- O-Lkw mit Vorteilen und vielen offenen Fragen
- PtX als Bindeglied?
- Dena zweifelt an CO2-Minderungsziel für den Verkehr
- Votum für 95-Prozent-Ziel
Andreas Kuhlmann, Geschäftsführer der bundeseigenen Deutschen Energieagentur (Dena), plädiert dafür, die Entscheidung über den Weg der Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs für fünf Jahre zu vertagen. In der Zwischenzeit sollte die Bundesregierung alle verfügbaren Technologien – Batterielektrischer Antrieb, Oberleitungs-Lkw, Brennstoffzelle und Flüssigerdgas/LNG – ausprobieren, um am Ende eine fundierte Entscheidung fällen zu können, sagte er in einem Pressegespräch zu der am Montag vorgestellten Dena-Leitstudie zur integrierten Energiewende.
O-Lkw mit Vorteilen und vielen offenen Fragen
Dem Oberleitungs-Lkw in seiner Ausprägung als Diesel-Hybrid ist ein eigener Exkurs gewidmet. Vorteil seien die hohe Energieeffizienz im Hauptlauf und die im Vergleich zu anderen Energieträgern geringsten Kosten. Dem gegenüber stehen ein ausgeprägtes Henne-Ei-Problem – ohne Oberleitung keine Fahrzeugkäufer, ohne O-Lkw keine Rentabilität der Oberleitung – und die Frage, ob ausländische Lkw mitspielen würden.
Für die Energiewende im Pkw-Verkehr ist Kuhlmann zuversichtlicher. Laut Studie laufe alles auf batterielektrischen Antrieb und Teilelektrifizierung (Hybridantrieb) hinaus. Für die Brennstoffzelle im Pkw sehen die Autoren der Studie vom Forschungsinstitut Ewi Energy Research & Scenario wegen des weiter hohen Mehrpreises nur eine Nischenrolle.
PtX als Bindeglied?
„Wir müssen auch die Powerfuel-Diskussion führen“, forderte Kuhlmann mit Blick auf strombasierte flüssige und gasförmige Kraftstoffe (PtX/E-Fuels). Anders als die Think-Tanks Agora Verkehrswende und Agora Energiewende glaube er nicht, dass „alles über Elektrifizierung geht“. Aus Sicht der Dena seien Powerfuels das Bindeglied zwischen volatiler Stromerzeugung und den Nachfragespitzen. Vorteile von Powerfuels sind laut Studie, dass die vorhandene Tankstelleninfrastruktur weitergenutzt werden. Nachteil ist die geringe Energieeffizienz. Die Dena plädiert dafür, Powerfuels in klimatisch begünstigten Weltregionen zu erzeugen und von dort zu importieren.
Dena zweifelt an CO2-Minderungsziel für den Verkehr
Grundsätzlich ist Kuhlmann aber pessimistisch, was das Ziel von 40 Prozent CO2-Minderung im Verkehr bis 2030 betrifft. „Ich bin bereit, da auch eine harte Auseinandersetzung zu führen.“ Er führte die geringen Minderungsraten in der Vergangenheit an.
Ewi-Hauptautor Harald Hecking ließ durchblicken, dass der Verkehrssektor besonders unelastisch auf Preisänderungen reagiert. Wenn man die Mineralölsteuer als CO2-Preis auffasse, werden fossile Kraftstoffe schon jetzt mit 180 bis 250 EUR/t CO2 belastet, einem Mehrfachen des aktuellen CO2-ETS-Zertifikatepreises. Trotzdem werde Auto gefahren, weil der Bürgeres eben so wolle.
Votum für 95-Prozent-Ziel
In der Studie haben die Gutachter ein Referenzszenario auf Status-Quo-Basis sowie die Szenarien „Elektrifizierung“ und „Technologiemix“ für jeweils 80 und 95 Prozent CO2-Minderung durchgespielt. Er betonte, dass die Studie keine Handlungsanleitung sein soll, sondern der Vergleich der Szenarien dazu beitragen soll, zwischen Handlungsoptionen entscheiden zu könnem.
Kuhlmann plädiert dafür, ein 95-Prozent-Ziel in Angriff zu nehmen. Es sei dann wahrscheinlicher, dass der Markt mit positiven innovativen Lösungen überrasche. Im Gegenzug könnten negative Überraschungen leichter weggesteckt werden, ohne die Paris-Ziele zu gefährden. Der Industrieverband BDI war in seiner Studie „Klimapfade für Deutschland“ (siehe hier)hingegen zum Ergebnis gekommen, das nur das 80-Prozent-Ziel ohne Verwerfungen für die Wirtschaft und ohne globalen Konsens umsetzbar ist. (roe)
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