Länder für Assistenzsysteme gegen schwere Lkw-Unfälle

  • Lkw-Unfälle am Stauende überwiegend vermeidbar
  • Abbiegeassistent findet breiten Rückhalt
  • Scheuer wird ungeduldig
  • UNECE-Entscheidung im Herbst?

Die Bundesregierung soll auf europäischer Ebene mehr Druck für eine verpflichtende Ausrüstung von Lkw mit Abiege- und zeitgemäßen Notbremsassistenten machen. Das fordert der Bundesrat in zwei am Freitag gefassten Entschließungen.

Lkw-Unfälle am Stauende überwiegend vermeidbar

Der niedersächsische Landesverkehrsminister Bernd Althusmann kritisierte, dass die von der EU seit 2015 verpflichtend vorgeschriebenen Notbremsassistenten für schwere Lkw laut einer gemeinsamen Untersuchung von niedersächsischer Verkehrswacht und Polizei zwar 25 Prozent der schweren Lkw-Auffahrunfälle verhindern könnten, wenn sie in allen Fahrzeugen installiert und aktiv wären. Mit den heute modernsten Notbremsassistenten könnten aber 86 Prozent der Unfälle verhindert werden. Bundesweit könnten damit pro Jahr 100 Verkehrstote und 675 Schwerverletzte vermieden werden. Die geltende EU-Vorschrift verlangt vom Assistenzsystem bei Annäherung an stehende Hindernisse oder Stauenden nur, die Geschwindigkeit um mindestens 20km/h zu reduzieren.

Die Länderkammer fordert daher die Bundesregierung auf, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, die Anforderungen an die verpflichtend einzubauenden Notbrems-Assistenzsysteme zu erhöhen. Ein dauerhaftes Ausschalten durch den Fahrer soll unmöglich gemacht werden, ebenso ein versehentliches Übersteuern. Die Abstandswarnung und die Erkennung „kleiner“ Hindernisse wie Motorräder seien zu verbessern. Althusmann sagte, wenn die Ausrüstungspflicht komme, würden auch die Preise für solche Systeme wegen der größeren Stückzahlen sinken.

Auf nationaler Ebene soll der Bund das dauerhafte Ausschalten von Notbremsassistenten verbieten. Das hatte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer allerdings schon Ende Mai für die nächste Novelle der Straßenverkehrsordnung angekündigt (siehe hier).

Abbiegeassistent findet breiten Rückhalt

In einer weiteren Entschließung forderte der Bundesrat, für Lkw ab 7,5t Abbiegeassistenten vorzuschreiben, die nicht nur vor schwächeren Verkehrsteilnehmern an der rechten Fahrzeugseite warnen, sondern im Bedarfsfall auch selbstständig bremsen (siehe hier). Während leistungsfähige Warnsysteme immerhin bei einem Hersteller (Daimler) erhältlich sind – wenn auch nicht für die gesamte Modellpalette -, ist eine Notbremsfunktion bisher nicht am Markt verfügbar.

Keine Mehrheit fand der Vorschlag des Bundesrats-Innenausschusses, Abbiegeassistenten auch für kleinere Lkw ab 3,5t und große Busse (EU-Fahrzeugklassen N2, N3 und M3) vorzuschreiben.

Scheuer wird ungeduldig

Bundesverkehrsminister Scheuer hatte sich in dieser Woche auf einer Veranstaltung von Pro Mobilität dafür ausgesprochen, nicht noch einmal drei oder fünf Jahre zu warten, bis die maßgeblichen UNECE-Gremien einer Ausrüstungspflicht mit leistungsfähigen Notbrems- und Abiegeassistenten zustimmen, „sondern auch einmal Entscheidungen zu treffen“. Er bezog dabei ausdrücklich auch eine Nachrüstpflicht mit ein.

UNECE-Entscheidung im Herbst?

Wie das BMVI in dieser Woche gegenüber dem Grünen-Verkehrsexperten Stefan Gelbhaar mitteilte,wird der Vorschlag für die verpflichtende Ausstattung von Lkw mit Abbiegeassistenten im Juni erneut in der Unterarbeitsgruppe bei der UNECE beraten. Der finale Entwurf solle bis zur Einreichungsfrist für offizielle Dokumente am 13. Juli 2018 bei der UNECE vorliegen. Eine Abstimmung in der Arbeitsgruppe Allgemeine Sicherheitsvorschriften könne dann bei der Sitzung im Oktober 2018 erfolgen. (roe)

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