Das geht aus einer Präsentation des BRH für die Verkehrsetat-Berichterstatter im Bundestags-Haushaltsausschuss hervor. „Ich halte die Unterlage für hervorragend geeignet, für Problembewusstsein über den Kreis der Verkehrs- und Haushaltspolitiker hinaus zu sorgen“, sagte die SPD-Berichterstatterin Bettina Hagedorn.
Wer entscheidet über Mauthöhe und Neubau?
Als besonders kritisch sieht er die Absicht der Bundesregierung an, der Gesellschaft mittelfristig Sinne eines geschlossenen Finanzierungskreislaufs Straße das Erhebungsrecht für Lkw- und Pkw-Maut einzuräumen, ohne dass das Parlament diesen Stufenplan stoppen kann. Damit werde die parlamentarische Kontrolle praktisch ausgehebelt. Derzeit wird die Maut erst im allgemeinen Haushalt vereinnahmt und nur per Parlamentsbeschluss den Verkehrsinvestitionen zugewiesen.
Ungelöst bleibe auch, wer über die Priorisierung der einzelnen Neu- und Ausbauprojekte entscheidet. Verklausuliert deutet der BRH an, dass die Gesellschaft versucht sein könnte, solche Projekte vorzuziehen, die möglichst hohe Mauteinnahmen versprechen,
Wer entscheidet über Rechtsform?
Als weiteren kritischen Punkt sieht der BRH die Gesellschaftsform an. Unter den Gesichtspunkten Transparenz und Kontrolle liegt die GmbH deutlich vor der Aktiengesellschaft. Werde die Gesellschaft als GmbH gegründet, bliebe bei der Evaluierung nach vier Jahren nur die Alternative Aktiengesellschaft übrig. Das Risiko bestehe darin, dass die Bundesregierung über eine Umwandlung ohne Mitsprache des Parlaments entscheiden könne. „Eine Aktiengesellschaft lehne ich nach den Erfahrungen mit der Deutschen Bahn AG ab“, sagte die SPD-Verkehrsetat-Berichterstatterin Bettina Hagedorn gegenüber dem Verkehrsbrief. Dem Bundesfinanzministerium wird nachgesagt, dass es trotz der Festlegung auf eine GmbH weiter mit einer AG liebäugelt.
Welche Kontrollrechte gibt es?
Ungewohnt vehement fordert der Bundesrechnungshof Prüfrechte für die Gesellschaft ein und macht sogar einen Formulierungsvorschlag. Bisher fehlt im Gesetzentwurf dazu jegliche Regelung, so dass der Rechnungshof nur sehr eingeschränkte Prüfrechte hätte. Mit dieser Forderung kann sich Hagedorn identifizieren: „Wir wollen keine Wiederholung von DB AG und LuFV.“
Wieviel Kredit darf die Gesellschaft aufnehmen?
Ein weitere Regelungslücke sieht der BRH in der Frage der Kreditfähigkeit. Grundsätzlich ist eine GmbH immer kreditfähig. Eine unbeschränkte Kreditfähigkeit lehnt der Rechnungshof ab, kann sich aber Liquiditätsdarlehen des Bundes vorstellen. Falls dennoch eine Kreditfähigkeit gewünscht ist, sollte sie mit einer Staatsgarantie ergänzt werden, um die Zinsen zu verringern. „Die SPD-Fraktion hat schon seit Anfang 2016 vorgeschlagen, das maximale Kreditaufnahmevolumen insgesamt auf die Höhe der jährlichen Mauteinnahmen zu deckeln“, sagte Hagedorn.
Welche Privatisierungsspielräume gibt es?
Der BRH sieht in der Ermächtigung für die Gesellschaft, sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben Dritter zu bedienen, ein Einfallstor für Privatisierungen durch die Hintertür, zum Beispiel in Form von großräumigen Netz-ÖPP. Die Aussage der Bundesregierung im Begründungsteil, dass eine solche „funktionale Privatisierung“ nicht beabsichtigt sei, reicht nach seiner Ansicht nicht aus.
Fragezeichen über Personalübernahme
Bei der Überführung von Personal, Gerät und Anlagen sieht der BRH noch große Abgrenzungsschwierigkeiten auf Bund und Länder zukommen. Als Beispiel nennt er Baden-Württemberg, wo die Straßenbauverwaltung von Autobahn bis Kreisstraße integriert bei den vier Regierungspräsidien aufgehängt ist.
Unterdessen werden auch in wirtschaftsnahen Fachkreisen Zweifel am Konzept des Bundes für die Personalübernahme geäußert. Die umfangreichen Möglichkeiten für die bisherigen Landesbeschäftigten, sich dem Wechsel zum Bund zu entziehen, würden ein hohes Risiko in sich bergen, dass der Bund am Ende ohne die Mitarbeiter für Planung und Baufsicht dasteht, die er haben möchte. Die Zusage zur Weiterbeschäftigung am bisherigen Arbeitsort erschwere es, die aus einer stärkeren Bündelung erhofften Effizienzvorteile zu erzielen.
Zu hoffen sei nur, dass durch den Wegfall der bisherigen Ping-Pong-Abstimmungsprozesse zwischen Bund und Ländern so viel Kapazität freigesetzt wird, um auch mit weniger Personal mehr Leistung erbringen zu können.
Zweifel am Zeitplan
Hagedorn zeigte sich angesichts der vielen offenen Punkt skeptisch zum Wunsch der Regierung, das Gesetzespaket bis Ende März zu verabschieden. „Eine seriöse Beratung mit diversen Anhörungen durch die Abgeordneten ist in dem von der Regierung vorgesehenen Zeitplan vollkommen unmöglich – deswegen wäre es unverantwortlich, ihn einzuhalten.“ Dem Vernehmen nach sind schon jetzt vier Anhörungen im Gespräch. (roe)