Krach in BMVI-Initiative für schnellere Planung

Der Umweltverband BUND, der einziger Vertreter der Umweltseite in dem Gremium war, hat nach dessen Vorlage seinen Austritt erklärt. Er begründete den Schritt damit, dass ein Teil der Handlungsempfehlungen in die Rechte der Umweltverbände eingreifen würde. Der Verband befürchte, als Feigenblatt für ein Papier herangezogen zu werden, das er in zentralen Punkten nicht mittrage, heißt es in der Austrittserklärung an Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt.

Das Innovationsforum, für das es laut Dobrindt „keine Denkverbote“ gibt, war Anfang Juli 2016 gestartet. Vertreten waren die Länderverkehrsministerium, Bauwirtschaft und mit Verkehrsinfrastruktur befasste Unternehmen und Verbände. Aus Verbandskreisen ist zu hören, dass der finale Bericht am 28. März vorgestellt werden soll.

Änderungen des EU-Umweltrechts gefordert

Im Entwurf des Abschlussberichts wird unter anderem gegen das Votum des BUND von der Mehrheit der Teilnehmer empfohlen,

  • die vom Europäischen Gerichtshof 2015 gekippte materielle Präklusion wieder einzuführen und dafür die EU-Richtlinie für Umweltverträglichkeitsprüfungen zu ändern. Das hieße, dass erst nach Ablauf der Einwendungsfrist auf dem Klageweg vorgebrachte Umwelteinwendungen nicht berücksichtigt werden müssten. Notfalls müsse auch die sogenannte Aarhus-Konvention geändert werden.
  • das in der EU-Wasserrahmenrichtlinie verankerte Verschlechterungsverbot nicht als absolutes Verbot, sondern als Abwägungsbelang auszugestalten. Das Verschlechterungsverbot ist zum Beispiel die schwerste Hürde für eine Elb- und Weservertiefung;
  • nicht gefährdete Arten aus der EU-Vogelschutzrichtlinie herauszunehmen;
  • in der FFH-Richtlinie die Liste gefährdeter Tierarten zu aktualisieren und nicht mehr gefährdete Arten zu streichen sowie klarstellende Regelungen zum Bestandsschutz bestehender Anlagen aufzunehmen.
Neue Wege im Planfeststellungsrecht

Dem nationalen Gesetzgeber wird unter anderem empfohlen,

  • ein zweistufiges Planfeststellungsverfahren zu prüfen, bei dem im ersten Schritt wie im heutigen Raumordnungsverfahren unter frühzeitiger Bürgerbeteiligung eine Vorzugsvariante bestimmt wird, während der zweite Schritt dem heutigen Planfeststellungsverfahren entspricht. Vorteil wäre, dass die Umweltverträglichkeitsprüfungen weiterverwendet werden könnten und das gesamte Verfahren in den Häden einer Behörde liegt;
  • zu prüfen, inwieweit bei Bedarfsplanvorhaben das Hinwegsetzen über früher festgesetzte Raumordnungsziele erleichtert werden kann;
  • zu prüfen, ob bei wichtigen Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs die Vorzugsvariante auf Grundlage einer geeigneten Strategischen Umweltprüfung durch Bundesgesetz festgelegt werden könnte. Damit die Möglichkeit der Gerichte eingeschränkt, bei beklagten Projekten auf Varianten zu verweisen;
  • die Linienbestimmung bei Bundesstraßen in Auftragsverwaltung fakultativ den Ländern zu überlassen;
  • für Verkehrsinfrastrukturprojekte analog zum Stromnetzausbau die Möglichkeit zu schaffen, einen einen Projektmanager zur Vorbereitung und Durchführung von Verfahrensschritten einzusetzen;
  • eine verbindliche Auslegung der Planfeststellungsunterlagen im Internet vorzuschreiben, um die Reichweite der Bürgerbeteiligung zu erhöhen;
  • klarer zu formulieren, bei welchen Projektkategorien die einfachere Plangenehmigung ausreicht und auf das aufwendige Planfeststellungsverfahren verzichtet werden kann (zum Beispiel bei Brücken-Ersatzneubauten);
  • das Eisenbahn-Bundesamt auch mit der Funktion der Anhörungsbehörde zu betrauen – so wie es beim Fernstraßen-Bundesamt vorgesehen ist.
Verkehrsinteressen besser ins Regierungshandeln einbringen

Als Maßnahmen unterhalb der Gesetzesebene empfiehlt das Gremium unter anderem:

  • im BMVI eine Stelle zu schaffen, die Interessen des Verkehrsbereichs systematisch innerhalb der Bundesregierung und auf europäischer Ebene einbringt.
  • in der Geschäftsordnung der Bundesregierung festzulegen, dass deutsche Positionen in internationalen und EU-Umweltrechtsfragen mit Relevanz für den Verkehrsbereich der ausdrücklichen Zustimmung der betroffenen Ressorts bedürfen und auch Vertreter des Verkehrsbereichs zu entsprechenden Gremien und Konferenzen entsandt werden können;
  • eine Wissensplattform zum Umweltschutz einzurichten, die die Flut von Fachinformationen sammelt und systematisiert. Außerdem sollten Datenbanken für Kartier- und Artendaten aufgebaut werden;
  • Muster-Planfeststellungsbeschlüsse zu erstellen;
  • Checklisten für die einzelnen Planungsstufen aufzustellen, um so unnötige Fehler zu vermeiden;
  • den Genehmigungsbehörden feste Prüfkriterien für Planunterlagen an die Hand zu geben;
  • länderspezifische Sonderregelungen zu minimieren;
  • einen Sachverständigenrat für Streitfragen im Umweltbereich zu schaffen.

Darüber hinaus nimmt der Bericht auch zahlreiche Empfehlungen der Reformkommission Großprojekte auf (siehe hier).

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