ANALYSE: Klimaschutzplan 2050 dokumentiert Ratlosigkeit

Von einer „Blaupause für die Deindustrialisierung Deutschlands“ wird in Wirtschaftsverbänden gesprochen, wenn die Sprache auf Entwurf für den Klimaschutzplan 2050 kommt, der in der vergangenen Woche aus dem Bundesumweltministerium (BMUB) durchgestochen wurde. Tatsächlich dokumentiert das Papier zumindest für den Bereich Verkehr, dass auch das BMUB im Grunde ratlos ist, wie die in Paris vereinbarte Klimawende in diesem Sektor umgesetzt werden kann.

Wirklich konkret wird es nur dann, wenn die Tonnenziele für die Meilensteinjahr 2020, 2030 und 2050 beziffert werden: Das sind 137 Mio. t CO2-Äquivalente für 2020, 90-100 Mio. t für 2030 und für 2050 eine fast vollständige Unabhängigkeit von fossilen Kraftstoffen. Aktuell ist der Verkehr für rund 160 Mio. t verantwortlich.

Zwischenziel 2020: Hausaufgaben werden als „erledigt“ unterstellt

Um den Meilenstein 2020 zu erreichen, setzt das BMUB auf eine „zügige und sehr ambitionierte Umsetzung der bisher beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen – einschließlich der des Aktionsprogramms Klimaschutz 2020 und des Nationalen Aktionsplans Energieeffizienz“. Tatsächlich lässt die Umsetzung des im Dezember 2014 verabschiedeten Aktionsprogramms Klimaschutz auf sich warten:

  • Von der für 2016 versprochenen Förderung von Hybrid-Lkw ist nichts zu sehen
  • Die Lkw-Mautsätze sollen laut Gesetzentwurf des BMVI auch ab 2018 nicht nach dem Verbrauch gestaffelt werden
  • Das Carsharing-Gesetz ist noch weit von der Verabschiedung entfernt
  • Die Landstromversorgung von Schiffen wird bis heute durch die EEG-Umlage konterkariert
  • Dass ein Ausbau der Schiene für den Güterverkehr angesichts der heutigen Planungsvorläufe schon 2020 CO2-Einsparungen bringt, sollte schon damals niemand wirklich erwartet haben.

Zusätzliche Erschwernis für die Verlagerung von der CO2-lastigen Straße auf andere Verkehrsträger bedeuten die damals nicht erwarteten niedrigen Rohölpreise.

Zwischenziel 2030: Hauptlast trägt die Straße

Bis spätestens Sommer 2017 soll die Regierung ein Konzept zur Reduktion der Treibhausgas-Emissionen des Straßenverkehrs bis 2030 um mindestens 40 Prozent gegenüber 2005 vorlegen.

Für dieses Zwischenziel müssen nach Einschätzung des BMUB die Emissionen des Pkw je Fahrzeugkilometer um 45 Prozent gegenüber 2010 sinken, beim Lkw um 53 Prozent. Das ist aber nicht gleichbedeutend mit einer Verbrauchssenkung: „Die notwendige THG-Minderung des Straßenverkehrs wird dabei durch die Kombination aus der Effizienzsteigerung der Fahrzeuge und dem verstärkten Einsatz THG-neutraler Energie erreicht.“ – also zum Beispiel aus Grünstrom. Verwiesen wird auf die Plug-In-Hybride. Anekdotische Evidenz aus Kreisen von Firmenwagennutzern lässt allerdings vermuten, dass die Plug-in-Hybrid-Pkw aus Bequemlichkeitsgründen derzeit überwiegend im Verbrennermodus betrieben werden.

Dieselprivilegien im Visier

Bei Einschluss der Plug-In-Hybride gehe die Bundesregierung davon aus, dass das Ziel von sechs Millionen Elektrofahrzeugen im Jahr 2030 „deutlich übertroffen“ werde – sechs Millionen sind aber nur rund ein Siebtel des deutschen Pkw-Bestandes. Um den Umstieg auf Elektroantrieb haushaltsneutral stützen zu können, will das BMUB die Steuerprivilegien für Diesel schrittweise abschaffen.

