Aufgefischt 16.11.2016

Die Welt skizziert das Gesamtgefüge von Schäubles Privatisierungsoption für die Autobahngesellschaft über die Neufassung des GVFG-Bundesprogramms bis hin zum Bund-Länder-Finanzausgleich.

Der Seehafenverband ZDS befürchtet laut eigener Mitteilung, dass durch eine von der EU-Kommission vorgeschlagene Novelle des Beihilferechts Investitionen der öffentlichen Hand in die Hafeninfrastruktur und die Hinterlandanbindungen erschwert werden, weil sie jedesmal notifiziert und genehmigt werden werden müssen. Ferner fordert der ZDS die öffentliche Hand auf, für genügend Planungskapazität zu sorgen, um den Investitionshochlauf für die Verkehrswege auch bewältigen zu können.

EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc will die unter anderem von Deutschland angemahnten Klarstellungen der EU-Sozialvorschriften für den Straßengüterverkehr angehen, berichtet die Verkehrsbrief-Schwesterpublikation Verkehrsrundschau. Anlass ist der Brandbrief von acht Verkehrsministern von Ende September (siehe hier).

Tesla hat sein Model S mit abgespeckter Ausstattung jetzt unter die 60.000-EUR-Preisobergrenze für die Elektroauto-Kaufprämie gedrückt, berichtet das Energieportal bizzenergytoday.de.

„Auftragsverwaltung“ einmal anders: Kulturstaatsministerium Monika Grütters will den Bau des Museums der Moderne in Berlin in die Hand des Landesbetriebs Bundesbau Baden-Württemberg legen. Das berichtet die Berliner Zeitung aus Anlass neuer Kostenüberraschungen bei der Sanierung des Pergamonmuseums. (roe)

ZDS wählt neues Präsidium

Der Vorstandsvorsitzende der Bremer BLG Logistics Group wurde am Dienstag bei den turnusgemäß alle drei Jahre stattfindenden Präsidiumwahl einstimmig zum Nachfolger des scheidenden Klaus-Dieter Peters (HHLA, Hamburg) gewählt.

Dreeke wurde 1959 in Bremen geboren und war nach einer Ausbildung zum Schifffahrtskaufmann zunächst für verschiedene Speditionsunternehmen tätig. 1985-87 absolvierte er ein Studium an der Deutschen Außenhandels- und Verkehrs-Akademie (DAV). Anschließend arbeitete er für verschiedene schifffahrtsaffine Logistikunternehmen. Anfang 2013 wurde er in den BLG-Vorstand berufen und im Juni desselben Jahres zum Vorstandsvorsitzenden ernannt.

Die ZDS-Mitgliederversammlung wählte als Vizepräsident Jens Aurel Scharner, Geschäftsführer der Hafen-Entwicklungsgesellschaft Rostock. Weitere neue Präsidiumsmitglieder sind Frank Schnabel von Brunsbüttel Ports/Rendsburg Port und Angela Titzrath, HHLA. Im Amt bestätigt wurde Jan Müller, J. Müller AG.

Ausgeschieden sind Ulfbenno Krüger von der Lübecker Hafen-Gesellschaft und Sören Jurrat von der SWS Seehafen Stralsund GmbH. (roe)

Viele neue Förderansätze in der Kraftstoffstrategie

Deutschland sollte nicht zu früh auf Optionen wie den Oberleitungs-Lkw setzen. Davor warnte Verkehrsstaatssekretär Norbert Barthle am Dienstag auf der Jahreskonferenz der Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie (MKS) in Berlin.

Das Konzept birgt nach seiner Ansicht „erhebliche Risiken und Nebenwirkungen“ in sich: Sollte der O-Lkw in Deutschland eine nationale Insellösung bleiben, könnte damit nur ein Viertel des Lkw-Verkehrs auf den Autobahnen elektrifiziert werden. Offen sei auch, wie die O-Lkw auf Strecken ohne Oberleitung angetrieben werde. Angesichts eines zweistelligen Milliardenbetrags für die Infrastruktur stelle sich die Frage, ob das Geld an anderer Stelle nicht sinnvoller verwendet werden könne. Das BMVI setze daher für den schweren Fernverkehrs-Lkw auf Wasserstoff und Brennstoffzelle. Das BMVI will im Frühjahr 2017 eine Fortschreibung der MKS veröffentlichen

Renaissance des O-Busses?

