Fernstraßengesellschaft: Knatsch geht über Privatisierungsfrage hinaus

Primat der Politik in Frage gestellt

„Natürlich soll die Gesellschaft auch entscheiden, welche Autobahnen gebaut werden“, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministerium am Montag in der Bundespressekonferenz in Berlin. Deswegen sei eine Privatbeteiligung an der Gesellschaft auch im Sinne der staugeplagten Autofahrer wünschenswert.

Sowohl das BMVI als auch die vom BMWi eingesetzte Fratzscher-Kommission hatten sich jedoch dafür ausgesprochen, die Entscheidung über Neu- und Ausbau bei der Politik zu belassen.

Maastricht-Kriterien im Spiel

Ein weiteres Motiv für das Beharren des BMF auf der Privatisierungsoption sind offenbar die Maastricht-Kriterien. Die Aufnahme von Schulden solle so geregelt werden, dass sie nicht dem Staatssektor zugerechnet werden, sagte der BMF-Sprecher. Deswegen sollte die Gesellschaft staatsfern aufgestellt werden.

Wie er weiter ausführte, sei die Kapitalverzinsung für private Miteigentümer und Fremdkapitalgeber zwar höher als bei einer reinen Bundesgesellschaft mit Staatsgarantie, dies werde durch Effizenzgewinne und eine andere Unternehmenskultur aber mehr als nur kompensiert. Als erfolgreiche Beispiele nannte er Deutsche Bahn, Deutsche Post und Deutsche Telekom.

BMF sieht sich mit Privatisierungsoption im Recht

Ein Sprecher des BMWi bestätigte einen Bericht der Süddeutschen Zeitung, wonach Ressortchef Sigmar Gabriel zum Entwurf des BMF für eine Grundgesetzänderung (siehe hier) wegen der Privatisierungsoption sogenannten Leitungsvorbehalt eingelegt hat und damit die Ressortabstimmung vorerst gestoppt hat. Zurückhaltender äußerte sich ein Sprecher des BMVI, verwies aber auf den Bericht für den Bundestags-Verkehrsausschuss, in dem ebenfalls eine dauerhaft bundeseigene Gesellschaft vorgeschlagen worden war. Aus Regierungskreisen war zu hören, dass die drei Minister voraussichtlich noch in dieser Woche in einem persönlichen Treffen versuchen wollen, die Differenzen auszuräumen.

Der BMF-Sprecher zeigte Unverständnis gegenüber dem Widerstand gegen die Privatisierungsoption von den anderen Ressorts und den Ländern. Er verwies auf den Bund-Länder-Beschluss vom 14. Oktober, konkret die Protokollerklärung Thüringens (externer Link: offizieller Text). Diese Protokollerklärung, in der Thüringen darauf besteht, sowohl das Bundeseigentum an den Straßen als auch an der Gesellschaft festzuschreiben, wäre ja wohl nicht nötig gewesen, wenn es nicht ein anderes Verständnis in der Runde gegeben hätte.

Der Vertreter des BMWi widersprach prompt: Der Beschlusstext lasse alles offen.

Länder wollen sich gemeinsam positionieren

Unterdessen soll die Staatskanzlei von Mecklenburg-Vorpommern eine gemeinsame Position der Länder verfassen, ist übereinstimmend aus Länderkreisen zu hören. Unbestätigt blieb, dass das Kanzleramt bei Bund-Länder-Runde am vergangenen Donnerstag den Ländern die Möglichkeit eröffnet hat, bei der Änderung von Grundgesetz-Artikel 90 Abs. 2 (Ausgestaltung der Infrastrukturgesellschaft) und Artikel 143e (Übergangsvorschriften) eigene Vorschläge zu machen. Als Termin für einen Abschluss der Verhandlungen ist weiter der 8. Dezember vorgesehen.

