Wasserstraßenmaut bleibt

Der zuständige BMVI-Abteilungsleiter Reinhard Klingen sagte in der vergangenen Woche auf einem Parlamentarischen Abend des Binnenschifffahrtsverbandes BDB, das Bundesgebührengesetz verlange unmissverständlich, dass für staatliche Leistungen ein Entgelt erhoben werden müsse. Das ändere sich auch nicht, wenn die erhobenen Gebühren von den Systemkosten zu einem großen Teil aufgezehrt würden. Es sei schon ein Zugeständnis, dass sich Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt dafür entschieden hätte, in einem Spezialgesetz für die Binnenschifffahrt vom Grundsatz der vollen Kostendeckung abzugehen. Kostendeckende Gebühren würden eine „verheerende Wirkung“ auf die Branche haben, räumte Klingen ein. Wenn die Gebühren aber im Sinne eines Finanzierungskreislauf wieder der Binnenschifffahrt zugute kämen, seien die Verkehrspolitiker sicher dafür zu haben.

Er kündigte an, dass die Binnenschifffahrt auf dem Weg zum Gesetz „auf Augenhöhe“ eingebunden werde. Denkbar wäre ein Beirat. Das Grundlagengutachten sei ausgeschrieben worde, es sei aber noch nicht vergeben.

Staats entsetzt über Zustand junger Bauwerke

Sorgen bereitet der Binnenschifffahrt weiter die marode Infrastruktur, was jüngst durch den Verkehrsinfrastrukturbericht erneut bestätigt worden ist. BDB-Präsident Martin Staats zeigte sich ratlos angesichts der Tatsache, dass laut Bericht in den kommenden zehn Jahren 100 Bauwerke ersetzt oder grundsaniert werden müssten, in den vergangenen zehn Jahren aber nur 20 geschafft worden sind. Besorgniserregend sei, dass schon nach 40 Jahren die ersten Schleusen am Main-Donau-Kanal saniert werden müssten.

Modell Bundeswehr für WSV?

Für den Engpass beim Planungspersonal sieht Klingen keine kurzfristige Lösung. Überall seien derzeit Bauingenieure gefragt. Auf Anregung des Haushaltsausschusses denkt die WSV derzeit darüber, ähnlich wie die Bundeswehr Interessenten das Studium zu finanzieren, wenn sie sich für eine gewisse Zeit bei der WSV verpflichten. Auch sollen Kapazitäten der Deges und der Rhein-Main-Donau AG genutzt werden. Dennoch würden auch dieses Jahr voraussichtlich nicht aller Mittel verbaut werden können. Er relativierte das allerdings: Sobald es Grünes Licht für die Elbvertiefung gebe, könnten mindestens 250 Mio. EUR quasi auf einen Schlag abfließen.

Neue Hoffnung für höhere Brücken im Westen

Bewegung gibt es beim Thema Brückenanhebungen für die zweilagige Containerschifffahrt im westdeutschen Kanalnetz. Diese waren im „Quick Scan“ für den BVWP 2030 wegen schlechter Nutzen-Kosten-Verhältnisse durchgefallen. „Wir werden uns mit diesem Thema noch einmal außerhalb des BVWP befassen müssen“, kündigte Klingen an. Nach Angaben aus Branchenkreisen spielt dabei eine Rolle, dass eine Reihe der Straßenbrücken über die Kanäle ohnehin bald ersetzt werden muss und zum anderen bei der NKV-Berechnung bestimmte Nutzenfaktoren außen vor geblieben sind.

Schiff statt Schiene

Klingen gab weiter bekannt, dass ein Gutachten zu Verlagerungspotenzialen auf dem Rhein auf den Weg gebracht worden sei. Die Binnenschifffahrt habe als einziger Verkehrsträger noch Kapazitäten frei, während die Schiene sowohl ein Kapazitäts- als auch ein Lärmproblem habe. Ein Fachworkshop zu diesem Thema sei für Juli geplant.

