Sondierungsergebnisse entzweien Verkehrssektor

  • Klimaschutz und Luftreinhaltung heiß umstritten
  • Beschleunigungsgesetz wirft noch Fragen auf
  • Aussagen zu Schiene und Binnenschiff vermisst
  • Luftverkehrsbranche zeigt sich entspannt

Die Bewertung der Sondierungsergebnisse durch die verkehrsaffinen Verbände geht weit auseinander. Schon über die Auslegungsfrage, ob nun das Klimaziel 2020 aufgegeben worden ist, wird gestritten: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bejaht das. Der ökologische Verkehrsclub Deutschland sieht es komplett anders. „Anscheinend hat der Aufschrei der Zivilgesellschaft in den letzen Tagen Erfolg gehabt“, heißt es dort. „Das Klimaziel für 2020 wurde von CDU,CSU und SPD – anders als Anfang dieser Woche verlautbart – nicht gestrichen.“

Klimaschutz und Luftreinhaltung heiß umstritten

So sieht es auch der Speditionsverband DSLV, vermisst aber eine klare Ansage, „welchen Beitrag der Verkehr in diesem Kontext leisten soll“. Das bemängelt der VCD ebenfalls: „Wenn die große Koalition die selbst eingeräumte Handlungslücke zum Erreichen des Klimaziels 2020 tatsächlich schließen will, braucht es dafür konkrete Maßnahmen für den Verkehr.“ Dazu gehöre ein Tempolimit von 120 km/h.

Einig sind sich VCD und DUH hingegen darin, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Luftreinhaltung viel zu unkonkret sind, um Diesel-Fahrverbote zu vermeiden, wie es Union und SPD anstreben. Die DUH fordert ein Bekenntnis zur Hardware-Nachrüstung auf Kosten der Hersteller. Beide Verbände fordern zudem eine Blaue Plakette.

In Wirtschaftskreisen wurde dagegen begrüßt, dass Union und SPD die Luftreinhaltung ohne Fahrverbote erreichen wollen, was den Bürgern „angesichts zahlreicher und irreführender Schwarzmalereien“ von Umweltverbänden mehr Planungssicherheit und Verlässlichkeit durch die Politik biete. Wenig überraschend setzt man dort auf Software-Updates statt Hardware-Nachrüstungen.

Beschleunigungsgesetz wirft noch Fragen auf

Im Prinzip zufrieden zeigte sich das Deutsche Verkehrsforum. „Wir begrüßen die im Sondierungspapier aufgegriffenen Vorhaben wie die Fortsetzung des Investitionshochlaufes, die Erhöhung und Dynamisierung der Mittel aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz sowie die Pläne für ein Planungs- und Baubeschleunigungsgesetz und die verstärkte Digitalisierung im Mobilitätsbereich“, lässt sich der Präsidiumsvorsitzende Ulrich Nußbaum zitieren.

Das Planungs- und Baubeschleunigungsgesetz stößt beim Bauindustrieverband HDB ebenfalls auf Zustimmung. „Die Verhandler dürfen jedoch nicht vergessen, auch die Termin- und Kostensicherheit öffentlicher Bauprojekte anzugehen“, teilte der Verband mit mit. „Wir plädieren deshalb dafür, die Ergebnisse der Reformkommission „Bau von Großprojekten“ konsequent umzusetzen.“

Wasser in den Wein schüttet der Binnenschifffahrtsverband BDB: „Wodurch die Beschleunigung allerdings erfolgen soll und wie sich dieses Gesetz zum Beispiel vom Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz aus dem Jahr 2006 unterscheidet, wird nicht mitgeteilt.“

Aussagen zu Schiene und Binnenschiff vermisst

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) bezeichnete die Ergebnisse als „ausgesprochen ermutigend“. Er hob die Aufstockung der GVFG-Mittel und die Verstetigung des Mobilitätsfonds hervor. „Um das Paket für den öffentlichen und umweltfreundlichen Verkehr ‚rund‘ zu machen, müssen in den Koalitionsgesprächen insbesondere aber noch die Themen des Schienengüterverkehrs, vor allem die konkrete Umsetzung des Masterplans, geregelt werden.“

In die gleiche Kerbe schlägt der Güterbahnverband NEE. „Wenigstens der Masterplan Schienengüterverkehr hätte es ins Papier schaffen sollen.“ Dieses sei im übrigen ähnlich verschwommenen wie die bisherige Verkehrspolitik. „Ohne klare Signale für mehr Schienenverkehr wird es mit dem Beitrag des Verkehrs zum Klimaschutz nichts werden.“

Enttäuscht ist in dieser Hinsicht auch der BDB. Angesichts des Bekenntnisses zum Klimaschutz hätte es „nahe gelegen, eine programmatische Aussage für eine Verlagerung von mehr Verkehr auf Schiff und Bahn zu treffen“.

Insgesamt, so bemängelt der BDB und liegt damit mit dem DSLV auf einer Linie, „findet die Transport- und Logistikbranche als integraler Bestandteil der Wertschöpfungskette in dieser Unterlage de facto nicht statt“.

Luftverkehrsbranche zeigt sich entspannt

Der Luftverkehrsverband BDL – dessen Themen ebenfalls nicht im Sondierungspapier auftauchen – zeigte sich am Montag gegenüber dem Verkehrsbrief trotzdem entspannt. Eine Sondierung sei keine Koalitionsverhandlung, der Verband gehe daher davon aus, dass seine Anliegen im Koalitionsvertrag berücksichtigt werde, sagte ein Sprecher. Als Kernthemen nannte er Luftverkehrsteuer, Kosten für die Luftsicherheit und ein Ersatz des EU-Emissionshandels für innereuropäische Flüge durch das internationale CORSIA-Kompensationsschema. (roe)

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