An anderer Stelle will das BMVI aber sehr wohl auf Oberleitung setzen – und zwar beim Bus, kündigte die zuständige Unterabteilungsleiterin Birgitta Worringen an: Mit drei Pilotprojekten in Solingen, Marburg und Trier will das Ministerium Hybrid-O-Busse erproben, die auf der Kernstrecke unter Draht fahren und außerhalb mit Batterie. „Es ist die kostengünstigste Elektrifizierungsoption“, sagte Worringen. Ein Forschungsprojekt zum automatischen Hochfahren und „Aufgleisen“ der Stromabnehmer sei in Arbeit.

Neues Förderprogramm für Nfz angekündigt

Barthle kündigte an, neben dem schon länger geplanten Förderprogramm für emissionsarme schwere Lkw ab 7,5t auch alternative Antriebe bei leichten Nutzfahrzeugen für den Liefer- und Verteilerverkehr zu fördern. Barthle zeigte sich zuversichtlich, dass in diesem Bereich bis 2030 eine fast vollständige Elektrifizierung möglich ist.

Während das erstgenannte Programm aus Mautharmonisierungsmitteln finanziert wird, sind für das zweite Programm Mittel aus dem Energie- und Klimafonds (EKF) geplant.

Zweifel an „Brückentechnologien“

Komprimiertem Erdgas (CNG) und Flüssigerdgas (LNG) billigt das Ministerium im Lkw nur den Status einer Übergangstechnologie zu. Zwar sei damit eine schlagartige Reduzierung der Luftschadstoffe auf Null möglich, der Beitrag zur Dekarbonisierung bleibe aber gering. Worringen nannte als Grund auch die geringe Energieeffizienz.

Nicholas Minde vom Speditionskonzern Kühne+Nagel goss noch zusätzliches Wasser in den Wein: Eine LNG- und CNG-Infrastruktur für Lkw sei spätestens 2050 obsolet. Investitionen in diese Technik dürften also nicht zu hoch sein, wenn sie sich in den verbleibenden 35 Jahren amortisieren sollen. Dennoch will das Ministerium ein Förderprogramm für CNG auflegen und im Frühjahr 2017 zu ersten Projektskizzen auffordern.

Unstrittig blieb, dass LNG in der Binnen- und Seeschifffahrt eine entscheidende Rolle spielen wird. Bedauerlich ist aus Sicht von Worringen, dass die Branche noch zögert. Das BMVI will deshalb eine Runden Tisch mit den Stakeholdern einrichten.

Schiene geht nicht leer aus

Worringen kündigte an, die Elektrifizierung des Schiene mit rund 80-100 Mio. EUR zusätzlich zu fördern. Das Geld soll ebenfalls aus dem EKF kommen.

Deutlich wurde aber auch, dass die Verkehrsverlagerung auf Schiene sowie Rad- und Fußverkehr nur einen begrenzten Beitrag zur Dekarbonisierung leisten kann. Gernot Liedtke vom Forschungsinstitut DLR stellte eine auf realistischen bis ambitioniert-realistischen Szenarien basierte Untersuchung für den Zeitraum bis 2030 vor, wonach auf diesem Weg höchstens 10 Prozent CO2-Einsparung möglich sind.

Auf Marktsegmente heruntergebrochen kann der Schienengüterfernverkehr einen Beitrag von bis zu 18 Prozent CO2-Einsparung leisten, muss dafür aber einen Modal-Split-Anteil von 35 Prozent erreichen. Im Nahverkehr sind bei Übertragung des Radfahrverhalten der Niederländer und des ÖPNV-Verhaltens der Schweiz immerhin noch 16 Prozent Einsparung drin. Im Schienenpersonenfernverkehr hingegen beträgt das Einsparpotenzial im günstigsten Fall 6,5 Prozent. Um die ambitionierten Szenarien umzusetzen, seien aber jährlich 1 bis 2 Mrd. EUR zusätzliche Investitionen nötig. (roe)

Aufgefischt 15.11.2016

Nach einem Bericht der Welt spricht sich Verkehrsstaatssekretär Enak Ferlemann dafür aus, das GVFG-Bundesprogramm auch für Sanierung und Ersatzneubau zu öffnen. Bisher dürfen aus dem Programm nur Neu- und Ausbau gefördert werden.

