- Lösung über das EU-Recht
- „Halbierung“ wird wohl nicht kommen
Die Sorge, dass eine Trassenpreisreduzierung für den Schienengüterverkehr das Binnenschiff kannibalisiert, statt Güter von der Straße zu holen, wird von der Politik geteilt. Das machten sowohl Verkehrsstaatssekretär Enak Ferlemann als auch Umweltstaatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter am Dienstag auf einer gemeinsamen Veranstaltung mehrerer Bahnverbände und der Bahngewerkschaft EVG deutlich. Lösungen, wie diese Gefahr ausgeräumt werden kann, hatten sie aber nicht anzubieten.
Auch die Verbände zeigten sich ratlos. Ludolf Kerkeling vom Güterbahnverband NEE sagte, man habe diese Frage hin- und herdiskutiert, aber keine Lösung gefunden. Jürgen Tuscher vom Wagenhalterverband VPI regte an, die Trassenpreisreduzierung nach Marktsegmenten zu differenzieren: Während der Ganzzugverkehr im allgemeinen keine Erleichterung benötige und außerdem am stärksten in Konkurrenz zum Binnenschiff stehe, müsse der Einzelwagenverkehr – der im übrigen auch am stärksten im Wettbewerb mit dem Lkw steht – klar entlastet werden.
DB-Vorstand Berthold Huber lehnte ein derart kompliziertes Modell ab. Auch Dirk Flege von der Allianz pro Schiene widersprach energisch und machte deutlich, dass in diesem Fall Schnelligkeit wichtiger sei als Genauigkeit.
Lösung über das EU-Recht?
Ein langjähriger Bahnmanager ließ am Rande der Veranstaltung gegenüber dem Verkehrsbrief durchblicken, dass die DB-Trassenpreissystematik in Verbindung mit dem EU-Recht schon jetzt ermögliche, typische Binnenschiffsladungen zu schonen: Der Trassenpreis muss laut EU-Recht mindestens die Höhe der unmittelbaren Kosten des Zugbetriebes betragen (Grenzkosten). Für besonders schwere Güterzüge seien die Grenzkosten wegen der Gleisabnutzung deutlich höher als für „leichte“ Güterzüge. Dementsprechend sei die Möglichkeit, die Trassenpreise für schwere Güterzüge abzusenken, vergleichsweise beschränkt. Im DB-Trassenpreissystem für 2018 sind das Züge über 3000t Gesamtgewicht, entsprechend etwa 2100t Ladung.
| Unmittelbare Kosten des Zugbetriebs | Trassenpreis | Maximales Potenzial zur Senkung | |
| Standard-Güterzug | 1,32 | 2,83 | 53% |
| Güterzug über 3000t | 2,34 | 4,05 | 42% |
Angaben in EUR je Trassenkilometer; Quelle: DB Netz AG/eigene Berechnung
„Halbierung“ wird wohl nicht kommen
Ferlemann vermied es, von einer Halbierung der Trassenpreise zu sprechen, sondern stellte nur eine „deutliche Senkung“ in Aussicht. Auch das kolportierte Volumen von 360 Mio. EUR/Jahr wollte er ausdrücklich nicht bestätigen. Ziel sei es aber, dass die Senkung schon zum Fahrplanjahr 2018 wirksam wird. Dafür sei noch viel Überzeugungsarbeit im Bundesfinanzministerium und bei den Haushaltspolitikern zu leisten. Als Laufzeit brachte er fünf Jahre ins Spiel.
Deutlich wurde auf der Veranstaltung, dass die rechtlich korrekte Umsetzung noch eine Herausforderung wird. Der Bund könne der Aktiengesellschaft DB AG nicht einfach vorschreiben, die Trassenpreise zu senken, selbst wenn er die entstehende Einnahmelücke stopft. In Branchenkreisen wurde ins Spiel gebracht, die Mittel stattdessen direkt an die Verkehrsunternehmen auszuschütten. (roe)