Bauindustrie: Planungspersonal wird dauerhaft knapp bleiben

  • Nachprüfungsärger steht Qualitätswettbewerb im Wege
  • Vom Nachfrager- zum Anbietermarkt?

„Es ist eine völlige Illusion zu glauben, dass die verlorengegangenen Planungskapazitäten in den öffentlichen Verwaltungen und Unternehmen wieder aufgebaut werden.“ Dagegen spreche allein schon die Demographie, sagte Strabag-Vorstand Marcus Kaller am Mittwoch auf einer Veranstaltung des Bauindustrieverbandes HDB zum Thema Partnerschaftliches Bauen. Er forderte deshalb, die vorhandenen Kapazitäten effizienter zu nutzen als bisher.

Das bedeute, kooperativ im Team von Auftraggebern und Auftragnehmern zu planen, aber auch, erst dann zu bauen, wenn fertig geplant ist. Private Auftraggeber hätten das schon längst begriffen, bei der öffentlichen Hand seien aber nachträgliche Änderungswünsche an der Tagesordnung. Deutschland sei auch das einzige Land, in dem Planung und Bau so streng getrennt seien. Je mehr Phasen in einer Hand liegen, desto höher sei das Optimierungspotenzial. Gegenüber dem Verkehrsbrief stellte Kaller deshalb auch den Grundsatz der mittelstandsfreundlichen Vergabe in Fach- und Teillosen in Frage.

Weitere Optimierungsmöglichkeiten sieht der Verband in einem Verzicht auf zeitraubende Streitereien. „Jeder von uns sollte seine eigene Umgangskultur hinterfragen“, sagte HDB-Präsident Peter Hübner. Martin Regnath von der öffentlichen Planungsgesellschaft Deges spielte den Ball zurück: Nötig sei ein Konsens zwischen Auftraggebern und Unternehmen, dass nicht auf jede Vergabe eine Nachprüfungsverfahren folgt.

Nachprüfungsärger steht Qualitätswettbewerb im Wege

Solange das an der Tagesordnung sei, werde sich auch kaum ein Auftraggeber von der Praxis abwenden, den Zuschlag im Zweifelsfall dem billigsten und nicht dem „wirtschaftlichsten“ Bieter zu erteilen. „Der Preiswettbewerb ist sehr rechtssicher“, sagte Regnath. Angesichts der heute üblichen Anfechtungen sei es zu riskant, qualitative Kriterien in die Bewertungsmatrix aufzunehmen, ließ er durchblicken. Kaller, gebürtiger Österreicher, sagte gegenüber dem Verkehrsbrief, die mehrstufige Vergabeanfechtung sei in anderen europäischen Ländern unbekannt – dort gebe es nur eine Instanz, die abschließend entscheidet.

Vom Nachfrager- zum Anbietermarkt?

Ein im Hintergrund immer wieder diskutiertes Thema waren Kapazitätsengpässe in der Bauwirtschaft. Tim Lorenz vom Baukonzern Eurovia ließ sehr deutlich durchblicken, dass sein Unternehmen keine Angebote mehr bei öffentlichen Auftraggebern abgibt, die in der Vergangenheit Schwierigkeiten bereitet haben oder Risiken nicht wahrhaben wollten. Auch Kaller bestätigte, dass man sich nicht mehr um jedes Stöckchen balgt, das einem hingeworfen wird.

Externer Link: Broschüre Bauen statt streiten