Verkehrsforum mahnt zu Einigung

Das Deutsche Verkehrsforum sieht in dem Streit in der Bundesregierung einen Zeichen des sich nähernden Bundestagswahlkampfes – „wie wir befürchtet haben“, sagte DVF-Geschäftsführer Thomas Hailer im Gespräch mit dem Verkehrsbrief. Er hoffe auf eine baldige Einigung. „Die Auseinandersetzung mit den Ländern wird noch schwer genug.“

Hailer sprach sich gegen eine Beteiligung von Investoren auf Gesellschaftsebene aus. Es sei zu befürchten, dass sich nicht nur Banken und Versicherer beteiligen, die für kapitalgedeckte Altersversorgeverträge deutscher Bürger Anlagemöglichkeiten suchen, sondern auch ausländische Finanzinvestoren, die andere Interessen verfolgten. ÖPP sollten weiter nur auf Projektebene möglich sein. (roe)

Aufgefischt 21.11.2016

Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel die Ressortabstimmung über die Grundgesetz-Novelle für die Bundesfernstraßengesellschaft gestoppt, weil er die Privatisierungsoption ablehnt (eigener Bericht über den aktuellen Stand folgt).

Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer will die A7-Baustellenkoordination von seinem Land und Hamburg auf Niedersachsen ausweiten, berichtet das Hamburger Abendblatt. Anlass ist der Abgang des bisherigen Koordinator Gerhard Fuchs (73) zum Jahresende.

Das BMVI hat für Dienstagnachmittag zu einer Pressekonferenz nach einem Spitzengespräch mit Vertretern der Luftverkehrswirtschaftswirtschaft eingeladen. Laut Branchenkreisen soll es auch um das schon mehrere Monate verzögerte Luftverkehrskonzept gehen.

Die Bürgerinitiative der Gemeinde Fernwald (Mittelhessen) gegen Verkehrslärm von der A5 hat laut Gießener Allgemeine ihre Auflösung beschlossen, weil sie keine Chance sieht, ihre Forderungen durchzusetzen. (roe)

Grünes Licht für Lang-Lkw und langen Auflieger

Schon in der kommenden Woche soll der Abschlussbericht des Lang-Lkw-Feldversuches veröffentlicht werden. Verlagerungseffekte zu Lasten der Schiene habe es nicht gegeben, auch keine zusätzliche Belastung der Infrastruktur – dafür aber eine Kraftstoffersparnis von 25 Prozent.

Wie das BMVI früher hatte durchblicken lassen, wird für das sogenannte „Modulare Konzept“ mit Lang-Lkw aus Standardkomponenten ein Dauerbetrieb im Rahmen des Positivnetzes ermöglicht. Die Zustimmung des Bundesrates ist nicht erforderlich, allerdings liegt es in der Hand der Länder, ob sie Strecken für das Positivnetz melden. Bisher sperren sich noch NRW, Berlin, das Saarland und Sachsen-Anhalt – im letztgenannten Land ist nur der „Transit“ auf den Autobahnen erlaubt.

Für den verlängerten Sattelauflieger – der aus dem Rahmen der EU-Verordnung zu Maßen und Gewichten fällt – werde es eine befristete Ausnahmegenehmigung für voraussichtlich sieben Jahre geben.

Reicht Einheitsmautsatz aus?

Mit gemischten Gefühlen betrachtet der BGL das aktuelle Geschehen rund um die Lkw-Maut. Verbandspräsident Adalbert Wandt ließ durchblicken, dass der bereits zugesagte einheitliche Mautsatz für Autobahnen und Bundesstraßen möglicherweise nicht ausreiche, um Nachteile für autobahnferne Wirtschaftsstandorte zu verhindern. Dobrindt wollte sich darauf nicht einlassen.

BGL fordert Mautharmonisierungsmittel ein

Noch mehr Sorgen bereitet dem BGL allerdings, dass die Haushaltspolitiker die Mautharmonisierung (jährlich 450 Mio. EUR) „aushöhlen“ wollen, wie es BGL-Hauptgeschäftsführer Prof. Karlheinz Schmidt es ausdrückte. Im Einklang mit dem Bundesrechnungshof fordern die Haushaltspolitiker, dass ohnehin gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen nicht mehr gefördert werden – wie zum Beispiel die Berufskraftfahrerqualifikation – sondern nur „zusätzliche“ Maßnahmen. Das bedeute aber auch zusätzliche Ausgaben der Unternehmen für den Eigenanteil, und widerspreche damit dem Ziel der Mautharmonisierung, nämlich der Entlastung des inländischen Gewerbes.

Dobrindt machte deutlich, dass die Verkehrspolitiker der Koalition zur Mautharmonisierung stehen, „in einem anderen Ausschuss gibt es allerdings eine andere Meinung“. Schmidt kündigte eine breite Kampagne der BGL-Mitglieder bei Bundestagsabgeordneten an, um die Änderung noch zu verhindern.

