Länder für ihre Straßen nachziehen. Ohne den ersten Aufschlag des Bundes würden sie das sicher nicht tun.

Umweltvorgaben für privilegierte Anbieter

Flasbarth stellte weiter in Aussicht, dass Auflagen zur Flottenzusammensetzung bezüglich Anteil alternativer Antriebe, CO2-Ausstoß und Schadstoffklassen nachgereicht werden. Dafür wäre eine Notifizierung bei der EU notwendig gewesen, die jedoch in der kurzen verbliebenen Zeit nicht mehr möglich war. Die Auflagen sollten anspruchsvoll sein, die Branche aber nicht strangulieren. BCS-Geschäftsführer Willi Loose verwies darüber hinaus auf den Abgasskandal, der das Vertrauen in die Herstellerangaben zu CO2-Ausstoß und Schadstoffen erschüttert habe. Deswegen hatte der BCS sich auch dafür ausgesprochen, die Referentenentwurf noch enthaltenen Umweltauflagen herauszunehmen.

Potenzial des Carsharing in der Verkehrswende

Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth teilte am Dienstag auf der Jahrespressekonferenz des Bundesverbandes Carsharing (BCS) mit, dass das BMUB in einer Studie vertieft untersuchen lassen will, ob Carsharing „Einstiegsdroge oder Methadonprogramm“ für den privaten Autobesitz ist. Bisher gibt es nur punktuelle Erkenntnisse.

BCS-Geschäftsführer Willi Loose verwies auf Untersuchungsergebnisse, wonach in Köln in einem Stadtquartier durch je ein (stationsbasiertes) Carsharing-Fahrzeug 18,6 private Pkw ersetzt wurden. Die Befürchtung, dass Carsharing dem ÖPNV Nutzer abspenstig macht, teilt er nicht: Der Anteil der ÖPNV-Stammkunden unter den Carsharing-Nutzern sei deutlich höher als in der Gesamtbevölkerung.

Free-Floater legen 2016 deutlich zu

Die Zahl der für Carsharing angemeldeten Fahrer – Fahrberechtigten – wuchs 2016 gegenüber dem Vorjahr um 36 Prozent. Dabei legten die stationsunabhängigen Anbieter („Free Floating“), die nur in einigen Großstädten aktiv sind, mit plus 52 Prozent auf jetzt 1,26 Mio. deutlicher zu als die stationsbasierten Anbieter (+6 Prozent auf 455.000). Inwieweit die Zahlen durch Mehrfachanmeldungen desselben Nutzers bei verschiedenen Anbietern verzerrt werden, ist aus Datenschutzgründen nicht feststellbar.

Das Flottenwachstum betrug 11 Prozent im Free-Floating-Segment und 3,3 Prozent im stationsbasierten Carsharing. Auf jedes stationsbasierte Auto entfallen 48 Fahrberechtigte, auf jedes Free-Floating-Auto 173 Nutzer.

Nach Branchenangaben wird jedes Free-Floating-Auto 5-10 Mal pro Tag genutzt, jedes stationsbasierte Auto 1,5 Mal – allerdings bei fünf- bis sechsmal so hoher Fahrtweite und Nutzungsdauer.

Aus Angaben einzelner Anbieter lässt sich schließen, dass ein stationsbasiertes Fahrzeug jährlich bis zu 32.000km zurücklegt, ein Free-Floater mindestens 13.000 und maximal 33.000km.

Externer Link: BCS-“Fact Sheet“ zur Wirkung verschiedener Carsharing-Modelle

Aufgefischt 21.2.2017

Die norddeutschen Küstenländer haben am Donnerstag mit Nordrhein-Westfalen eine engere Zusammenarbeit verabredet, meldet unter anderem das Landesverkehrsministerium in Kiel. NRW-Verkehrsminister Michael Groschek begründete die Hinwendung zu den norddeutschen Küstenländern unter anderem mit dem „seit Jahren schwächelnden Hafen von Rotterdam“.

Nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der beförderten Personen im Schienenfernverkehr 2016 um 5,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr gewachsen, im Fernbusverkehr um 5 Prozent.

Die grün-schwarze Koalition in Baden-Württemberg will laut SWR am Dienstag über Maßnahmen zur Luftreinhaltung in Stuttgart entscheiden. Während die Regierung entschlossen ist, bei Bundeskanzlerin Angela Merkel die Einführung einer blauen Plakette einzufordern, stößt die Forderung der CDU nach Bau eines Nordostrings zur Entlastung der Innenstadt bei den Grünen auf Widerstand.

Der DB-Aufsichtsrat werde am 22. März einen Nachfolger für DB-Chef Rüdiger Grube wählen, berichtet unter anderem die Bild-Zeitung unter Berufung auf Bundesverkehrsminister Rüdiger Grube. Neben dem Siemens-Manager Siegfried Russwurm sind auch der Schweizer SBB-Chef Andreas Meyer und als interner Kandidat Ronald Pofalla im Gespräch.