EEG-Umlage für Bahnen vor dem Aus?

Ebenfalls bis Sommer 2017 soll die Regierung ein Konzept zur Umgestaltung aller Abgaben und Umlagen im Verkehr vorlegen. Ziel sind Anreize für die Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel und Strom aus erneuerbaren Energien. Die ausdrückliche Erwähnung des Wortes „Umlagen“ dürfte im Bahnsektor Hoffnung keimen lassen, dass die EEG-Umlage für elektrische Schienenbahnen fällt.

Bringt das BMUB den Lang-Lkw auf die Tagesordnung?

Für schwere Lkw auf konventioneller Basis – allerdings schon unter Einschluss von Hybridisierung – sieht das BMUB noch ein Potenzial von 30 Prozent Effizienzsteigerung bis 2030. Unter den aufgeführten Optionen wird auch eine „Anpassung der Fahrzeuglänge“ genannt – ob damit der Lang-Lkw gemeint ist, bleibt offen. Langfristig benötige aber auch der schwere Lkw elektrische Antriebe. „Diese werden derzeit schon bei schweren Nutzfahrzeugen im regionalen Lieferverkehr erprobt.“ Dass ausgerechnet die großen Lkw-Hersteller bei diesem Thema kein Engagement zeigen, wird nicht erwähnt.

Bundesmobilitätsplan statt BVWP

Als Prüfauftrag formuliert das BMUB einen verkehrsträgerübergreifenden „Bundesmobilitätsplan“, der dann auch Luftverkehrskonzept, Nationales Hafenkonzept und Aktionsplan Güterverkehr integriert. Die Bürger sollten „angemessen informiert und beteiligt werden“ – eine eindeutige Spitze des BMUB gegen die Öffentlichkeitsbeteiligung beim BVWP. Der „Bundesmobilitätsplan“ trägt eindeutig die Züge des von den Grünen propagierten „Bundesnetzplans“.

„Leitbild 2050“: Ein Baustein ist Verkehrsverminderung

Das Ziel der annähernden Treibhausgasneutralität 2050 soll nach Vorstellungen des BMUB zu einem Teil durch Verkehrsverminderung erreicht werden. Dazu sollen zum Beispiel Wohnen und Arbeiten näher zusammenrücken, es wird mehr von zu Hause aus gearbeitet, und kürzere Wege in verdichteten Städten erleichtern das Umsteigen auf Rad- und Fußverkehr. Dann heißt es jedoch : „Im Bereich der Logistik sind Prozesse weiter optimiert und somit die Zahl der notwendigen Transporte verringert worden.“ Wie das angesichts von E-Commerce und der sonstigen Atomisierung der Sendungsgrößen funktionieren soll, wird nicht weiter ausgeführt.

Vollständige Elektrifizierung angestrebt

Einen weiteren Beitrag zur Emissionsminderung erhofft sich das BMUB von einer Umstellung der Energiebasis. „Die Energieversorgung des Straßen- und Schienenverkehrs sowie Teile des Luft- und Schiffverkehrs sind weitgehend auf Strom aus erneuerbaren Energien umgestellt. So ist es möglich, auch lange Strecken, die weiterhin motorisierte Verkehrsmittel erfordern, ohne energiebedingte Treibhausgasemissionen zurückzulegen.“ Dort, wo Strom nicht direkt im Verkehrsmittel verwendet kann, wird er zur Herstellung von Wasserstoff für Brennstoffzellen oder zur Herstellung von Flüssigkraftstoffen („Power to Liquid“) verwendet. 