Thema Sozialdumping versickert zwischen den Ressorts

Deutlich wurde Dobrindt auch beim Thema Sozialdumping: In der konkreten Frage, ob die Wochenruhezeit in der Fahrerkabine verbracht werden darf, bevorzuge er zwar eine europäische Lösung; er sei sich aber nicht ganz sicher, dass der gemeinsame „Brandbrief“ der acht Verkehrsminister in dieser Sache an die EU-Kommission aus dem September als ausreichend dringlich wahrgenommen worden ist. „Ich hoffe, dass EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc versteht, dass unsere Geduld nicht endlos ist“, warnte er und drohte indrekt mit einem nationalen Alleingang.

Wandt und Schmidt forderten darüber hinaus erneut ein wirksames Kontrollsystem für gebietsfremde Lkw, die oft wochen- und monatelang in Deutschland illegal Kabotagefahrten unternähmen. Nötig sei ein Meldesystem, mit dem dauerhaft in Deutschland tätige „ausländische“ Lkw und Fahrer identifiziert werden können; hier gehe es auch um Hinterziehung von Sozialbeiträgen und Steuern. Sinnvoll wäre es auch, den Kontrollbehörden das Auslesen des Massenspeichers im Fahrtenschreiber zu erlauben. Mit den Geodaten in der nächsten Fahrtenschreibergeneration sei es sogar möglich festzustellen, wie lange ein Lkw in einem Land tätig war.

Leider nehme das zuständige Arbeitsministerium dieses Thema in seiner Gesamtheit nicht ernst und blicke nur auf das EU-Vertragsverletzungsverfahren wegen der Mindestlohnpflicht für Fahrer ausländischer Lkw. (roe)

Rot-Rot-Grün in Berlin will Verkehr aufwerten

Dafür wird die bisherige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt aufgespalten. Das neue Ressort für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz geht an die Grünen. Das sieht der rot-rot-grüne Koalitionsvertrag vor, der formal noch von Basis der drei Parteien gebilligt werden muss.

Vorrang für Umweltverbund

Als heißer Kandidat für das Amt des Senators gilt der Jens-Holger Kirchner, derzeit Baustadtrat im Bezirk Pankow und bekennender Freund einer Zurückdrängung des Kfz-Verkehrs. Das sieht auch Koalitionsvertrag ebenfalls vor: „Vorrang für den Umweltverbund bedeutet auch Umverteilung des Straßenraums zugunsten des ÖPNVs, des Rad- und Fußverkehrs“, heißt es.

Straßenzustand wird systematisch erfasst

Festgeschrieben wird aber auch, dass für ein kontinuierlichen Straßen- und Brückeninstandhaltung ein Erhaltungsmanagementsystem eingerichtet wird. Vor fünf Jahren hatte der zuständige Verkehrsstaatssekretär das mit Hinweis auf absehbare Obstruktion durch die Bezirke noch abgelehnt.

Weniger Baustellenchaos angestrebt

Die Koalition will ebenfalls das desolate Baustellenmanagement der Verkehrslenkung Berlin (VLB) unter die Lupe nehmen und „das beauftragte Organisationsgutachten auswerten und daraus kurzfristig Schlussfolgerungen für die Reorganisation ziehen“. Vorrang bekommen ÖPNV-Beschleunigung und Verbesserung der Radwegeinfrastruktur.

Für den Radwegeausbau will die Koalition auf Landesebene zehn Planungsingenieure und auf Bezirksebene jeweils zwei Stellen ermöglichen. Die Personalmittel an die Bezirke werden daran gebunden, dass auch tatsächlich investiert wird.

A100-Weiterbau wird gebremst

Beim Dauerstreitthema A100 hat sich Koalition vereinbart, den im Bau befindlichen 16. Bauabschnitt so zu beenden, dass eine Weiterführung „nicht präjudiziert“ ist. Der im BVWP 2030 fest disponierte 17. Abschnitt darf nicht beplant werden. Das BMVI läuft laut einem Medienbericht dagegen bereits Sturm (siehe hier).

