Zu diesem Ergebnis kommt eine neue szenarienbasierte Untersuchung des Öko-Instituts im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA).
Verglichen wurden vier Szenarien: Direkter Antrieb mit Strom, mit Strom erzeugtes Methan als komprimiertes oder verflüssigtes Gas (PtG), Wasserstoff (H2) und strombasierte Flüssigkraftstoffe (PtL). In die Betrachtung einbezogen wurden alle Verkehrsträger, die Straße segmentiert in „Straßennahverkehr“ (Pkw und Lkw bis 18t), Straßenfernverkehr mit Fokus auf schweren Lkw und ÖPNV-Linienbusse. Praktisch keine Rolle spielte in der Untersuchung der Schienenverkehr. Ihm wurde eine weitgehende direkte Elektrifizierung unterstellt.
Sorgenkinder Schifffahrt und Luftfahrt
Für den Luftverkehr ist neben den sehr beschränkt verfügbaren Biokraftstoffen nur PtL realistisch, für den Schiffsverkehr kommen PtG und PtL in Frage. Um die volkswirtschaftlichen Mehrkosten durch die Dekarbonisierung vor allem im Luftverkehr trotzdem gering zu halten, sollte der Fokus auf einem Bremsen des Verkehrsleistungszuwachses liegen.
Schlüssel ist Straßenverkehr
Die stärkste Hebelwirkung entfalten die verschiedenen Szenarien im Straßenverkehr. Die geringsten Anpassungshürden aus Nutzersicht hätte im Straßenverkehr ein Umstieg auf PtL, weil sowohl die vorhandene Tankstelleninfrastruktur als auch der Verbrennungsmotor weitergenutzt werden könnte. Wegen der geringen Effizienz der Gesamtkette von der Stromquelle bis zum Rad wäre der Energiebedarf jedoch deutlich höher als in jedem anderen Szenario.
Vergleichsweise teuer wäre auch der Umstieg auf die Brennstoffzelle im Straßenverkehr, weil die Fahrzeugkosten auf absehbare Zeit höher als für andere Antriebsarten bleiben werden. Lediglich für Fahrzeuge mit hoher Fahrleistung halten die Autoren die Brennstoffzelle für eine sinnvolle Option.
Elektro-Szenario mit vielen Unbekannten
Für das elektrische Szenario haben die Autoren angenommen, dass ab 2025 die Autobahnen mit Oberleitungen für Fernverkehrs-Lkw überspannt werden. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Oberleitungsoption sei aber, dass auch andere europäische Länder mitmachen. Unterstellt wurde auch, dass sich die Fahrzeugnutzer mit eingeschränkten Reichweiten und längeren „Betankungszeiten“ im Vergleich zu Verbrennungsantrieben abfinden.
Umstellungskosten unterscheiden sich um Faktor 3
Gegenüber einem „Weiter-so“-Szenario mit fossilen Kraftstoffen schätzen die Autoren die Umstellungskosten 2010-2050 des Elektroszenarios für den gesamten Straßenverkehr auf rund 350 Mrd. EUR. Zum Vergleich: Eine Umstellung auf strombasierte Flüssigkraftstoffe würde 540 Mrd. EUR kosten, auf Methan 570 Mio. EUR und auf Brennstoffzelle sogar gut 1 Billion EUR.
Welcher Antriebsmix ist sinnvoll?
Nicht berücksichtigt wurden in der Studie Wechselwirkungen der einzelnen Szenarien mit der Stromerzeugung. Damit haben sich die Mobilitätsforscher vom unabhängigen Reiner-Lemoine-Institut in einem Beitrag für die Fachzeitschrift GWF Gas+Energie auseinandergesetzt. Sie sind beispielhaft anhand eines halbstundenscharfen Tagesgangs von Autobahntankstellen zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Mix von Batterie- mit Brennstoffzellen-Fahrzeugen sinnvoll sein kann, um Lastspitzen für das Stromnetz durch das Laden von Batteriefahrzeugen zu mindern. Zugleich kann in Schwachlastzeiten mehr Überschussstrom genutzt werden als es bei stationären Batteriespeichern wirtschaftlich wäre. Unterstellt wurde, dass der Wasserstoff in einer Elektrolyse-Kleinanlage direkt an der Tankstelle erzeugt und gespeichert wird. (roe)
Externer Link: UBA-Studie zu Energieversorgung des Verkehrs bis 2050
