Blaue Plakette bleibt Zankapfel der Verkehrsminister

  • Neuer Blick auf Messstellen
  • BF16, höhere Bußgelder und Radfahrregeln
  • Wetter, Bahnsteighöhen und Brücken

Die Verkehrsministerkonferenz in Nürnberg ist wieder mit dem inzwischen schon ritualisierten Dissens über die Blaue Plakette zu Ende gegangen. Während sich die Mehrheit der Länder dagegen aussprach, votierten die vier grünen Verkehrsminister dafür. Er wolle die blaue Plakette, um saubere Fahrzeuge erkennen zu können, sagte Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann auf der Abschlusspressekonferenz. Das bedeute eben gerade nicht „pauschale“ Fahrverbote.

In der traditionellen Sitzuordnung der VMK ist kein Platz für die „G-Länder“ vorgesehen: Winfried Hermann muss ganz links außen Platz nehmen. Weiter von links nach rechts: Christian Füldner, Sprecher von Senator Horch (B-Länder), Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und für die B-Länder Ilse Aigner (Bayern).

Offensichtlich näher beieinander waren die Länder in Sachen Hardware-Nachrüstung. „Wir fordern von der Industrie Nachrüstmöglichkeiten für so viele Fahrzeug wie möglich“, sagte der Hamburger Verkehrssenator Frank Horch. Außer erwarten die Länder vom Bund „dass kurzfristig eine abschließende und belastbare Position zur Eignung, Zweckmäßigkeit und Finanzierung von Hardware-Nachrüstung erarbeitet wird“.

Scheuer äußerte sich in dieser Frage erneut skeptisch und wies darauf hin, dass eine Hardware-Nachrüstung auf Kosten der Hersteller nicht nur rechtliche und finanzielle Fragen aufwirft, sondern auch nicht von heute auf morgen umzusetzen ist. Hermann hingegen sprach sich für eine Nachrüstpflicht auf Kosten der Hersteller aus. „Freiwilligkeit wird nicht ausreichen.“

Unzufrieden zeigte sich Scheuer mit dem Fortschritt der „freiwilligen“ Software-Updates (rund 2,8 Mio. Fahrzeuge). „Wer diesen Knall nicht gehört hat, muss sich die Verärgerung der Bürgerinnen und Bürger anhören.“ Er habe die Hersteller an ihre Selbstverpflichtung vom Diesel-Forum erinnert und auch auf Konsequenzen aufmerksam gemacht. Er werde sich jetzt wöchentlich über den Stand informieren lassen.

Neuer Blick auf Messstellen

Die Länder zeigten sich offen für den Vorschlag des Bundes, die Luftmessstellen daraufhin zu überprüfen zu lassen, ob ihre Standorte den europäischen Vorgaben entsprechen. Auf keinen Fall dürfe es passieren, dass im EU-Vertragsverletzungsverfahren Strafgelder bezahlt werden, nur weil Messstellen falsch platziert sind. Offen lässt der Beschluss, wer die Messstellen überprüfen soll. Sie mahnten aber an, bei der Überprüfung überall nach den gleichen Maßstäben vorzugehen. Indirekt regen sie eine Federführung des Bundes an.

BF16, höhere Bußgelder und Radfahrregeln

Die Länder sprachen sich erneut für einen Modellversuch zum begleiteten Fahren ab 16 Jahren aus und fordern den Bund auf, dafür die Ermächtigung der EU-Kommission einzuholen. Bisher lässt der EU-Rechtsrahmen begleitetes Fahren erst ab 17 Jahren zu.

Ausgesprochen vage fiel der Beschluss zum höheren Bußgeldern für verkehrssicherheitsgefährdende Ordnungswidrigkeiten aus. Es werden keinerlei konkrete Beträge genannt. Scheuer wollte sich auf Nachfrage auch nicht festlegen, ob er die von Fachleuten angeregte Generalüberholung des Bußgeldkatalogs unterstützt.

Rückhalt fand Baden-Württemberg für seinen Vorschlag, die Straßenverkehrsordnung (StVO) und die zugehörige Verwaltungsvorschrift (VwV-StVO) auf mehr Radfahrerfreundlichkeit hin zu novellieren. Nur teilweise gebilligt wurde der hessische Vorschlag zum Lärmschutz (siehe hier). Die Forderung, den Straßenverkehrsbehörden mehr Spielraum für Tempolimits aus Lärmschutzgründen einzuräumen, fand anscheinend keine Mehrheit.

Weitere Themen aus dem Straßenverkehr:
  • Umsetzungsstrategie automatisiertes und vernetztes Fahren
  • Maßnahmenpaket des Bundes für saubere Luft
  • Klimaschutz im Verkehr
  • Lkw-Notbremssysteme
  • Elektrokleinstfahrzeuge
  • Planungsbeschleunigung
  • Sicherheitsvorschriften für Baustellen (ASR A 5.2)
Wetter, Bahnsteighöhen und Brücken

Im Schienenverkehr waren offenbar die heißen Themen die Wetterfestigkeit des Eisenbahnverkehrs und die Bahnsteighöhen. Horch erinnerte daran, dass es mehr Extremwetter gebe als früher und sich die Deutsche Bahn vor allem als Infrastrukturbetreiber darauf einstellen müsse. Der bisher vorgelegte Maßnahmenplan für Prävention und Vegetationskontrolle der DB reicht den Ländern nicht aus. Sie fordern vom Bund, bis August einen „weitergehenden Maßnahmenplan für die Ertüchtigung unzureichender Infrastruktur“ vorzulegen.

Im Streit um die von Bund und DB verlangte Vereinheitlichung der Bahnsteighöhen auf 76cm verlieren die Länder offenbar die Geduld. Sie fordern zum einen, alle bereits laufenden Bauprojekte und Planungen fortzusetzen, solange der Streit noch andauert, und dabei einseitige Planänderungen zu unterlassen. Zum anderen wollen sie dem Bundesrat eine Änderung der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) einbringen lassen, die die Bahnsteighöhen 55cm mit 76cm gleichstellt und im übrigen die Mitsprache von Ländern und SPNV-Aufgabenträgern in Fragen der Barrierefreiheit sicherstellt.

Der Bund wird außerdem aufgefordert, binnen Jahresfrist festzulegen, welche Bahnstrecken möglicherweise elektrifiziert oder mehrgleisig ausgebaut werden, damit Brücken schon „auf Vorrat“ entsprechend dimensioniert werden können.

Weitere Themen aus dem Schienenverkehr:
  • Kundenorientiertes Bauen
  • Schienengüterverkehr
  • Bewertung potenzieller Bedarf
  • Alternative Antriebe

(roe)