Ehrgeizige Pläne verfolgt die Koalition hingegen beim Straßenbahnbau: Fünf neue Strecken sollen bis 2021 baureif sein, fünf weitere Strecken in der folgenden Legislaturperiode. Wohl einzigartig in einem deutschen Koalitionsvertrag ist der Einschub „Dem Einsatz von XXL-Bussen („Gigabusse“) steht die Koalition kritisch gegenüber“ – möglicherweise wollte sie damit dem Vorwurf der Inkonsequenz vorbeugen, denn „Gigaliner“ (Lang-Lkw) will sie auch nicht zulassen.

Grünes Licht für Dresdner Bahn, Gelb für BER

Als kleine Sensation darf wohl bewertet werden, dass sich Rot-Rot-Grün zum Ausbau bzw. Wiederaufbau der „Dresdner Bahn“ zwischen Südkreuz und Blankenfelde bekennt, wenn auch nur im Zusammenhang mit dem ÖPNV zum Hauptstadtflughafen BER. Bürgerinitiativen befürchten Bahnlärm und eine Zerschneidung durch Lärmschutzmauern, die SPD hat das Thema daher jahrelang aus Rücksicht auf den in Lichtenrade verankerten Klaus Wowereit verschleppt.

Am BER setzt sich Rot-Rot-Grün für „regelmäßige siebenstündige Lärmpausen“ ein – derzeit sind nur sechs Stunden Nachtruhe sicher – sowie für Nutzung nur einer Start- und Landebahn in den Randzeiten. (roe)

Externer Link: Koalitionsvertrag von SPD, Linken und Grünen in Berlin 2016-21

Aufgefischt 18.11.2016

Laut Rheinischer Post will sich das BMVI die Initiative des Bundesrates zu härteren Strafen für das verbotene Befahren maroder Brücken mit Lkw aufnehmen und einen eigenen Gesetzentwurf ausarbeiten. Künftig soll auch Fahrverbot drohen.

Der Bild-Zeitung liegt offenbar der Entwurf für das ausgeweitete Handy-, Tablet- und Surfverbot am Steuer vor. Auch die Bußgeldsätze sollen von 60 auf mindestens 100 EUR angehoben werden, in schweren Fällen wird auch Fahrverbot ermöglicht.

Die EU-Kommission hat nach eigenen Angaben am Donnerstag den zweiten „blauen Brief“ im Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen unzureichender Umsetzung der Eisenbahnsicherheitsrichtlinie 2004/49/EG. Grund ist, dass die für Fahrzeuginstandhaltung verantwortliche Stelle („ECM“) in Deutschland keine Kontrolle darüber hat, wann die regelmäßigen Inspektionen stattfinden.

Das BMVI besteht darauf, dass Berlin auch den 17. Bauabschnitt der Stadtautobahn A100 plant und baut, berichtet die Berliner Zeitung. Die rot-rot-grüne Koalition hatte sich darauf verständigt, die A100 nach dem aktuell im Bau befindlichen 16. Abschnitt enden zu lassen (mehr zum Koalitionsvertrag hier). (roe)

Wechsel in BGA-Verkehrsabteilung

Sie ist zugleich im Büro des Präsidenten und des Hauptgeschäftsführers tätig, wie der BGA mitteilte. Tilsner übernimmt damit die Aufgaben von Kim Cheng, die seit Mitte Oktober Geschäftsführerin beim Deutschen Verpackungsinstitut ist.

Tilsner hat in Hamburg Rechtswissenschaften studiert und die Wahlstation ihres Referendariats beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie in Brüssel verbracht. Nachdem sie das zweite juristisches Staatsexamen am Oberlandesgericht Celle abgelegt hatte, arbeitete sie zunächst als Rechtsanwältin in einer Hamburger Kanzlei mit Schwerpunkt Arbeitsrecht. Zuletzt arbeitete für die Lufthansa Technik AG im Bereich Betriebsverfassungsrecht. (roe)

Dreistelliger Milliardenbetrag für Energiewende im Verkehr

Zu diesem Ergebnis kommt eine neue szenarienbasierte Untersuchung des Öko-Instituts im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA).