Bayerns Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann kommt laut Süddeutscher Zeitung Dobrindts Bewältigung des Abgasskandals in die Quere: Herrmann will die VW-Polizeiautos des Landes nicht zum Software-Update schicken, solange nicht Klarheit über mögliche Schadenersatzansprüche besteht. Dobrindt hatte Schadenersatzansprüche bisher verneint, weil die Autos nach dem Update in einem regelkonformen Zustand seien. (roe)

Grüne: Gesetz über Autobahngesellschaft nachschärfen

Es dürfe auch Juni werden, dann sei angesichts des Wahlkampfes aber hohe Disziplin erforderlich, betonte er. Bisher ist vorgesehen, die Beratungen im Bundestag bis Ende März abzuschließen

AöR oder GmbH?

Die Grünen befürworten die Gründung einer Bundesautobahngesellschaft im Grundsatz, fordern aber deutliche Nachbesserungen am bisher vorliegenden Gesetzentwurf. Auch der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter, der das Vorhaben bisher prinzipiell abgelehnt hatte, deutete eine mögliche Zustimmung an.

Er sprach sich eindeutig für eine Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) aus, weil sie der Bund – Regierung und Bundestag – besser steuern und kontrollieren könne als eine GmbH. Prof Thorsten Beckers von der TU Berlin räumte zwar ein, dass eine AöR in dieser Hinsicht Vorteile biete; um ein Gründungsgesetz zu erarbeiten, sei jedoch mehr Zeit erforderlich als zur Verfügung stehe.

Er widersprach im übrigen Erwartungen aus Gewerkschaftskreisen, dass eine AöR automatisch mehr Mitsprache der Beschäftigten ermögliche als eine GmbH. Es komme sehr auf die Ausgestaltung an. Eine GmbH der geplanten Größe – die Rede ist von annähernd 13.000 Mitarbeitern – verfüge über einen paritätisch besetzten Aufsichtsrat.

Sowohl Beckers als auch die Grünenvertreter lehnten eine Aktiengesellschaft aufgrund der Erfahrungen mit der Deutschen Bahn ab. Sie forderten, die AG gesetzlich auszuschließen. Braun ging auf diesen Punkt nicht ein.

Eindeutige Regeln für Kreditaufnahme gefordert

Erleichtert haben die Grünen die Äußerung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble registriert, dass eine Ermächtigung zur Kreditaufnahme nicht vorgesehen ist (siehe hier). Sie forderten aber, das auch gesetzlich festzuschreiben, möglichst auf Ebene des Grundgesetzes. Zumindest sollte eine Staatsgarantie verankert werden, damit ein Missbrauch als „Rettungsschirm für Lebensversicherer“ ausgeschlossen ist.

Braun will die Option für eine Kreditaufnahme nicht schon im Grundgesetz verbauen. Es könne sinnvoll sein sich die Option , um die Überjährigkeit von Investitionen zu erleichtern oder Schwankungen der Mauteinnahmen auszugleichen. In der Satzung der Autobahngesellschaft könne aber eine Kreditaufnahme erst einmal untersagt werden.

Gründungsschulden?

Beckers betonte, im Gesetzentwurf sei eine Gesellschaft angelegt, die zur Umgehung der Maastricht-Schuldenbremse geradezu prädestiniert sei. Im Extremfall könne die Gesellschaft schon bei ihrer Gründung mit 50 Mrd. EUR Schulden belastet werden – das entspricht dem geschätzten Wert des Anlagevermögens. Dann würden die Mauteinnahmen dazu missbraucht, Zinsen und Tilgung zu decken, statt in die Infrastruktur investiert zu werden. Er schlug daher vor, gesetzlich eine Gründungsverschuldung zu verbieten und festzulegen, dass die Schulden dem Staatssektor zuzurechnen sind.

Auch das vorgesehene Nießbrauchsrecht für die Autobahngesellschaft solle das Parlament erteilen, nicht die Regierung alleine. Die Satzung der Gesellschaft sollte vom Parlament genehmigt werden, ebenso sollten „wesentliche Änderungen“ unter Parlamentsvorbehalt gestellt werden.

ÖPP umstritten wie immer

Hofreiter sprach sich dagegen aus, ÖPP zuzulassen. Die Bauphase sei zwar zugegebenermaßen schneller, aber dafür seien sie nach seinen Erkenntnissen 10 bis 40 Prozent teurer und benachteiligten außerdem den Mittelstand. Beckers schlug vor, im Grundgesetz ein allgemein gefasstes Verbot von Teilnetz-ÖPP zu verankern, um so eine funktionale Privatisierung zu verhindern. Die genaue Definition sollte auf einfachgesetzlicher Ebene erfolgen. Braun sagte, über ÖPP werde „sicher noch gesprochen“.