NRMM mit Härten

Im Streit um neue EU-Abgasnormen („NRMM“-Regeln ) drohen der Binnenschifffahrt weiter hohe Lasten. Zwar sei jetzt die Übertragung der Lkw-Norm Euro VI vom Tisch und stattdessen eine Übernahme der amerikanischen EPA-Norm im Gespräch, berichtete Staats. Allerdings sollen schon ab 2019 schärfere Auflagen zur Partikelminderung gelten. „Das ist weltfremd“, sagte er. Es drohe eine „Kubanisierung“ – alte Motoren werden solange wie möglich weiterbetrieben (siehe auch hier). Klingen berichtete, Deutschland habe sich bei Abstimmung im EU-Rat enthalten – Grund dürften die Meinungsunterschiede zwischen Umwelt- und Verkehrsministerium sein. „In der Binnenschifffahrt wird vieles nicht dadurch besser, dass sich die EU einmischt.“ Er ließ allerdings noch nicht alle Hoffnung fahren, dass sich eine Sperrminorität organisieren lässt. (roe)

Aufgefischt 17.5.2016

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt spricht sich in der Bild am Sonntag (nur Abo/Print) für mehr flexible Tempolimits auf den Autobahnen aus – anscheinend aber mit dem Hintergedanken, seinem baden-württembergischen Amtskollegen Winfried Hermann wegen seiner Tempo-120-Pilotstrecken vorzuführen.

Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Kirsten Lühmann, spricht sich einem Interview mit dem Deutschlandfunk für Gesetzesänderungen zur Abgasprüfung noch vor dem Abschlussbericht des Bundestags-Untersuchungsausschusses aus.

Zuguterletzt: In Darmstadt kochen die Fußball-Emotionen hoch – wegen der Farbe einer Autobahnbrücke. Das berichtet die Frankfurter Rundschau. (roe)

SPD sauer über Hängepartie der Regionalisierungsmittel

Der SPD-Verkehrsexperte Sebastian Hartmann beklagte am Donnerstag im Bundestag, dass der Verordnungsentwurf des BMVI mit einem neuen Verteilungsschlüssel im Kanzleramt aufgehalten werde. Für die SPD-Bundestagsfraktion sei klar, dass zum einen die im „Kieler Schlüssel“ hinterlegten Mehrbedarfe in (West-) Bundesländern erreicht werden müssten, zum anderen aber über die gesamte Laufzeit bis 2031 die Mittel in anderen Bundesländern nicht abfallen dürften (Erläuterung hier). Er forderte die Kanzlerin zu entscheiden „wie die Mittel zur Absicherung des hohen Angebotsniveaus im öffentlichen Nahverkehr in ganz Deutschland bereitzustellen sind.“ Hartmann brachte auch eine Erhöhung der Mittel ins Spiel. Wie der Verkehrsbrief aus bahnaffinen Bundestagskreisen erfuhr, halten sich hartnäckig Gerüchte, es könne seitens des Bundes noch einen „Nachschlag“ von 300 Mio. EUR auf 8,3 Mrd. EUR geben, um den Kieler Schlüssel funktionsfähig zu machen (siehe auch hier).

In einem ungewöhnlichen Auftritt vor dem Bundestag identifizierte NRW-Verkehrsminister Michael Groschek – wie zuvor der Grünen-Verkehrspolitiker Stephan Kühn – als eine Ursache des Problems den Rückzug der DB aus dem Fernverkehr in der Fläche. „Nicht die Regionalisierungsmittel sind ungleich verteilt, sondern das Problem der Verteilung besteht darin, dass das Fernverkehrsnetz der DB national ungleich verteilt ist und die einen auskömmlich strukturiert sind, während die anderen mit Mitteln zukaufen müssen, die dafür nicht vorgesehen sind.“

Redner der Union betonten am Donnerstag jedoch, die Ministerpräsidenten hätten dem Angebot des Bundes von 8 Mrd. EUR aus freien Stücken zugestimmt. Es sei jetzt Sache der Länder, sich zu einigen. Der Unions-Haushaltspolitiker Norbert Brackmann verwies darauf, dass die meisten Länder Regionalisierungsmittel auch für andere Zwecke als die Finanzierung des SPNV-Betriebs zweckentfremdeten. (roe)

Hessen will Luftverkehrsgesetz erneut anfassen

Bei der abschließenden Verabschiedung des 15. Änderungsgesetzes (siehe hier) am Freitag durch den Bundesrat rief er die anderen Länder an, die von Hessen gemeinsam mit Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg eingebrachte Gesetzesiniative gegen Fluglärm zu unterstützen. Sie soll Luftfahrtbehörden und Flugsicherung verpflichten, nicht lediglich auf die Vermeidung von unzumutbarem Fluglärm „hinzuwirken“, sondern bei der Festlegung von An- und Abflugverfahren neben den Gesichtspunkten Sicherheit und Kapazität auch den Fluglärmschutz verbindlich zu berücksichtigen.