Verglichen wurden vier Szenarien: Direkter Antrieb mit Strom, mit Strom erzeugtes Methan als komprimiertes oder verflüssigtes Gas (PtG), Wasserstoff (H2) und strombasierte Flüssigkraftstoffe (PtL). In die Betrachtung einbezogen wurden alle Verkehrsträger, die Straße segmentiert in „Straßennahverkehr“ (Pkw und Lkw bis 18t), Straßenfernverkehr mit Fokus auf schweren Lkw und ÖPNV-Linienbusse. Praktisch keine Rolle spielte in der Untersuchung der Schienenverkehr. Ihm wurde eine weitgehende direkte Elektrifizierung unterstellt.

Sorgenkinder Schifffahrt und Luftfahrt

Für den Luftverkehr ist neben den sehr beschränkt verfügbaren Biokraftstoffen nur PtL realistisch, für den Schiffsverkehr kommen PtG und PtL in Frage. Um die volkswirtschaftlichen Mehrkosten durch die Dekarbonisierung vor allem im Luftverkehr trotzdem gering zu halten, sollte der Fokus auf einem Bremsen des Verkehrsleistungszuwachses liegen.

Schlüssel ist Straßenverkehr

Die stärkste Hebelwirkung entfalten die verschiedenen Szenarien im Straßenverkehr. Die geringsten Anpassungshürden aus Nutzersicht hätte im Straßenverkehr ein Umstieg auf PtL, weil sowohl die vorhandene Tankstelleninfrastruktur als auch der Verbrennungsmotor weitergenutzt werden könnte. Wegen der geringen Effizienz der Gesamtkette von der Stromquelle bis zum Rad wäre der Energiebedarf jedoch deutlich höher als in jedem anderen Szenario.

Vergleichsweise teuer wäre auch der Umstieg auf die Brennstoffzelle im Straßenverkehr, weil die Fahrzeugkosten auf absehbare Zeit höher als für andere Antriebsarten bleiben werden. Lediglich für Fahrzeuge mit hoher Fahrleistung halten die Autoren die Brennstoffzelle für eine sinnvolle Option.

Elektro-Szenario mit vielen Unbekannten

Für das elektrische Szenario haben die Autoren angenommen, dass ab 2025 die Autobahnen mit Oberleitungen für Fernverkehrs-Lkw überspannt werden. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Oberleitungsoption sei aber, dass auch andere europäische Länder mitmachen. Unterstellt wurde auch, dass sich die Fahrzeugnutzer mit eingeschränkten Reichweiten und längeren „Betankungszeiten“ im Vergleich zu Verbrennungsantrieben abfinden.

Umstellungskosten unterscheiden sich um Faktor 3

Gegenüber einem „Weiter-so“-Szenario mit fossilen Kraftstoffen schätzen die Autoren die Umstellungskosten 2010-2050 des Elektroszenarios für den gesamten Straßenverkehr auf rund 350 Mrd. EUR. Zum Vergleich: Eine Umstellung auf strombasierte Flüssigkraftstoffe würde 540 Mrd. EUR kosten, auf Methan 570 Mio. EUR und auf Brennstoffzelle sogar gut 1 Billion EUR.

Welcher Antriebsmix ist sinnvoll?

Nicht berücksichtigt wurden in der Studie Wechselwirkungen der einzelnen Szenarien mit der Stromerzeugung. Damit haben sich die Mobilitätsforscher vom unabhängigen Reiner-Lemoine-Institut in einem Beitrag für die Fachzeitschrift GWF Gas+Energie auseinandergesetzt. Sie sind beispielhaft anhand eines halbstundenscharfen Tagesgangs von Autobahntankstellen zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Mix von Batterie- mit Brennstoffzellen-Fahrzeugen sinnvoll sein kann, um Lastspitzen für das Stromnetz durch das Laden von Batteriefahrzeugen zu mindern. Zugleich kann in Schwachlastzeiten mehr Überschussstrom genutzt werden als es bei stationären Batteriespeichern wirtschaftlich wäre. Unterstellt wurde, dass der Wasserstoff in einer Elektrolyse-Kleinanlage direkt an der Tankstelle erzeugt und gespeichert wird. (roe)

Externer Link: UBA-Studie zu Energieversorgung des Verkehrs bis 2050

Aufgefischt 17.11.2016

Laut Welt spricht sich die bayerische Landesregierung gegen eine Privatisierungsoption für die geplante Bundesautobahngesellschaft aus.