Ausgeklammert wird offenbar die Frage, wie mit dem zum Teil wesentlich höheren Energieaufwand für die Herstellung „klimafreundlicher“ Verkehrsmittel umgegangen werden soll. Für einen Tesla S werden laut einer Modellrechnung (Welt vom 4.5.2016) bei Herstellung und Außerbetriebnahme 21t CO2 veranschlagt, für einen vergleichbaren Verbrenner 7t. (roe)

(roe)

Mehr Strecken für Lang-Lkw zugelassen

Das BMVI hat am Montag die schon länger erwartete sechste Änderung der Positiv-Streckenliste für den Lang-Lkw-Feldversuch im Bundesanzeiger verkündet. Sie tritt anderslautenden Agenturberichten zum Trotz erst an Dienstag in Kraft.

Neues am Feldversuch beteiligt sich jetzt Brandenburg. Niedersachsen hat entgegen dem rot-grünen Koalitionsvertrag neue Strecken gemeldet (siehe auch hier). Aktuell beteiligen sich nach Angaben der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) 56 Unternehmen mit 145 Lang-Lkw an dem Versuch. (roe)

Verwirrung um barrierefreien Ausbau kleiner Bahnhöfe

Das BMVI teilte auf Anfrage des Verkehrsbriefs noch am Mittwoch mit, dass die Projektauswahl und die Finanzierungsvereinbarungen zwischen DB und Bund, sowie zwischen DB und den jeweiligen Ländern noch nicht abgeschlossen seien. Am gleichen Tag jedoch hat der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir bekanntgegeben, welche 24 von 25 angemeldeten Projekten den Zuschlag bekommen haben.

Darüber hinaus hat das Ministerium eine nach Bundesländern gegliederte Liste mit der Zahl der beantragten und bewilligten Projekte veröffentlicht.

Bundesland vorgeschlagen Ins Programm aufgenommen
Baden-Württemberg 33 9
Bayern 24 13
Brandenburg 20 10
Hessen 25 24
Mecklenburg-Vorpommern 5 3
Niedersachsen 20 19
Nordrhein-Westfalen 21 16
Rheinland-Pfalz 16 15
Saarland 4 2
Sachsen 45 23
Sachsen-Anhalt 6 5
Schleswig-Holstein 4 3
Thüringen 9 4
Summe 235 146
Quelle: Landesverkehrsministerium Hessen
Widersprüchliche Zahlen aus den Ländern

Unklar ist, warum das niedersächsische Verkehrsministerium bereits Mitte April 16 bewilligte Projekte verkündet hat, in der von Hessen veröffentlichten Liste nun aber mit 19 Projekten auftaucht. Das BMVI hatte auch schon damals auf nicht abgeschlossene Verhandlungen mit DB und Ländern verwiesen.

Fördervolumen aufgestockt?

Wie das Landesverkehrsministerium ganz nebenbei mitteilte, betrage das Gesamtfördervolumen des Bundes 80 Mio. EUR. Auf eine Nachfrage, ob das laut BMVI mit 50 Mio. EUR dotierte Programm also aufgestockt worden sei, reagierte das Wiesbadener Ministerium mit dem Hinweis, diese Frage sei an das BMVI zu richten. (roe)

Peter Hübner soll neuer HDB-Präsident werden

Wie der Verband in der vergangenen Woche bekannt gab, hat das Präsidium beschlossen, eine entsprechende Empfehlung für die Mitgliederversammlung am 2. Juni auszusprechen. Der bisherige Amtsinhaber Thomas Baur stehe nach fünfjähriger Amtszeit für eine Wiederwahl nicht mehr zur Verfügung.

Dipl.-Ing. Peter Hübner ist seit April 2013 Mitglied des Vorstands der Strabag AG, Köln. Seine berufliche Karriere begann 1986 bei Bilfinger Berger. 1990 wechselte Hübner zur Hermann Kirchner Bauunternehmung, wo er zuletzt als Geschäftsführer tätig war. 2012 wechselte er zur Strabag AG, wo unter anderem geschäftsführend für die Tochtergesellschaften in Deutschland, den Niederlanden und Dänemark verantwortlich war, bevor er in den Vorstand wechselte. (roe)

Aufgefischt 9.5.2016

Nach einem Bericht der Welt sollen sich Verkehrs-, Wirtschafts- und Finanzministerium darauf geeinigt haben, dass eine künftige Bundesfernstraßengesellschaft nur für die Autobahnen zuständig sein soll.