Die vier Logistikverbände AMÖ, BGL, BWVL und DSLV mahnen in einer gemeinsamen Mitteilung das Parlament, in der Novelle des Lkw-Mautgesetzes die Zusage der Mautharmonisierung einzuhalten.

Nach einem Bericht der Bild-Zeitung wollen vier Konzerne, darunter BMW, Daimler, VW und Vattenfall, gemeinsam ein Schnellladenetz an den Autobahnen aufbauen.

Die Verkehrsminister der Bundesländer am Rhein und seinen Zuflüssen fordern bei einem gemeinsamen Treffen eine schnellere Fahrrinnenvertiefung am Mittelrhein, berichtet unter anderem der WDR. 2031 sei zu spät. Verkehrsstaatssekretär Enak Ferlemann verwies auf das viel zu komplexe Planungsrecht in Deutschland. (roe)

Bund uneins über Fernstraßengesellschaft

Eine Sprecherin des BMWi sagte am Montag in der Bundespressekonferenz, es müsse klar im Grundgesetz verankert sein: „Weder die Gesellschaft als solche noch die Straßen werden privatisiert.“

Sie wiedersprach damit den Vorstellungen des BMF, über die am Freitag der Spiegel berichtet hatte. Danach soll sich der Bund die Option für eine Minderheitsbeteiligung Privater an der Infrastrukturgesellschaft nicht verbauen. Eine Sprecherin des BMF spielte die Pläne herunter und verwies auf den laufenden Prozess: „Wir werden jetzt in einem ersten Schritt, wenn die Gespräche erfolgreich sind, eine privatrechtliche Infrastrukturgesellschaft Verkehr gründen“, sagte sie. „Dann wird sich im Laufe der Zeit die Frage stellen, wie genau die Involvierung von privaten Kapitalgebern und Experten in diese Gesellschaft funktionieren soll. Das sind aber Fragen, die jetzt natürlich nicht schon übermorgen Realität sein werden, sondern das sind Prozesse innerhalb der mittleren Frist.“

Der Sprecher des BMVI äußerte diplomatisch ausweichend, dass die Infrastruktur im Eigentum des Bundes bleiben soll – was aber nie strittig war. Aus der Ministeriumsspitze ist allerdings zu hören, dass BMVI und BMWi in der Ablehnung privater Miteigentümer der Infrastrukturgesellschaft auf einer Linie gegen das BMF sind.

Streitpunkt Bundesstraßen ebenfalls offen

Wie weiter aus dem BMVI zu hören ist, seien sich BMF und BMVI aber einig darin, dass primär nur die Autobahnen Gegenstand der Gesellschaft sein sollten. „Sonst übernehmen wir uns“, wird befürchtet. Das BMWi will hingegen auch alle Bundesstraßen direkt vom Bund betreuen lassen. Trotz der eindeutigen Aussage von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (siehe hier) wird die „Opt-out“-Klausel im Bund-Länder-Beschluss länderseitig weiterhin teilweise komplett entgegengesetzt interpretiert.

Für Donnerstag ist die zweite Runde der Bund-Länder-Gespräche unter Leitung des Bundeskanzleramtes geplant.

Widerstreitende Expertenmeinungen zu Privatbeteiligung

Für eine perspektivische Beteiligung Privater spricht nach Ansicht von Experten, dass damit zusätzlicher Anreiz für effizientes Arbeiten geschaffen und die Politik von ständigen Eingriffen zum Nachteil des Unternehmens abgehalten werden könnten – schließlich will der private Miteigentümer Rendite sehen. Abschreckendes Beispiel sei das 100-Prozent-Staatsunternehmen DB, das zum Spielball von Politik und Gewerkschaften geworden sei. Gegenbeispiele seien Telekom und Post, die sich vom Staatseinfluss weitgehend emanzipiert hätten.