CO2 I: Laut einer neuen Studie des International Council on Clean Transportation ist bei neuen Pkw der Unterschied zwischen CO2-Ausstoß gemäß Prüfzyklus NEFZ und tatsächlichem Praxisverbrauch auf durchschnittlich 42 Prozent angestiegen. Dafür wurden 13 herstellerunabhängige Datenquellen ausgewertet. An der Spitze stehen Plug-In-Hybride mit regemlmäßig mehr als 200 Prozent Diskrepanz, was nach Ansicht des ICCT vor allem dem unrealistischen Berechnungsmodus geschuldet ist.

CO2 II: Das BMVI soll laut einem Bericht des Stern VW dabei behilflich gewesen sein, die bei den NOx-Nachmessungen aufgefallenen erhöhten Verbrauchswerte unter den Teppich zu kehren.

Beim Bau der fünften Schleusenkammer in Brunsbüttel drohen eine verzögerte Inbetriebnahme und Kostensteigerungen, berichten die SHZ-Zeitungen aus einer Bürgerversammlung mit WSV-Vertretern. Grund seien unter anderem Planungsmängel.

In Königs Wusterhausen südlich von Berlin freut man sich über zwei neue WSV-Personalstellen, unter anderem für die Bedienung der zuletzt nur eingeschränkt geöffneten Schleuse Neue Mühle, berichtet die Märkische Allgemeine. Die Wasserstraße wird ausschließlich touristisch genutzt.

Das BMVI hat am Mittwoch die Förderrichtlinie für die Übernahme der Lohnnebenkosten von Seeleuten auf deutsch bereederten Schiffen veröffentlicht. Sie gilt ab Anfang 2017, und auch für Schiffe, die in EU- oder EWR-Länder ausgeflaggt sind.

Das Gesetz zur steuerlichen Förderung der Elektromobilität (siehe hier) ist am Mittwoch im Bundesgesetzblatt verkündet worden. (roe)

Noch immer dicke Fragezeichen über Fernstraßengesellschaft

Erst am Dienstag ist ein vom Bundesfinanzministerium erstellter Referentenentwurf für die notwendige Grundgesetzänderung in die Ressortabstimmung gegangen. Die Frist für Stellungnahmen läuft bis Freitag, während die Bund-Länder-Gespräche bereits am Donnerstag stattfinden.

Gesetzentwurf mit Lücke an entscheidender Stelle

Dem Entwurf zufolge würde Artikel 90 ins konsolidierter Fassung künftig wie folgt lauten (Änderungen in kursiver Schrift):


(1) Der Bund ist Eigentümer der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs. Das Eigentum ist unveräußerlich.

(2) („Formulierung wird nachgereicht“)

(3) Die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften verwalten die sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs im Auftrage des Bundes.

(4) Auf Antrag eines Landes kann der Bund sonstige Bundesstraßen des Fernverkehrs, soweit sie im Gebiet dieses Landes liegen, in Bundesverwaltung übernehmen.


Im Begründungsteil des Entwurfs ist zu Absatz 2 davon die Rede, dass sich der Bund nicht nur die Autobahnen greift, sondern auch die autobahnähnlichen Bundesstraßen außerhalb geschlossener Ortslagen und mit direkter Anbindung an eine Autobahn. Das entspräche im wesentlichen dem bis zum 30. Juni 2015 der Lkw-Maut unterworfenen Teil der Bundesstraßen, also rund 1200km.

Zur Infrastrukturgesellschaft heißt es, dass die „Bundesverwaltung“ (also nicht: „Verwaltung des Bundes“) in öffentlich-rechtlicher wie auch in privatrechtrechtlicher Form erfolgen kann. Der Bund „kann“ sich zur Erledigung seiner Aufgaben einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen.

„Blankoscheck“ für Übergangsphase?

Eingefügt werden soll außerdem ein neuer Artikel 143e mit Übergangsvorschriften. Danach werden die künftig vom Bund verwalteten Straßen noch längstens bis Ende 2020 in der Auftragsverwaltung geführt. Der Bund will sich für die Umwandlung in Bundesverwaltung eine ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis einräumen lassen. Für die Umwandlung kann der Bund den Landesbehörden Weisungen erteilen und allgemeine Verwaltungsvorschriften ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen. Aus Länderkreisen ist zu diesem Vorschlag schon Murren zu vernehmen.

Für die Beamten der Bundesautobahnverwaltung wird analog zu Post, Telekom und DB die Möglichkeit geschaffen, sie der Infrastrukturgesellschaft zur Dienstleistung zuzuweisen.