Die Fechinger Talbrücke soll nach der Verstärkung der Pfeiler Mitte Mai wieder freigegeben werden – zumindest für den Pkw-Verkehr. Zum Jahresende sollen auch wieder Lkw fahren dürfen. Das berichtet unter anderem die Saarbrücker Zeitung.

Hessen Mobil lässt laut Hessisch-Niedersächsischer Allgemeine die Kostenschätzung für den Abschnitt der A44 östlich Kassel aktualisieren und auch noch einmal Varianten prüfen. Ein Gutachten im Auftrag einer Bürgerinitiative zweifelt die bisherigen Kalkulationen an und wirbt für eine „Südumgehung“ Kassels.

NRW-Verkehrsminister Michael Groschek wirbt in einem großen Interview mit der Welt für eine Rheinvertiefung auch südlich von Dormagen, Brückenanhebung für zweilagige Containerschifffahrt im westdeutschen Kanalgebiet und einen sechsgleisigen Ausbau des RRX-Korridors vom Ruhrgebiet über Düsseldorf nach Köln.

Einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa zufolge (unter anderem bei der Neuen Osnabrücker Zeitung) soll am Montag die sechste Erweiterung der Positiv-Streckenliste für den Lang-Lkw in Kraft getreten sein (siehe auch hier). Sie ist jedoch noch nicht im Bundesanzeiger veröffentlicht worden. (roe)

DB verfehlt LuFV-Ziel – jetzt droht Strafe

Wie aus dem jüngsten Infrastrukturzustandsbericht der DB hervorgeht, betrug der theoretische Fahrzeitverlust im vergangenen Jahr 420 Minuten. Zulässig sind aber nur 356 Minuten. Laut LuFV muss die DB für jede Minute zuviel 3 Mio. EUR Vertragstrafe zahlen, im konkreten Fall also 192 Mio. EUR. Allerdings sieht § 17.4 vor, dass bei Verfehlung einer Qualitätskennziffer die Strafzahlung auf 15 Mio. EUR gedeckelt ist.

Die Überschreitung wird laut DB maßgeblich durch den südlichen Berliner Innenring verursacht, der mit 104 Minuten zu Buche schlage. Die Strecke wurde jahrzehntelang nur für die „letzte Meile“ genutzt, soll jetzt aber wieder durchgehende Güterzüge aufnehmen. Der Zielwert für die Regionalnetze von 144 Minuten wurde mit 106 Minuten klar erreicht.

Theoretischer Fahrzeitverlust im Vergleich

2015 Soll 2015 Ist 2014 Ist
Fern- und Ballungsraumnetz (nicht festgelegt) 314 389
Regionalnetze 144 106 116
Gesamt 356 420 495

Hinweis: Wegen einer neuen Methodik sind die Daten zum Fahrzeitverlust zwischen LuFV I und LuFV II nicht uneingeschränkt vergleichbar.

Weitere fünf sanktionsbewehrte Qualitätskennziffern zur Anlagen- und Bahnsteigqualität sowie zur Energieversorgung hat die DB erfüllt. Ein Vergleich mit 2014 ist allerdings wegen einer neuen Methodik kaum möglich. Die neu eingeführte Qualitätskennziffer zum Brückenzustand wird erst zum Ende der LuFV-Laufzeit ausgewertet.