Hintergrund für die Haltung des BMF sei aber wahrscheinlich, mit der Privatisierungsoption die Möglichkeit zu erhalten, in schlechten Zeiten die Bundesfernstraßen aus dem Maastricht-Schuldenberechnung herauszuziehen. Hauptkriterien sind die Staatsnähe und die Einnahmeherkunft: Mit einem Finanzierungskreislauf Straße aus Lkw- und Pkw-Maut liegt die Unabhängigkeit von Steuermitteln zwar in greifbarer Nähe. Aber eine bundeseigene Gesellschaft à la österreichischer Asfinag wäre nach heutigen Kriterien wahrscheinlich nicht mehr geeignet, aus den Maastricht-Kriterien herauszufallen. Mit einer Beteiligung Privater würde sich dies schlagartig ändern.

Gegner einer Privatbeteiligung aus der arbeitnehmernahen Ecke führen ins Feld, dass ein privater Miteigentümer versucht sein könnte, die (Maut-) Einnahmen auf Kosten der Nutzer zu maximieren. Während die Lkw-Maut durch die EU-Wegekostenrichtlinie gedeckelt ist, fehlt eine derartige Vorgabe für Pkw. Verwiesen wird dabei gelegentlich auf das Beispiel der ehemals teilprivatisierten Berliner Wasserbetriebe, die die Garantierendite für die privaten 49-Prozent-Miteigentümer durch überhöhte Gebühren erwirtschaftet haben.

Seitens der Verkehrswirtschaft wird befürchtet, dass der Staat bei einer privaten Beteiligung nicht mehr ausreichend kontrollieren kann. Außerdem könnte ein privater Miteigentümer versucht sein, seine Rendite durch eine Vernachlässigung des Erhalts zu maximieren. Abschreckendes Beispiel ist die börsennotierte britische Eisenbahn-Infrastrukturgesellschaft Railtrack, die 2001/2002 de facto enteignet wurde, nachdem sie trotz hoher Schulden Dividenden auszahlen musste.

Aus der arbeitnehmernahen Ecke wird zudem ins Feld geführt, dass ein privater Miteigentümer mehr Druck machen könnte, speziell im Betriebsdienst die Personalkosten durch Outsourcing zu drücken. (roe)

BMVI nimmt Taxen ins Visier

Wie Verkehrsstaatsekretärin Dorothee Bär in ihrer Antwort auf eine Anfrage des Grünen-Verkehrsexperten Stephan Kühn erläuterte, prüfe die Bundesregierung derzeit, „ob und in welcher Weise bei der personenbeförderungsrechtlichen Geneh­migung von Taxen und Mietwagen die Einhaltung höhe­rer Emissionsstandards festgelegt werden können.“ Nähere Einzelheiten nannte sie sie nicht.

Dobrindt hatte wiederholt dafür plädiert, statt private (Diesel-) Pkw aus den Städten zu verbannen zunächst innerstädtische Vielfahrer wie Taxen und Bussen strengere Standards für Schadstoffe und CO2 aufzuerlegen. (roe)

Bund plädiert für schnelle Reg-Mittel-Novelle

Diesen Wunsch äußerte Verkehrsstaatssekretär Enak Ferlemann anlässlich der 2. und 3. Lesung der Novelle des Regionalisierungsgesetzes im Bundestag Ende vergangener Woche. Er erinnerte daran, dass der Bund die erhöhten Mittel erst auszahlen kann, wenn auch der Bundesrat abschließend zugestimmt hat. Er plädierte daher dafür, die Novelle schon auf die Tagesordnung der Bundesratssitzung am 25. November zu setzen. Es sei auch im Interesse der Länder, dass sie die rückwirkend zum 1. Janur 2016 erhöhten Mittel noch im Haushalt 2016 vereinnahmen können. (roe)

Aufgefischt 14.11.2016

Nachdem sich Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt lange gegen eine Strafverschärfung für illegale Autorennen gewehrt hat (siehe hier), geht er laut Bild nun mit einem eigenen Gesetzentwurf in die Offensive und kontert damit einen Ende September verabschiedeten Gesetzentwurf des Bundesrates (siehe hier).