Privatisierung bleibt umstritten

Ausgerechnet zur umstrittenen Frage der Privatisierungsoption schweigt der Gesetzentwurf. Aus Regierungskreisen war am Mittwoch zu hören, dass das BMF einen Zusatz wünsche, wonach die Gesellschaft „mehrheitlich“ in Bundesbesitz bleiben soll. Denkbar sei aber auch, im Grundgesetz gar nichts festzuschreiben und die Eigentumsfrage später einfachgesetzlich zu regeln.

Der einflussreiche Wirtschaftsrat der CDU will ebenfalls eine Privatisierungsoption offenlassen. Er erhofft sich davon zum einen mehr Effizienz als von einer reinen Bundesgesellschaft, zum anderen besseren Schutz vor ständigem Hineinregieren der Politik in einzelne Projekte. Letzteres habe zu Fiaskos wie dem BER maßgeblich beigetragen.

Klar ist nun aber immerhin, dass der Bund unter „Opt out“ eine Fortschreibung der bisherigen Regelung versteht.

Gutachten zu Privatisierungsschranken

Unterdessen empfiehlt ein frisches Gutachten klare Privatisierungsschranken. Erstellt wurde das Gutachten von dem bekannten Trio aus Prof. Thorsten Beckers (TU Berlin) sowie den beiden Juristen Prof. Georg Hermes (Uni Frankfurt/Main) und Holger Weiß im Auftrag des baden-württembergischen Verkehrsministeriums. Ihr Vorschlag für eine Grundgesetzänderung ist wesentlich umfangreicher, soll aber die Umgehung des Privatisierungsverbots verhindern. Wesentliche Punkte sind:

  • Ein eigener Satz „Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Gesellschaft ist ausgeschlossen.
  • Verbindliche Staatsgarantie – damit soll vorgebeugt werden, dass der Bund Zinsen wie für Schulden privater Unternehmen zahlt, am Ende aber doch implizit 100-Prozent-Ausfallsicherheit gewährt
  • Hohe Hürden für Teilnetz-ÖPP und Ausschluss von Gesamtnetz-ÖPP, Verbot von ÖPP mit einer Laufzeit von mehr als 30 Jahren.

Die Autoren der Studie warnen, dass eine teilprivatisierte Gesellschaft wahrscheinlich einem Regulierer unterstellt werden müsste. Das Risiko sei hoch, dass die Gesellschaft dann aufgrund ihrer stärkeren Kurzfristorientierung schneller auf versehentliche Fehlanreize des Regulierers reagiere und damit das Interesse der Bürger hintenanstelle. Die Kurzfristorientierung privater Investoren verleite tendenziell auch dazu, die Infrastruktur auf Verschleiß zu fahren.

Entwarnung hingegen gibt es in Richtung Maastricht-Kriterien: Die Autoren halten es für machbar, auch eine nicht privatisierte Autobahngesellschaft so auszugestalten, dass ihre Schulden nicht dem Staat zugerechnet werden.

Fundamentalopposition aus Niedersachsen

Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies stellte vor dem Hintergrund der Privatisierungsdebatte die gesamte Vereinbarung zur Autobahngesellschaft in Frage. „Finanzminister Schäuble will mit der neuen Infrastrukturgesellschaft nicht nur einfach eine Umorganisation der Straßenbauverwaltung“, sagte er am Dienstag. „Er will mindestens eine Teilprivatisierung der besagten Gesellschaft und damit auch unseres Autobahnnetzes, vielleicht sogar des gesamten Bundesfernstraßennetzes.“ Das Autobahnnetz gehöre aber als Teil der Daseinsvorsorge in staatliche Hand. „Es geht unter dem Strich eben nicht um eine Optimierung der Abläufe im Straßenbau, sondern um eine lukrative Anlagemöglichkeit für Banken und Versicherungen.“Jetzt herrsche Klarheit über die wahren Absichten, und damit sei auch die Position des Landes eindeutig: „Wir brauchen keine Infrastrukturgesellschaft, und schon gar nicht eine Gesellschaft in der Hand von Privatkonzernen.“