Die in der jetzigen Novelle verankerte Festlegung, bei Planfeststellungsverfahren den Fluglärmschutz stärker zu berücksichtigen, sei praktisch unwirksam, weil es solche Verfahren „höchstens alle paar Jahrzehnte“ gebe.

Al-Wazir begrüßte aber, dass der Bußgeldrahmen für Verstöße gegen Nachtflugbestimmungen von 10.000 auf 50.000 EUR erhöht.

Externer Link: Gemeinsame Gesetzesiniative zum besseren Fluglärmschutz

Verkehrsministerium in Stuttgart personell gestutzt

Wie ein Sprecher des Ministeriums erläuterte, wurde sie als „bewährte Kraft“ ins Finanzministerium berufen. Das Verkehrsministerium werde in Zukunft keinen Staatssekretär/-in mehr haben.

Die promovierte Geoökologin war seit 2011 Staatssekretärin im damaligen Ministerium für Verkehr und Infrastruktur. Nach außen hin wirkte sie vor allem durch ihre Funktion als Lärmschutzbeauftragte.

Das Ministerium verliert mit dem neuen Koalitionsvertrag die Zuständigkeit für Bauen und Wohnen und heißt daher jetzt nur noch Ministerium für Verkehr .

Trassenpreisbremse wird Hauptstreitpunkt

Die Regierung habe sich dazu aber wegen politischen Sensibilität entschieden. Er räumte ein, dass es darüber noch Streit geben werde. Nach Angaben aus Unionskreisen ist eine öffentliche Anhörung des Verkehrsausschusses zum Gesetzentwurf für den 1. Juni geplant.

Die SPD-Bahnexpertin Kirsten Lühmann kritisierte, dass die Trassenpreisbremse nicht konkret genug ausgestaltet sei. Offen sei zum Beispiel, was geschehe, wenn der Anstieg der Regionalisierungsmittel in einem Bundesland hinter dem Trassenpreisanstieg hinterherhinke – gebe es dann einen „Finanzausgleich“ unter den Ländern? Sie gab zu bedenken, dass die Fernverkehrsoffensive der DB am Ende sei, bevor sie begonnen habe, wenn durch die Trassenpreisbremse die Kosten für den Fernverkehr überproportional steigen.

Der Grünen-Bahnexperte Matthias Gastel wies darauf ergänzend darauf hin, dass auch der Schienengüterfernverkehr extrem preissensibel ist. Er plädierte dafür, dass die Verkehrsunternehmen statt der Vollkosten nur die Grenzkosten zahlen und so Mehrverkehr ermöglicht wird. Eine andere denkbare Lösung sei eine sektorübergreifende Trassenpreisbremse.

Außerdem forderte Gastel, dass die Infrastrukturentgelte auch weiterhin einer gerichtlichen Überprüfung offenstehen müssten. So seien die Regionalfaktoren erst durch Gerichte zu Fall gebracht wurden. Er bezweifle, dasss die Bundesnetzagentur zu ähnlich weitgehenden Entscheidungen in der Lage sei.

Der Unions-Bahnpolitiker Dirk Fischer hielt Gastel indirekt entgegen, dass bei der Bundesnetzagentur jetzt analog zum Post- und Telekommunikationsbereich Beschlusskammern eingerichtet werden, und damit mehr Schlagkraft erreicht werde. (roe)

Gurtpflicht für Rollstuhlfahrer wird verschärft

Ohne Debatte stimmte die Länderkammer der mehrere Punkte umfassenden Verordnung zu (siehe auch hier). Heike Witsch, zuständige Expertin des Bundesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter (BSK) bemängelte gegenüber dem Verkehrsbrief, dass ihrem Verband vom BMVI keine Gelegenheit gegeben wurde, zu der Verordnung Stellung zu nehmen. Eine am 11. April gestellte Anfrage des Verkehrsbriefs an das BMVI, ob eine Verbändeanhörung zum Verordnungsentwurf stattgefunden hat, blieb trotz zweimaligem Nachhaken unbeantwortet. Hauptkritikpunkt des BSK ist, dass ein nicht vorschriftsgemäßes Anschallen von im Rollstuhl sitzenden Personen jetzt mit Bußgeld geahndet wird wird, ohne dass geklärt ist, wer die Kosten für die Nachrüstung der Rollstühle trägt.

