Planungsbeschleunigung bleibt mühsames Geschäft

  • Verkürzen Dialogverfahren die Planfeststellung?
  • Doppelprüfungen beibehalten?
  • EBA will Anhörungsbehörde werden

Infrastrukturprojekt-Experten warnen die Große Koalition davor, sich von einer Wiedereinführung der Präklusion – der „Einsendeschluss“ für Einwendungen“ im Umweltrecht – zuviel zu versprechen. „Die Gefahr ist, sich damit das eigene Grab zu schaufeln“, sagte der Projektmoderator Wulf Hahn am Montag auf einer Veranstaltung der Grünen-Bundestagsfraktion zu Bürgerbeteiligung und Planungsbeschleunigung. Zum Beispiel könne ein Verband, der bei der Erörtung noch nicht existierte, trotzdem später vor Gericht klagen. Thomas Burke vom Eisenbahn-Bundesamt (EBA) erinnerte daran, dass die vom EuGH 2015 gekippte Präklusion nur für das Umweltrecht galt, aber nicht für alle anderen Rechtsbereiche. Das habe Rechtsunsicherheiten vor Gericht verursacht.

Hahn betonte, die größten Planungsverzögerungen würden durch „Fehlplanungen“ verursacht. Zum Beispiel habe die hessische Straßenbauverwaltung versucht, die A49 durch naturschutzrechtliche „Taburäume“ zu führen, und habe damit Schiffbruch erlitten.

Verkürzen Dialogverfahren die Planfeststellung?

Auf ein allgemein positives Echo stießen die Dialogverfahren der Deutschen Bahn, erstmals zum Abschluss gebracht 2015 beim Dialogforum Schiene Nord (siehe hier). Ob sich dadurch die formellen Planfeststellungsverfahren (PFV) verkürzen lassen, sei mangels Erfahrung noch offen, sagten Hahn und Burke.

Ein Ersatz seien sie jedenfalls nicht, auch nicht teilweise, betonte Burke: Es stelle sich die Frage, ob alle relevanten Personen beteiligt waren, und welche Legitimation ein Dialogforum hat. DB-Kommunikationsmanager Michael Baufeld hob als Vorteil aber hervor, dass man nach einem Dialogforum nicht mit falschen Prämissen ins formelle Verfahren geht. Nach Ansicht des pensionierten BUND-Verkehrsexperten Werner Reh werde außerdem bei Klagen erleichtert, vor Gericht den Nachweis einer ordentlichen Abwägung zu führen.

Vorteil sei auch, dass sich alle beteiligten Akteure schon im Dialogverfahren „nackig“ machen müssten, sagte Reh, und meinte damit ihre Einwände gegen das Projekt. Burke sagte allerdings – ohne konkrete Beispiele zu nennen – schwierig werde es, wenn „getrickst“ werde und Einwände zurückgehalten werden, um ein Projekte in einem späteren Etappe zu verzögern.

Doppelprüfungen beibehalten?

Auf Skepsis stieß die vom regierungsnahen Innovationsforum Planungsbeschleunigung geforderte Beseitigung von Doppelprüfungen, zum Beispiel der Umweltprüfungen im Raumordnungsverfahren (ROV) und im Planfeststellungsverfahren. Die Umweltprüfung im ROV sei viel großräumiger und gröber als die im PFV, sagten Reh und Hahn.

EBA will Anhörungsbehörde werden

Besondere Kopfschmerzen bereiten dem EBA derzeit die Zusagen der Politik zum übergesetzlichen Lärmschutz, zum Beispiel bei der Rheintalbahn. Die Mitarbeiter seien eigentlich gehalten, nach Gesetz zu entscheiden. Wenn man besseren Lärmschutz wolle, sollte das gesetzlich fixiert werden, und zwar möglichst für alle Bahnprojekte gleichermaßen, damit das EBA nicht zum Buhmann wegen Ungleichbehandlung wird.

Burke nutzte die Gelegenheit, um dafür zu werden, das EBA auch zur Anhörungsbehörde zu machen. Derzeit habe man es mit 33 Anhörungsbehörden zu tun. Eine gemeinsame IT-Schnittstelle sei quasi undenkbar.Es habe auch Fälle gegeben, wo Anhörungsbehörden Verfahren verzögert hätten, um ihnen wichtige Veränderungen durch die Hintertür durchzusetzen. Gegenüber dem Verkehrsbrief verwies Burke darauf, dass die große Koalition das künftige Fernstraßen-Bundesamt aus gutem Grund auch zur Anhörungsbehörde gemacht habe.

Seine Forderung untermauerte er mit einem Diagramm, wonach die Anhörungsbehörden je Verfahren rund drei Mal soviel Zeit benötigen wie das EBA als Planfeststellungsbehörde. Nach seiner Einschätzung wird die Zusammenlegung der beiden Funktionen auch Teil des Planungsbeschleunigungs-Gesetzes werden. (roe)