Standortgarantie nicht auf Ewigkeit

Kanzleramtsminister Helge Braun betonte das Interesse des Bundes, mit der Infrastrukturgesellschaft die Effizienz der Straßenverwaltung zu steigern. Es gebe daher einen Konflikt mit dem Interesse, alle Arbeitsplätze an den bisherigen Standorten zu erhalten. Schließlich solle die neue Struktur mehr als die Summe ihrer Teile sein. Eine Lösung könne eine zeitlich begrenzte „Versetzungsbremse“ sein.

Ein Verdi-Vertreter mahnte an, möglichst schnell einen Tarifvertrag für die Autobahngesellschaft zu schließen. Derzeit gebe es in den Ländern in Abhängigkeit von den Tätigkeitsmerkmalen sehr unterschiedliche Entgelte.

Absage an höhere Zweckausgabenpauschale

Braun widersprach Forderungen der Länder, die Zweckausgabenpauschale für die Bundesstraßen auf 18 Prozent zu erhöhen. Der Bund entlaste sie schon genug mit der Übernahme der Autobahnen. Es sei im übrigen Wunsch der Länder gewesen, die Bundesstraßen in der Auftragsverwaltung zu behalten. (roe)

25m-Lkw bald auch in NRW

Schon am 10. März soll die Landesregierung dem Landtag berichten, „welche Autobahnstrecken unter Berücksichtigung des bereits ausgelasteten und erheblich instandsetzungsbedürftigen, hochverdichteten nordrhein-westfälischen Straßennetzes für den Einsatz von Lang-Lkw grundsätzlich infrage kommen, ohne dass dadurch die Verkehrssicherheit beeinträchtigt, die Stauanfälligkeit erhöht oder die Infrastruktur übermäßig belastet wird“. Dazu hat der Landtag die Regierung in der vergangenen Woche mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP aufgefordert. Einen Freifahrtschein für alle Fernstraßen dürfe es aber nicht geben, heißt in der Entschließung.

Die Koalitionsfraktionen begründeten ihren Antrag damit, dass der Bund das Land seit der Verordnung über den Lang-Lkw-Regelbetrieb anweisen könne, bestimmte Autobahnen für den Transit freizugeben, spätestens aber mit der Gründung der Autobahngesellschaft.

„Für die Unternehmen in Nordrhein-Westfalen würde eine reine Transitlösung einen spürbaren Wettbewerbsnachteil bedeuten, ohne dass der Einsatz von Lang-Lkw auf unseren Straßen verhindert würde“, heißt es in der Entschließung. Um die Chancengleichheit für einheimische Lkw-Betriebe zu wahren, „ist die Zulassung einzelner Autobahnstrecken für die Befahrung mit Lang-Lkw auch für nordrhein-westfälische Unternehmen nicht grundsätzlich auszuschließen“.

Die FDP hatte ursprünglich einen weitergehenden Antrag gestellt. Damit sollte die Landesregierung ohne weitere Vorbehalte aufgefordert werden, dem Bund geeignete Strecken zu melden.

Der verlängerte Sattelauflieger (Zuglänge maximal 17,80m) ist in Nordrhein-Westfalen bereits seit Juli 2015 zugelassen. (roe)

Externer Link: Entschließungsantrag SPD/Grüne zum Lang-Lkw

Aufgefischt 20.2.2017

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer wirft den Grünen in der Bild am Sonntag „Fake News“ vor, weil das am Freitag bekannt gewordene Gutachten des Bundestages, das die EU-Kompatibilität der Pkw-Maut in Zweifel zieht, anders als behauptet gar nicht vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages stamme. Tatsächlich stammt das Gutachten von der „Unterabteilung Europa“, „Fachbereich Europa“. Disclaimer und Aufmachtung entsprechen jedoch den Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes. Darüber hinaus sei das Gutachten seinerzeit beim Wissenschaftlichen Dienst angefordert worden, heißt es aus dem Büro von Fraktionsvize Oliver Krischer.

Unterdessen verlangt SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann im Gespräch mit dem Südwestrundfunk von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble eine nichvollziehbare Berechnung, dass die Pkw-Maut Mehreinnahmen für Investitionen erbringt.

Alexander Kirchner, Chef der Bahngewerkschaft EVG, schätzt im Gespräch mit dem Tagesspiegel den Investitionsstau im System Schiene auf 35 bis 40 Mrd. EUR.

Den Auftrag für den ÖPP-Ausbau der A7 zwischen Göttingen und Bockenem erhält ein Konsortium um den französischen Baukonzern Vinci, meldet das BMVI. Der Ausschreibung vorausgegangen war 2013 ein Streit zwischen dem Bund und Niedersachsen, das ein ÖPP ablehnte. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer erließ damals sogar eine Weisung an das Land, deren Rechtmäßigkeit allerdings ein vom Land selbst in Auftrag gegebenes Gutachten bestätigte.

Als neuer DB-Chef ist laut Manager-Magazin der Siemens-Technologievorstand Siegfried Russwurm im Gespräch. (roe)