Busse dürfen schwerer werden

Mit der Verordnung wird außerdem die EU-seitig bereits beschlossene Anhebung des zulässigen Gesamtgewichts für zweiachsige Omnibusse von 18 auf 19,5t in nationales Recht umgesetzt.

Verschnaufpause für Kfz-Prüforganisationen

Auf Initiative des Bundesrates wurde ferner ein Abschnitt eingefügt, der es den Kfz-Prüforganisationen erlaubt, bis Ende 2020 Messgeräte für die Kfz-Hauptuntersuchungen entsprechend den bisherigen nationalen Vorschriften zu „eichen“ oder zu „kalibrieren“. Die Deutsche Akkreditierungsstelle hatte Ende 2015 17 Prüforganisationen die Akkreditierung zunächst verweigert, weil die zuständige EU-Aufsicht das deutsche Verfahren für nicht konform mit dem europäischen Recht hielt. Bis 2020 müssen die deutschen Organisationen aber ein System zur EU-rechtskonformen sogenannten „messtechnischen Rückführung“ aufbauen. (roe)

Aufgefischt 13.5.2016

Auch Verkehrspolitiker aus den Koalitionsfraktion fordern jetzt laut Welt, eigenständige Sanktionsmöglichkeiten für Abgasmanipulationen zu schaffen. Diese sieht die einschlägige EU-Verordnung zwar vor, die Umsetzung wurde aber EU-weit ignoriert. Dirk Fischer (CDU) sieht aber auch eine Mitschuld bei der EU-Kommission, die nicht nachgefasst habe.

Opel hat bei eigenen Nachmessungen des Opel Zafira aus Anlass des Abgasskandals nebenbei einen höheren CO2-Ausstoß entdeckt, der über die zulässigen Toleranzen hinausgeht. Das hat das ARD-Magazin Monitor am Donnerstagabend berichtet. Der Spiegel äußert darüber hinaus den Verdacht, dass auch beim Massenmodell Opel Astra die NOx-Reinigung bei Fahrzuständen außerhalb der NEFZ-Bedingungen heruntergeregelt wird. Erstmals ist offenbar gelungen, die Motorsteuerungssoftware zu analysieren, wie die mit Spiegel und Monitor zusammenarbeitende Deutsche Umwelthilfe erläutert.

Das Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) hat im Auftrag des BMVI eine neue Studie zum Potenzial von Lastenrädern im Wirtschaftsverkehr vorgelegt. (roe)

Mautzahler sollten als Kunden betrachtet werden

Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Heiko Stiepelmann plädierte dafür, unabhängig von der Ausgestaltung einer Reform die Nutzerfinanzierung als Ansatz zu benutzen, den Nutzer nicht nur als Gebührenzahler und Kostenverursacher zu betrachten, sondern als „Kunden“.

Jana Schneebecke, die in Zusammenarbeit mit der VIFG ihre Dissertation über betriebswirtschaftliche Grundsätze für die Bundesfernstraßenverwaltung verfasst hat, schlägt als zentrales strategisches Ziel eine intakte Infrastruktur vor. Das solle durch Kennzahlen überwacht und auch für die Öffentlichkeit transparent gemacht werden.

Die Nutzerfinanzierung spiele insofern eine Rolle, als zwischen Strecken unterschieden werden sollte, für die ausreichend Zahlungsbereitschaft besteht, und solchen, die aus Gründen der Daseinsvorsorge erforderlich seien. Dementsprechend sei auch die Maut zu differenzieren.

Der kameralistischen Haushaltsführung gab sie keine Chance, weil sie keine wirksame Steuerung entlang der strategischen Ziele zulasse. Als unbrauchbar sieht sie auch das gegenwärtige Auseinanderklaffen von Ausführungs- und Finanzierungsvereinbarung an.

Ergebnis der Überlegungen ist laut Schneebecke, dass eine schlank aufgestellte Managementgesellschaft am besten geeignet ist, die Aufgaben wahrzunehmen. Sie nannte als mögliche Bausteine einer solchen Gesellschaft die VIFG und die Deges, vermied aber eine Festlegung, ob es sich um eine Bundesgesellschaft handeln solle.

Externer Link: Zusammenfassung der Dissertation von Jana Schneebecke