Neue Vorschläge für behutsame Planungsbeschleunigung

  • Instandsetzung und Unterhaltung weiter fassen
  • Instrument Plangenehmigung besser nutzen
  • Planfeststellung selbst beschleunigen
  • Vorsichtige Erfolgsprognose
  • Innovationsforum Planungsbeschleunigung

Bei rund 40 Prozent aller Brücken-Ersatzneubauten von Bundesfernstraßen ließe sich auf ein aufwendiges behördliches Genehmigungsverfahren verzichten, wenn das nationale Recht im bestehenden EU-Rahmen angepasst würde. Für einen Großteil der verbleibenden 60 Prozent könnte statt des aufwendigen Planfeststellungsverfahrens eine Plangenehmigung ausreichen. Dieses Ziel vertritt die Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer in einem Gutachten für den Bauindustrieverband HDB, den Industrieverband BDI, den Baustoffverband BBS, den DB-Arbeitgeberverband Agv Move und Pro Mobilität, das am Montag in Berlin an Verkehrsstaatssekretär Enak Ferlemann übergeben wurde.

Instandsetzung und Unterhaltung weiter fassen

Ansatzpunkt ist §17 des Bundesfernstraßengesetzes, wonach bei Bau oder Änderung von Bundesfernstraßen ein Planfeststellungsverfahren notwendig ist. Aus Vorsichtsgründen würden selbst 1:1-Ersatzneubauten viel zu häufig als „Änderung“ interpretiert, obwohl es sich nach gängiger Rechtsprechung eigentlich um Unterhaltung oder Instandsetzung handeln könnte.

Die Gutachter empfehlen daher eine Klarstellung in Form einer Anlage zu §17 FStrG, in der diejenigen Projekte aufgelistet werden, die nach Ansicht des Gesetzgebers keine Planfeststellungsverfahren erfordern. Alternativ sei eine Generalklausel denkbar, wonach Brückensanierungen in der Regel nicht als Änderungen gelten. Ein analoges Vorgehen sei für Bahnbrücken im §18 des Allgemeinen Eisenbahn-Gesetzes (AG) denkbar, hob Wolf Friedrich Spieth von Freshfields hervor.

Falls der Bund von Gesetzesänderungen absehen möchte, bliebe noch die Möglichkeit, entweder über Verwaltungsrichtlinien für die Länder und des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA) oder über Verwaltungsvorschriften klarzustellen, wann eine Planfeststellung nicht notwendig ist.

Ferlemann begrüßte die Vorschläge des Gutachtens und kündigte an, die Vorschläge für Anlagen zu FStrG und AEG auf den Weg zu bringen.

Instrument Plangenehmigung besser nutzen

Für die verbleibenden Fälle schlägt Freshfields vor, soweit wie möglich von der Plangenehmigung anstelle der Planfeststellung Gebrauch zu machen. Bei der Plangenehmigung fällt der zeitaufwendige Erörterungstermin weg.

Nach heutigem Recht ist die Plangenehmigung aber nur möglich, wenn keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) notwendig ist. Die Gutachter empfehlen daher, die Möglichkeit der Plangenehmigung durch eine gesetzliche Klarstellung auch auf diese Fälle auszuweiten. Auf jeden Fall sollten die Verwaltungen Leitlinien an die Hand bekommen, damit sie nicht in vorauseilendem Gehorsam gleich eine Planfeststellung verlangen.

Planfeststellung selbst beschleunigen

Falls ein Planfeststellung unausweichlich ist, sollten laut Freshfields immer geprüft werden, ob durch eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung der Konsens nicht im Vorfeld hergestellt werden kann. Dann kann die Genehmigungsbehörde eine sogenannte Unterbleibensentscheidung treffen. Ebenfalls jedes Mal ernsthaft geprüft werden, ob auf den Erörtungstermin verzichtet werden kann.

In das FStrG sollte analog zu anderen Gesetzen die Möglichkeit aufgenommen werden, noch vor Verfahrensabschluss mit vorbereitenden Arbeiten zu beginnen, zum Beispiel Bodenuntersuchungen oder archäologischen Grabungen.

Schließlich sollte eine „Redaktionsschluss“ für das Verfahrensrecht eingeführt werden: Veränderungen des Verfahrensrecht sollen sich auf bereits angefangene Verfahren nicht auswirken, weil sich damit die Geschäftsgrundlage grundlegend verändern kann und im Extremfall ein komplett neues Verfahren erfordert.

Vorsichtige Erfolgsprognose

Ferlemann zeigte sich auf Nachfrage zuversichtlich, dass das Bundesumweltministerium die jetzt vorgeschlagenen Änderungen mittragen kann, weil es nicht um Neu- und Ausbau geht. Spieth räumte zwar ein, dass die Vorschläge weder mit Umweltverbänden noch mit dem Umweltressort erörtert worden seien; sie seien aber nach seiner Einschätzung mit dem bestehenden EU- und Umwelt-Rechtsrahmen vereinbar.

Grundsätzlich aber, das betonten sowohl Spieth als auch Ferlemann, führe nichts an einem „großen Wurf“ vorbei, bei dem auch die europäische UVP-Richtlinie angepasst werden muss. Ferlemann sagte, auch andere Länder sähen sich zunehmend beim Infrastrukturbau behindert. Er ließ allerdings durchblicken, dass das noch eine muntere Diskussion mit dem Umweltressort geben werde.

Innovationsforum Planungsbeschleunigung

Der Abschlussbericht des Innovationsforums Planungsbeschleunigung, der eigentlich Ende März vorgelegt werden sollte, wird nun voraussichtlich Ende Mai veröffentlicht werden. Wie aus Teilnehmerkreisen zu hören ist, sollte mit der Verschiebung verhindert werden, dass die Vorschläge unter die Räder des Wahlkampfs in Schleswig-Holstein und NRW kommen.

Externer Link: Gutachten zur Planungsbeschleunigung