Groko-Verkehrspolitiker einig über Wunsch nach mehr Geld

  • Mehr Geld für ÖPNV und Schiene
  • Klimaschutz und Luftreinhaltung
  • Planungsbeschleunigung fest verankert
  • Kompromiss bei ÖPP
  • Rätselraten um Schifffahrtsabgaben

Die Verkehrspolitiker von Union und SPD wollen ein wahres Füllhorn über dem Verkehrssektor auschütten. Das jedenfalls geht aus einem am Freitag durchgesickerten Textentwurf der Arbeitsgruppe Verkehr und Infrastruktur hervor. Ob es dazu wirklich kommt, erscheint aber fraglich, denn schon im Sondierungsergebnis war der für Mehrausgaben zur Verfügung stehende Rahmen von 45 Mrd. EUR restlos ausgeschöpft worden (siehe hier). Selbst der Einstieg in den Ausstieg aus der Luftverkehrsteuer, der schon in den Koalitionsverhandlungen 2013 von den Haushaltspolitikern abmoderiert worden war, hat erneut Eingang in den Forderungskatalog gefunden.

Ebenfalls fraglich erscheint, ob alle Vorhaben im Koalitionsvertrag verbindlich vereinbart werden, denn das Arbeitspapier übersteigt die maximal erwünschte Textlänge um fast die Hälfte. An einigen Stellen rufen innere Widersprüche auch den Eindruck hervor, es seien zunächst alle Wünsche der Verbände aufgenommen worden, ohne sie vorab sorgfältig zu filtern.

Offiziell strittig gesetzt sind nur der Personalübergang beim Betreiberwechsel im ÖPNV und die Frage, ob sich der Bund für eine Wiedereinführung der Präklusion bei Planfeststellungsverfahren einsetzen soll. Der Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre im PBefG ist überraschenderweise unstrittig.

Mehr Geld für ÖPNV und Schiene

Zusätzlich beglücken wollen die Unterhändler vor allem ÖPNV und SPNV: Neben dem bereits im Sondierungsergebnis vereinbarten Hochlauf des GVFG-Bundesprogramms auf 1 Mrd. EUR/Jahr soll ein weiteres Programm aufgelegt werden. Aus diesem sollen Ersatzneubauten für mit Bundesmitteln finanzierte ÖPNV-Infrastrukturen unterstützt werden.

Mit einem Sonderprogramm soll der Bund außerdem die Elektrifizierung von Schienenstrecken unterstützen. Ziel ist, dass 2025 70 Prozent des Netzes elektrifiziert sind – derzeit sind es rund 60 Prozent. Auf nicht elektrifizierten Strecken soll es Förderung für den Umstieg auf Hybridantrieb und Brennstoffzelle geben. Noch ehrgeiziger ist das Ziel, bis 2020 die „priorisierten Maßnahmen“ für das 740m-Netz für den Güterverkehr umzusetzen.

Allerdings zeichnen sich auch neue Verzögerungen im Bahnbereich ab: Die Projekte des potenziellen Bedarfs sollen erst „zum 3. Quartal 2018“ bewertet werden.

Auffällig ist, dass die „Halbierung“ der Trassenpreise für den Schienengüterverkehr nicht ausdrücklich erwähnt wird. Sehr allgemein heißt es, die Senkung der Trassenpreise werde weiterverfolgt. Dafür hat die im Masterplan Schienengüterverkehr enthaltene Idee zum (Wieder-) Aufbau einer staatlichen Schienenverkehrsforschung sogar in zwei Textvarianten Berücksichtigung gefunden.

Wenig überraschend wollen Union und SPD am integrierten DB-Konzern festhalten und schließen jegliche Privatisierung aus. Durch Satzungsänderung sollen aber die Vorstände der Infrastruktursparte auf volkswirtschaftliche Ziele verpflichtet werden.

Klimaschutz und Luftreinhaltung

Vage bleibt die Position in Sachen Hardware-Nachrüstung in der Diesel-Pkw-Bestandsflotte. Darüber solle aber noch 2018 entschieden werden, heißt es mit vielen „Wenn“ und „Aber“. Die Blaue Plakette oder ähnliche Instrumente werden nicht erwähnt.

Eine Überraschung dürfte sein, dass die Verkehrspolitiker den Städte rechtliche Handhabe einräumen wollen, nicht nur kommunalen Flotten, ÖPNV, Taxen und Carsharing-Fahrzeugen strengere Abgasregeln aufzuerlegen, sondern auch Paket-, Express- und Kurierdiensten (KEP-Fahrzeugen). Im Gegenzug sollen Kaufanreize verstärkt (E-Auto-Kaufprämie) oder neu geschaffen werden (alternative Antriebe für leichte Nutzfahrzeuge). Übrigens sollen auch gewerbliche Transporte mit Lkw unter 3,5t künftig den Regeln für den Güterkraftverkehr unterliegen.

Fest verankert wird die schon im Sondierungsergebnis angedeutete Strategie „Zukunft der bezahlbaren und nachhaltigen Mobilität“, ein Aktionsprogramm für den Klimaschutz einschließlich „verlässlicher Zeitschiene“. Das soll eine Kommission unter Einbeziehung aller Akteure bis Anfang 2019 erarbeiten.

Planungsbeschleunigung fest verankert

Bestätigt wird die Ankündigung von Verkehrsstaatssekretär Enak Ferlemann, an einer Handvoll Infrastrukturprojekten Maßnahmengesetze nach dänischem Vorbild zu erproben. Zudem soll bei allen Schienenverkehrsprojekten das Ergebnis des Bürgerdialogs dem Bundestag vorgelegt werden, um dann gegebenenfalls über Lärmschutz über das gesetzlich geforderte Maß hinaus zu entscheiden. Vor allem für Lärmschutz und für Ersatzneubauten soll verstärkt die Plangenehmigung anstelle der aufwendigen Planfeststellung genutzt werden. Vage werden auch Änderungen im Umweltrecht gefordert, um Infrastrukturbau zu erleichtern.

Kompromiss bei ÖPP

Die aus Unionssicht ebenfalls baubeschleunigend wirkenden ÖPP-Projekte der ersten bis dritten Staffel können weitergeführt werden. Voraussetzung ist aber, dass die Wirtschaftlichkeit transparent nachgewiesen wird. Sofern die Konzessionsnehmer zustimmen, sollen auch Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und Verträge nach Abschluss veröffentlicht werden.

Für die Länder gibt es die gute Nachricht, dass endlich die im Bund-Länder-Kompromiss zur Autobahngesellschaft vereinbarte Neuregelung der Zweckausgabenpauschale für die verbleibenden Bundesfernstraßen in Angriff genommen werden soll. Aber schon eine Aufstockung auf 10 Prozent würde den Bund nach Schätzung des Verkehrsbriefs rund 120 Mio. EUR/Jahr kosten.

Rätselraten um Schifffahrtsabgaben

Freuen kann sich die Binnenschifffahrt – jedenfalls über einen Teil des Textes: Dort wird die Aufhebung der Schifffahrtsabgaben (mit Ausnahme des Nord-Ostsee-Kanals) in Aussicht gestellt. Einige Zeilen später jedoch gelten die Gebühren wieder als gegeben und es wird lediglich eine Staffelung in Aussicht gestellt. Auf jeden Fall hat die Idee eines Masterplans Binnenschifffahrt Eingang ins Papier gefunden (siehe hier), und sogar der Vorschlag eines digitalen Testfelds Elbe (siehe hier) findet Erwähnung. (roe)