Lieber der Bürger schimpft auf ein böses Gericht als auf die böse Politik: Das dürfte der wahre Grund sein, warum sich die Mehrheit der Länder beim Thema Blaue Plakette nicht bewegt. Wer sich jetzt – noch vor die ersten rechtskräftigen Fahrverbots-Urteile vorliegen – aus der Deckung traut, ohne Grünen-Politiker zu sein, riskiert einen Shitstorm der eigenen Basis. Denn jeder dieselfahrende Bürger könnte sofort sehen, wieviel sein Auto noch wert ist.
Ebenso leicht lässt sich aber vorhersagen, dass die Blaue Plakette geschmeidig bis hektisch durchrutscht, sobald die ersten ein oder zwei Fahrverbots-Urteile vorliegen. Erstens wird es genug Bürger geben, die mit gutem Recht fragen, warum sie mit ihrem teuer erworbenen und RDE-tauglichen Euro-6-Diesel genauso unter ein pauschales Diesel-Fahrverbot fallen wie der Nachbar mit seinem dubiosen Euro-5-Stinkediesel. Zweitens werden die betroffenen Städte dringend ein einfaches Differenzierungsinstrument benötigen, um „erlaubte“ von „verbotenen“ Diesel-Fahrzeugen zu unterscheiden.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass sich selbst die Arbeitsebene im BMVI auf eine wie auch immer gefärbte Plakettenlösung einstellt. Spätestens nach Abschluss der vom KBA genehmigten oder zumindesten beobachteten Software-Updates wird es möglich sein, nach Realemissionen zu differenzieren. Das ist dann im übrigen auch die Stunde der Wahrheit für diejenigen Pkw-Importeure, die sich bisher jeglichen Software-Updates verweigert haben. (roe)