Das Bundesfinanzministerium will die geplante Autobahngesellschaft laut Spiegel für eine private Minderheitsbeteiligung öffnen, berichtet der Spiegel. Es steht damit im Wiederspruch zu den Vorstellungen des BMVI, das auf einer rein staatlichen Gesellschaft beharrt.

Erste durchgesickerte Ergebnisse aus der CO2-Nachprüfung des Kraftfahrt-Bundesamtes liegen der Süddeutschen Zeitung vor. Danach sind bei mehreren Herstellern deutliche Abweichungen von den offiziellen Angaben nach oben festgestellt worden, darunter auch erneut VW. Einen Termin für die Vorlage des offiziellen Abschlussberichts wollte das BMVI nicht nennen.

Um den Fahrgastansturm auf der 1996 dank kommunaler Initiative reaktivierten „Schönbuchbahn“ Böblingen-Dettenhausen bewältigen zu können, wird die Strecke bis 2018 elektrifiziert, teilt das Landesverkehrsministerium mit. Die Bundesbahn hatte den Personenverkehr 1979 „mangels Nachfrage“ eingestellt.

Zuguterletzt: Der Mietradanbieter Nextbike wehrt sich laut eigener Mitteilung gegen die seiner Ansicht nach nur dank staatlicher Finanzspritzen ermöglichte Konkurrenz durch die DB-Tochter Callabike in Berlin (siehe auch Verkehrsbrief-Newsletter vom 7. November, „Kein Konzern wie jeder andere“). Flankiert wird die Kampagne von entsprechend dekorierten Nextbike-Rädern, hier am Montagmorgen am Berliner Hauptbahnhof (Foto Thomas Rietig):

Nextbike

Einigung auf Klimaschutzplan

Die Herausforderung für den Verkehrssektor liegt darin, das sich das Minderung auf 15 Jahre zusammenballt: Bis 2030 wird vom Stand 2014 mit 160 Mio. t CO2 eine Minderung auf 95-98 Mio. t verlangt, also minus 40 Prozent. Unter dem Gesichtspunkt der CO2-Minderung waren die Jahre 1990 (163 Mio. t CO2) bis 2014 ein verschenktes Vierteljahrhundert, in dem fast sämtliche Effizienzgewinne durch das Verkehrswachstum aufgezehrt wurden. Das Konzept wurde über das Wochenende im schriftlichen Umlaufverfahren vom Kabinett verabschiedet.

Diesel ist „out“

Bemerkenswert gegenüber der Entwurfsfassung von Anfang September ist, dass der Satz „Darüber hinaus leistet der Dieselantrieb weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der CO2-Ziele“ ersatzlos gestrichen wurde. Dem Verbrennungsmotor wird nur noch eine Rolle in Verbindung mit strombasierten Kraftstoffen und fortschrittlichen Biokraftstoffen zugebilligt.

Anders als im Entwurf angekündigt verzichtet die Regierung aber darauf, einen Zielwert für die geplante EU-Verordnung für künftige CO2-Grenzwerte von Neuwagen zu nennen. Ebenfalls nicht mehr erwähnt wird das Vorhaben, 2020 konkrete Minderungsziele für Pkw vorzugeben.

Breitere Instrumentenpaletten

Bei schweren Nutzfahrzeugen wird der Instrumentenkasten erweitert: Neben Hybridisierung und Elektro-Lkw werden jetzt auch Wasserstoff, Flüssigerdgas (LNG) und Methan aus erneuerbaren Energien genannt. Ebenfalls Eingang gefunden hat das „Platooning“ (elektronische Kopplung von Lkw). Als Hinweis auf den Lang-Lkw könnte der Punkt „ Anpassungen der Fahrzeuglänge“ verstanden werden.