Störungsbeseitigung dauert länger

Ein zwiespältiges Bild ergibt sich bei den weiteren – nicht sanktionsbewehrten – Qualitätskennziffern. So hat die Zahl der Störungen zwar stagniert, die Dauer bis zur Beseitigung von Störungen der beiden höchsten Prioritätsstufen ist aber von 9,2 Mio Minuten/Jahr auf den 9,7 gestiegen, den höchsten Wert seit Einführung der LuFV 2009. Die DB nennt als Grund die Zunahme von Störungen durch extremes Wetter, was auch die Anfahrtzeiten verlängert habe.

Deutlich angestiegen sind auch die netzbedingten Verspätungen, und zwar von 12,5 auf 13,88 Minuten je 1000 Zugkilometer. Sie machen aber nur 8 Prozent aller Verspätungsminuten aus, der Rest entfiel auf die Eisenbahnverkehrsunternehmen oder externe Einflüsse. Hauptursachen für netzbedingte Verspätungen waren Baustellen (6,22 Minuten); Leit- und Sicherungstechnik einschließlich Weichen (2,69 Minuten) und schließlich Fahrbahnstörungen, zum Beispiel Gleislagefehler (0,93 Minuten).

Brücken altern weiter

Unübersehbar ist der Erneuerungsstau bei den Brücken. Das Durchschnittsalter ist 2015 auf 57,4 Jahre gestiegen. 2008 waren es 54 Jahre. Um das Durchschnittsalter zu halten, müssten also jedes Jahr fast doppelt so viele Brücken ersetzt werden wie es heute geschieht.

Die durchschnittliche Zustandsnote 2,05 stagniert trotzdem seit 2009 bei 2,05; ebensowenig hat sich die Notenverteilung verändert. Unterschiede gibt aber bei den Bauarten: Die überdurchschnittlich alten Bauarten Gewölbebrücke, Walzträger in Beton und Stahlbrücke haben sich im Gesamtzeitraum um 0,05 bis 0,09 Punkte verschlechtert.

Kontinuierlich verbessert hat sich der Zustand der Tunnel, wo die Zustandsnote jetzt 1,72 beträgt. 2009 war es 1,89.

Noch im 2. Quartal 2016 sollen laut Bericht weitere Qualitätskennziffern zwischen Bund und DB vereinbart werden.

Finanzziele erfüllt

Wie schon in den Vorjahren hat die DB auch 2015 mehr Eigenmittel für den Erhalt des Netzes ausgegeben als die LuFV vorsieht.

Finanzkennziffern

Soll Ist Ist 2014
Ersatzinvestitionen 3350 3450 3310
Eigenbeitrag Erhaltungsinvestitionen 100 288 560
DB-eigener Instandhaltungsbeitrag 1500 1720 1650

(roe)

Externer Link: Infrastrukturzustandsbericht der DB

Neue Verkehrsstaatssekretärin in Brandenburg

Die aus Rostock stammende Juristin war nach der 2. Staatsprüfung zunächst in der Stadtverwaltung Cottbus und dem Amt Neuhausen/Spree tätig, bevor sie als selbstständige Rechtsanwältin vorübergehend nach Niedersachsen ging. Anschließend übernahm sie in der Stadt Falkensee das Amt der Beigeordneten und die Leitung des Dezernats Bürgeramt, Ordnungsangelegenheiten und Schulverwaltung. Zudem war Ines Jesse in verschiedenen Gremien des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg aktiv. Jesse ist seit 2005 Mitglied der SPD.

Aufgefischt 4.5.2016

Die Stuttgarter Online-Wochenzeitung Kontext geht Umgereimtheiten bei den BVWP-Straßenbauprojekten im Großraum Stuttgart nach, unter anderem dem vom Land nicht angemeldeten, aber vom BMVI selbst aufgenommenen Nordost-Ring (B29).

Die Welt lässt in einem Gastkommentar des dänischen Zukunftsforscher Björn Lomborg die CO2-Bilanz von Elektroautos und Verbrennern über den gesamten Lebensszyklus beleuchten.

