Luftreinhalteplanung holt 2019 auch den Bund ein

  • Lehre aus dem Dieselskandal
  • Rund 300 Mio. EUR Kosten erwartet
  • Wirtschaft kritisiert mangelnde Einbindung
  • Sektorziele sinnvoll?
  • Rund 300 Mio. EUR Kosten pro Jahr erwartet

Der Bund wird bis März 2019 erstmals einen bundesweiten Luftreinhalteplan aufstellen müssen. Das sieht die EU-Richtlinie 2016/2284 vor, die mit der 43. Bundesimmissionsschutz-Verordnung (43. BImSchV) in nationales Recht umgesetzt werden soll. Der Entwurf wurde am Mittwoch dem Bundestag zur Zustimmung zugeleitet.

Ziel von Richtlinie und Verordnung ist, Risiken für Gesundheit und Umwelt durch die Luftschadstoffe Schwefeldioxid, Stickstoffoxiden, flüchtigen organischen Verbindungen außer Methan (NMVOC), Ammoniak, Ruß und ultrafeinen Feinstaub (PM2,5) zu verringern. Dafür hat die EU für jeden Schadstoff nationale Reduktionsziele für 2020 und 2030 gegenüber dem Basisjahr 2005 festgesetzt. Für 2025 ist kein verbindliches Ziel festgesetzt, die Mitgliedstaaten sollen aber zwischen 2020 und 2030 eine lineare Verringerung anstreben.

Lehre aus dem Dieselskandal

Um die Fortschritte transparent nachvollziehen zu können, müssen die Mitgliedstaaten mindestens alle vier Jahre einen Luftreinhalteplan erstellen. Ausdrücklich nimmt die EU auf den Dieselskandal Bezug: „Um die umfassenderen Luftqualitätsziele zu erreichen, ist es von entscheidender Bedeutung, frühzeitig nicht wirksame Rechtsvorschriften der Union zur Reduktion der Luftverschmutzung an der Quelle zu erkennen und auf diese zu reagieren, wie sich an der Diskrepanz zwischen den Stickstoffoxid-Emissionen im praktischen Fahrbetrieb und den im Testbetrieb gemessenen Stickstoffoxid- Emissionen von Euro-6-Dieselfahrzeugen gezeigt hat“, heißt es im Begründungsteil der Richtlinie.

Wirtschaft kritisiert mangelnde Einbindung

Im Entwurf der 43. BImSchV werden die europäischen Vorgaben annähernd 1:1 umgesetzt und nicht verschärft, wie in Wirtschaftskreisen übereinstimmend anerkannt wird. Bemängelt wird allerdings, dass die Bundesregierung den Luftreinhalteplan – der auch Maßnahmen zur Emissionsreduzierung enthalten sollen – im Alleingang erstellen will, ohne die betroffenen Sektoren einzubinden. Erst nach der Erstellung sollen Länder und „beteiligte Kreise“ angehört werden, bevor die Regierung den Luftreinhalteplan beschließt.

Der Luftreinhalteplan enthalte aber keine rechtsverbindlichen Maßnahmen, heißt es im Begründungsteil, sondern nur „Beschreibungen von geeigneten Maßnahmen für alle einschlägigen Sektoren“, einschließlich Straßenverkehr und Binnenschifffahrt (Luftverkehr und internationaler Seeschiffsverkehr sind nicht einbezogen). Die Maßnahmen werden getrennten Verfahren beschlossen, weil zum Teil auch Länderzuständigkeiten betroffen sind. Zumindest Teile der Wirtschaft fordern, deshalb auch die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat zum Luftreinhalteplan vorzuschreiben.

Sektorziele sinnvoll?

Bemängelt wird in Wirtschaftskreisen, dass nicht von Anfang an sektorbezogene Reduktionsziele vorgegeben werden. Damit werde einer Überwälzung von Reduzierungslasten je nach politischer Opportunität Vorschub geleistet, wird angedeutet. Im übrigen sollte auch im Luftreinhalteplan berücksichtigt werden, welche Sektoren schon in der Vergangenheit große Beiträge bei der Schadstoffreduzierung geleistet haben. Je nach Interpretationsinteresse könnte das zum Beispiel weitere Maßnahmen im Straßenverkehr rechtfertigen (Stickoxide) oder auch dagegen sprechen (Feinstaub).

Rund 300 Mio. EUR Kosten pro Jahr erwartet

Die Bundesregierung rechnet damit, dass zusätzlich notwendige Maßnahmen zur Emissionsreduzierung pro Jahr weniger als die von der EU veranschlagten 316 Mio. EUR kosten werden. Der Nutzen – zum Beispiel durch weniger vorzeitige Todesfälle oder Erkrankungen – wird von der EU auf das 10- bis 35-fache der Kosten geschätzt. (roe)

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