Gut eine Seite ist eingefügt worden, auf der das BMVI seine bisherigen Aktivitäten vorstellt, von der Mobilitäts- und Kraftstoff-Strategie (MKS) über den Strategierahmen für Tank- und Ladeinfrastruktur und Nationales Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) bis hin zum digitalen Testfeld Autobahn.

Klimaschutzkonzept Straßenverkehr 2030

Wie schon in der Vorgängerversion verpflichtet sich der Bund zu einem Klimaschutzkonzept Straßenverkehr 2030, wenn auch ohne Termin für die Vorlage. Gestrichen wurde hier die Absicht, Klimaschutzaspekte bei der Infrastrukturplanung zu beleuchten.

Mehr Raum für Schiene

Eingefügt wurde ein Absatz, in dem sich die Regierung verpflichtet, ein Konzept zum Schienenverkehr 2030/2050 entwickeln – wenn auch ohne Termin für die Vorlage. Darin soll eine netzweite Vertaktung von Schienenpersonenfern- und -nahverkehr geprüft werden und ob sich durch einen forcierten Infrastrukturausbau Güterverkehre auf die Schiene verlagert lassen.

Folgenabschätzung klar zugeordnet

Ein deutliches Zugeständnis an die Wirtschaft dürfte sein, dass die Kommission zur Folgenabschätzung („Wachstum, Strukturwandel und Regionalentwicklung“) beim Bundeswirtschaftsministerium angesiedelt wird. In der Vorgängerversion war von der Bundesregierung allgemein die Rede. Die Kommission soll „unter Einbindung weiterer Ressorts sowie von Ländern, Kommunen, Gewerkschaften, Vertreter betroffener Unternehmen und Branchen sowie regionalen Akteuren“ ihre Arbeit Anfang 2018 aufnehmen und Ergebnisse möglichst bis Ende 2018 vorlegen.

Regierung erspart sich Zeitdruck

Auffällig ist, dass selbst die verbliebenen Zeitziele für die aktuelle Regierung selbst gestrichen worden sind. So war laut Entwurf von Anfang September geplant, bis Mitte 2017 „die Anreiz- und die Lenkungswirkung derzeit bestehender, hoheitlich veranlasster Energiepreisbestandteile in Form von Abgaben, Umlagen und Steuern überprüfen“. Das Datum fehlt jetzt.

Im Verkehrskapitel selbst wird nur noch von einem Prüfauftrag zur aufkommensneutralen Weiterentwicklung der Abgaben und Umlagen im Bereich des Verkehrs gesprochen. In Entwurf war ein solches Konzept verbindlich angekündigt worden.

BUND und DVF streiten über halb befüllte Gläser

Der Umweltschutzverband BUND erklärte, Sektorziele für den Verkehr und die Landwirtschaft seien zwar ein Anfang, müssten aber rasch mit Maßnahmen unterlegt werden. „Mit einem Minderungsziel von 40 Prozent CO2 bis 2030 kommt zwar endlich auch dem Verkehrssektor eine angemessene klimapolitische Gewichtung zu, der Weg zu einer nahezu vollständig dekarbonisierten Mobilität ist aber noch weit und muss auch den Schiffs- und Flugverkehr mit strengen Klimazielen in die Pflicht nehmen“, erklärte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Die Minderungsstrategie im Verkehr setze zu sehr auf die Beibehaltung alter Mobilitätsformen mit neuen Antrieben, statt konsequent eine echte Verkehrswende einzuleiten.

Das Deutsche Verkehrsforum sprach hingegen von einer „extremen Herausforderung für den Verkehrssektor“. Der Präsidiumsvorsitzende Ulrich Nußbaum forderte, Klimaschutzziele müssten wirtschaftlich und technologisch machbar sein. „Die Bundesregierung sollte nicht versuchen, Emissionsreduktionen im Verkehrssektor durch kurzfristige regulatorische Eingriffe zu erzwingen–“, sagte er. Notwendig ist eine intelligente Mischung aus Marktanreizen, einer konsequenten Innovationsförderung und gezielten Verbesserungen der Struktur unseres Verkehrssystems.“ Schienenverkehr und ÖPNV müssten mit Nachdruck unterstützt werden müssten, wenn der Klimaschutz im Verkehrssektor gelingen soll. Kritisch sieht das DVF die pauschale Forderung im allgemeinen Kapitel, „umweltschädliche Subventionen“ abzubauen. Das sei ein Freibrief für einseitige Belastungen, konkret des Straßengüterverkehrs und des Luftverkehrs.(roe)