Auf einem Klinikgelände in Chemnitz wird ein fahrerloser (Kleinst-) Bus getestet, berichtet das Chemnitzer Fernsehen. (roe)

ÖPNV ist von reiner Nutzerfinanzierung noch weit entfernt

Kosten für Buskilometer stagnieren

Die größte Kostensteigerung je Fahrzeugkilometer mit durchschnittlich 3,4 Prozent/Jahr hatte der SPNV zu verbuchen. 2012 kostete der Zugkilometer 16,77 EUR. Mit deutlichem Abstand folgen die kommunalen und gemischtwirtschaftlichen Unternehmen, bei denen die Kosten um 1,2 Prozent/Jahr auf zuletzt 6,46 EUR/km gestiegen sind. Die hoch anmutenden Kosten sind durch die zahlreichen Straßenbahn- und U-Bahn-Betrieben mit hohen Infrastrukturkosten bedingt. Private und DB-Busunternehmen stagnierten hingegen bei rund 2,60 EUR und verzeichneten aufgrund des harten Wettbewerbs zwischenzeitlich sogar einen Rückgang auf 2,40 EUR.

Fahrgäste im städtischen ÖPNV am teuersten

Bei einer Betrachtung der Kosten je Personenkilometer liegen allerdings die kommunalen Unternehmen mit 29 Cent an der Spitze. An zweiter Stelle liegt der SPNV mit 21 Cent/Pkm, gefolgt vom Bus mit 17 Cent/Pkm.

Aus unternehmerischer Sicht defizitär sind lediglich die kommunalen Unternehmen, die je Fahrzeug-km nur 6,28 EUR Erträge – einschließlich Verlustausgleich! – erwirtschafteten. Die SPNV-Unternehmen erwirtschafteten 6,6 Prozent Gewinn je Fahrzeug-km, die Busunternehmen erreichten 2,3 Prozent.

Vor allem der SPNV hängt am Tropf der öffentlichen Hand

Trotz des im Berichtszeitraum gestiegenen Anteils der Erlöse aus Fahrscheinverkäufen in allen drei Gruppen machten im SPNV Leistungen der öffentlichen Hand – vor allem die Bestellerentgelte – rund 55 Prozent der Erträge aus. Bei den kommunalen Unternehmen war es ein Drittel, bei den Busunternehmen 20 Prozent.

Die vergleichsweise geringe Zuschussbedürftigkeit des Busses spiegelt sich auch im Anteil der Einnahmen aus dem Fahrausweisverkauf von 52 Prozent an den Gesamtkosten wieder. Die kommunalen Unternehmen kamen immerhin auf 46 Prozent, der SPNV auf 37 Prozent.

15-17 Mrd. EUR jährlich vom Steuerzahler

Die Leistungen der öffentlichen Hand zugunsten des ÖPNV werden in dem Bericht für das Jahr 2012 je nach Abgrenzung auf 15,3 bis 16,8 Mrd. EUR beziffert. Den größten Anteil steuert mit 9,3 bis 10,8 Mrd. EUR der Bund bei, wobei der Löwenanteil auf die Regionalisierungsmittel von damals 6,7 Mrd. EUR entfiel. An zweiter Stelle stehen die Kommunen mit 3,2 Mrd. EUR, gefolgt von den Ländern mit 2,5 Mrd. EUR. (roe)

Externer Link: Bericht der Bundesregierung

Privatgüterbahnen schlagen Aktionsplan vor

Der am Dienstag gemeinsam vom Privatbahnverband NEE und dem Autor Prof. Markus Hecht (TU Berlin) vorgestellte Maßnahmenkatalog setzt zum einen Effizienzsteigerung der Schiene, um so ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der Schiene zu steigern. Zum anderen geht es um eine Dekarbonisierung des Eisenbahnverkehrs selbst. Hecht schlägt unter anderem vor:

  • Taktfahrplan: Durch einen umfassenden Taktfahrplan für Güter- und Personenverkehr ließe sich die Kapazität des Netzes steigern (Beispiel Schweiz)

  • Vermeidung von Umwegverkehren: Einzelwagenverkehre sind heute wegen großer Umwege über die zwei Handvoll großen Rangierbahnhöfe mit Ablaufbergen unwirtschaftlich und nicht konkurrenzfähig. Die früher oder später ohnehin erforderliche Ausrüstung der Güterwagen mit (eigener) Stromversorgung könnte aber auch eine automatische Bremsprobe und eine Dezentralisierung des Rangierbetriebs ermöglichen, erläuterte Hecht.