Skepsis gegenüber einer Privatisierungsoption ließ erwartungsgemäß auch der Bundesrechnungshof durchblicken. „Privates Kapital darf nur dann eingebunden werden, wenn es für den Bund wirtschaftlich ist und den Steuerzahler nicht belastet“, sagte BRH-Präsident vor Journalisten in Berlin. „Ob unter diesen Voraussetzungen die Renditeerwartungen der Privatwirtschaft erreicht werden können, das bleibt abzuwarten.“ (roe)

Rechnungshof bemängelt Umgang mit Geld im BMVI

In seinem jüngsten Jahresbericht weist er darauf hin, dass der von der DB geltend gemachte Planungs- und Verwaltungskostenaufschlag für Erhaltungsinvestitionen inzwischen auf 23 Prozent angestiegen ist. Angemessen wären nach seiner Auffassung in Anlehnung an europäische Förderbestimmungen 16 Prozent. Die konkrete Ursache für die hohen Planungskosten sieht der BRH darin, dass die DB Planungsaufträge viel zu selten ausschreibt und lieber intern an Konzerntöchter vergibt.

Dahinter verberge sich jedoch das grundsätzliche Problem, dass der Bund nur noch das Ergebnis in Form von Qualitätszielen kontrolliert (Output-Kontrolle), aber nicht mehr die Mittelverwendung im einzelnen betrachtet (Input-Kontrolle).

Dieses Defizit mache sich auch an anderer Stelle bemerkbar: Die DB hat laut Rechnungshof für die LuFV II auch Gleise und Weichen als Bemessungsgrundlage gemeldet, die schon seit Jahren zugewuchert oder physisch vom Netz abgehängt sind. Folge sei, dass die DB für das aktive Netz mehr Mittel zur Verfügung hat als in der LuFV eigentlich vorgesehen. Ein wirksame Outputkontrolle im dem Sinne, ob mit dem vorgesehenen Geld je Kilometer/Weiche die geforderte Qualität erreicht wird, sei damit nicht mehr möglich.

Bund soll sich aus Projektbeiräten heraushalten

Ein grundsätzlicher Kulturunterschied zwischen Rechnungshof und BMVI wird in der Frage der Beteiligung von Amtsträgern des BMVI an Projektbeiräten für große konfliktbehaftete Schienenprojekte (Rheintalbahn, Y-Trasse) deutlich. Das Ministerium könne damit unwirtschaftliche Lösungen vor allem für den Lärmschutz vereinbaren und so der pflichtgemäßen Interessenabwägung durch die Planfeststellungsbehörde Eisenbahn-Bundesamt (EBA) vorgreifen, kritisiert der BRH. Das reguläre Verwaltungsverfahren werde auf diese Weise entwertet. „Das Niveau des Lärmschutzes sollte sich aber an den rechtlichen Vorgaben, insbesondere an der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit im Einzelfall, und nicht an den Verhandlungsergebnissen von Projektbeiräten orientieren“, heißt es.

Megahub Lehrte auf Abschussliste

Weiter fordert der Rechnungshof, das BMVI sollte die Förderung der als Pilotprojekt gedachten KV-Umschlaganlage Megahub Lehrte abbrechen. Stattdessen sollte er sich auf die Anlage in Duisburg konzentrieren, die früher fertig werde und weniger koste. Sogenannte „Megahubs“ ersetzen Rangierbahnhöfe, indem die Container per Kran von Zug zu Zug „umsteigen“, anstatt die Wagen aufwendig zu rangieren.

Drei Kritikpunkte im Bereich Straße

Auch in der Straßenverwaltung mahnt der Rechnungshof Verbesserungen an:

  • Der Bund soll sich von den Ländern – wie früher einmal vereinbart – die Daten zu Schwer- und Großraumtransporten geben lassen, um dann gezielt Schwerpunkte bei der Brückenertüchtigung bilden zu können.
  • Das BMVI sollte prüfen, inwieweit es Einnahmen durch Außenwerbung auf Tank- und Rastanlagen erzielen kann. Bisher sind die Anlagen nahezu werbefrei.
  • Der Bund soll von Sachsen-Anhalt 3,4 Mio. EUR für die verspätete Abstufung der B6-Ortsdurchfahrt Wernigerode und unzulässig auf den Bund abgewälzte Umbaumaßnahmen zurückfordern. (roe)

Externer Link: „Bemerkungen“ des Bundesrechnungshofs, Teilband III (u.a. BMVI)