KBA soll Verkauf nichtkonformer Diesel verbieten

Das hat der Umweltverband BUND beim KBA offiziell beantragt. Der Antrag betreffe zunächst 26 Modelle der Marken Audi, BMW, Dacia, Ford, Honda, Hyundai, Jaguar, Land Rover, Mazda, Mercedes Benz, Opel, Peugeot, Porsche, Renault, Suzuki, Volkswagen und Volvo, die im Bericht der Abgas-Untersuchungskommission des BMVI beim RDE-Test deutlich über den Grenzwerten für NOx lagen. Der BUND gehe aber davon aus, dass eine Reihe weiterer Fahrzeuge anderer Hersteller ebenfalls betroffen ist.

Ein Verkauf dieser Fahrzeuge dürfe erst wieder erfolgen, wenn die Fahrzeuge so nachgebessert seien, dass die Einhaltung des Emissionsgrenzwertes von 80mg Stickoxid/km im realen Fahrbetrieb sichergestellt und nachgewiesen sei, erklärte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.

Zur rechtlichen Begründung sagte die vom BUND beauftragte Anwältin Cornelia Ziehm, das KBA sei unmittelbar nach Artikel 10 Absatz 5 der EG-Verordnung 715/2007 verpflichtet, den Verkauf von Neufahrzeugen zu untersagen, die die Grenzwerte nicht einhalten – unabhängig von der Frage der Typgenehmigung. „Sollte das KBA unserem Antrag nicht entsprechen, werden wir weitere rechtliche Schritte prüfen“, drohte Weiger.

Abgas-Untersuchungsausschuss tappt weiter im Nebel

Unterdessen ist auch nach einer weitere Runde von Zeugenvernehmungen im Abgasskandal-Untersuchungsausschuss offen, ob das BMVI oder nachgeordnete Behörden Abgasmanipulationen bewusst vertuscht haben.

Axel Friedrich, bis 2007 Abteilungsleiter im Umweltbundesamt (UBA) und heute als Berater für die Deutsche Umwelthilfe (DUH) aktiv, wiederholte seine bekannten Vorwürfe, dass Bundesverkehrsministerium sei Hinweisen auf Manipulationen nicht nachgegangen. Abschalteinrichtungen gebe es schon sehr lange. „Das ist keine neue Sache“, sagte er laut Bundestags-Informationsdienst HIB. Nach Mess-Auffälligkeiten an einem Euro-6-VW Passat mit der Euro-Norm 6 habe die DUH im Februar 2011 in einem Gespräch das damalige BMVBS darauf hingewiesen, dass die Daten geeignet seien, von einer Abschalteinrichtung auszugehen. Der Verdacht sei „extrem groß“ gewesen. Er habe gehofft, dass die Hinweise eigene Messungen durch das Ministerium auslösten. Das sei aber nicht geschehen.

KBA-Vertreter verneinten indessen, die Möglichkeit von Abschalteinrichtungen zur Manipulation der Abgasemissionen bis zum VW-Skandal in Betracht gezogen zu haben. Für großflächigeNachprüfungen fehlten zudem die Kapazitäten. Jährlich würden 100.000 Genehmigungen für Fahrzeuge und Bauteile erteilt, aber nur 50 Nachprüfungen vorgenommen. Bekannt gewesen sei, dass die Emissionen im Realbetrieb über den Grenzwerten lagen, die für die Messungen nach dem NEFZ-Prüfzyklus auf dem Rollenprüfstand maßgeblich sind.

KBA-Abteilungsleiter Mark Wummel wie auch Axel Friedrich forderten, die EU-Abgasvorschriften präziser zu fassen. (roe)

Externer Link: Erläuterung des BUND zum Antrag auf Verkaufsstopp