  • Energierückspeisung: Im elektrischen Betrieb wird mögliches Rückspeisepotenzial heute dadurch verschenkt, dass die kurzen Abstände zwischen Vor- und Hauptsignal den Einsatz der Druckluftbremse erzwingen. Würde die Signaltechnik „vorausschauendes Fahren“ ermöglichen, könnte ein größerer Teil der Bremsleistung mit der E-Bremse erbracht werden.

  • Hybridlokomotiven: Wenn die erste bzw. letzte Meile nicht elektrifiziert ist, wird heute wegen des Aufwands für den Lokwechsel oft auch der Hauptlauf mit Dieselloks gefahren. Zum Nachteil des fossilen Brennstoffs kommt hinzu, dass Dieselloks keine Bremsenergie zurückspeisen können. Hybridloks könnten für Abhilfe sorgen, kosten nach Angaben des NEE-Vorstandsvorsitzenden Ludolf Kerkeling aber 25-30 Prozent mehr als Standard-E-Loks. Selbst beim aktuellen DB-Strommix würde eine Hybridlok auf einer typischen 500km langen Strecke den CO-Ausstoß gegenüber einer Diesellok auf 2,5 Prozent verringern.

  • Aerodynamische Optimierung der Wagen: Möglichkeiten sieht Hecht vor allem in Abdeckungen für leere offene Güterwagen.

  • Radialeinstellende Fahrwerke: Auf kurvenreichen Strecken lässt sich damit der Energieaufwand um 20 Prozent senken. Die Mehrkosten pro Wagen bezifferte Hecht auf 5 Prozent.

  • Leichtbau: Bei gleichem Fahrzeuggewicht kann mehr Nutzlast oder Antriebsleistung untergebracht werden.

  • Elektrifizierung: Hecht regte an, vom inzwischen exotischen Bahnstromsystem 16,67Hz/15kV auf den 50Hz-Standard zu wechseln. Energieverluste durch das Umrichten von Strom könnten dadurch vermieden werden, auch fiele der Aufwand für ein eigenes Bahnstrom-Überlandnetz weg. Die meisten heutigen Triebfahrzeuge seien entweder schon tauglich für 50Hz oder könnten mit geringem Aufwand umgerüstet werden.

  • Weichen-und Bahnsteigheizung durch Geothermie: Allein bei der DB werden 64.000 Weichen beheizt, vielfach mit Gas.

In Sachen automatischer Kupplung riet Hecht dazu, die Erfahrungen aus dem derzeitigen Versuch in der Schweiz abzuwarten.

Kerkeling forderte die Politik auf, dem Bekenntnis zur Verlagerung auf die Schiene Taten folgen zu lassen. Ein mögliche Handlungsfelder seien die Förderung von Hybridloks und die EEG-Umlage für elektrische Bahnen. Bei den Elektroautos werde viel Geld in eine Branche gesteckt, die hohe Gewinne erwirtschafte – für ein Produkt, dessen Beitrag zur Klimawende zweifelhaft sei. Bedauerlich sei, dass die Erfolge des Schienengüterverkehrs bei der Wettbewerbsbahnen in der öffentlichen Diskussion durch die Negativnachrichten von DB Cargo überlagert werden. (roe)

Externer Link: Studie „Beitrag des Schienengüterverkehrs zur Erreichung der Klimaschutzziele