Rechnungshof schaltet sich in Streit um Schifffahrtsabgaben ein

  • A8-Ausbau in Bayern schöngerechnet
  • Intransparenz bei Wasserstraßenprojekten
  • Hohe Ausgabenreste im Verkehrshaushalt

Der Bundesrechnungshof mahnt eine Erhöhung der Gebühren für die Bundeswasserstraßen an, billigt der Politik aber auch Bewegungsspielraum zu. Der Bund sei gemäß Bundeshaushaltsordnung dazu verpflichtet, die Gebührensätze regelmäßig zu aktualisieren, heißt es in dem am Dienstag in Berlin vorgestellten Jahresbericht der Behörde. Mit dem Bundesgebührengesetz von 2013 und der Allgemeinen Gebührenverordnung von 2015 sei das Ministerium erst recht gehalten, auch in seinem Geschäftsbereich kostendeckende Gebühren zu erheben. Aktuell belaufe sich der Kostendeckungsgrad auf gerade einmal 5 Prozent.

Angesprochen auf die derzeit laufende Debatte über die Trassenpreissenkung für die Güterbahnen und die Wettbewerbsneutralität mit der Binnenschifffahrt, räumte Rechnungshofpräsident Kay Scheller gegenüber dem Verkehrsbrief ein, dass die Politik natürlich zu einer „ganzheitlichen Betrachtung“ kommen könne. Aufgabe des Rechnungshofes sei es aber, an die Rechtslage zu erinnern.

In dieser Hinsicht wirft der Rechnungshof dem heutigen BMVI vor, versäumt und verschleppt zu haben: Die Schifffahrtsabgaben seien zuletzt im Jahr 2000 erhöht worden, die Befahrungsabgaben für den Nord-Ostsee-Kanal 1996 und die Gebühren der Binnenschifffahrtskostenverordnung sogar 1982. Mehrere Anläufe, Gebühren und Abgaben zu erhöhen, seien im BMVI im Sande verlaufen. Insgesamt summierten sich inzwischen die Einnahmeverluste für den Bund auf 19,7 Mio. EUR/Jahr.

Das BMVI entgegnete gegenüber dem Rechnungshof, die vom Gebührengesetz verlangte ministeriumsspezifische „Besondere Gebührenverordnung“ sei in Vorbereitung. Vorerst sehe das BMVI im Bereich der Schifffahrtsabgaben aber von einer Änderung der bestehenden Gebührenverordnungen ab. Die Binnenschifffahrtskostenverordnung ist bereits im April 2017 angepasst worden.

A8-Ausbau schöngerechnet

Heftige Kritik übt der Rechnungshof am Schönrechnen des vollständigen acht- und sechsspurigen Ausbaus der A8 zwischen München und der Bundesgrenze bei Salzburg. Bei einer ersten Bewertungsrunde habe sich für den Westabschnitt München-Inntaldreieck ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von 2,8 ergeben, für den Ostabschnitt bis zur Bundesgrenze ein NKV unter 1. Um den Ausbau trotzdem zu rechtfertigen, seien beide Abschnitte zusammengelegt und so ein NKV von 1,2 ausgewiesen worden.

Tatsächlich rechtfertige auch die übliche Verkehrsbelastung östlich des Chiemsees keinen sechsspurigen Ausbau. Für die durchschnittlich 26 Tage im Jahr mit starkem Verkehr reiche eine temporäre Standstreifenfreigabe. Dadurch ließen sich rund 110 Mio. EUR einsparen, knapp 10 Prozent der Gesamtkosten des Abschnitts Inntal-Bundesgrenze. Argumente des BMVI, dass auch bei Bauarbeiten eine 4+2 Verkehrsführung möglich sein müsse und die Verkehrssicherheit gegen die Freigabe des Standstreifens spreche, lässt der Rechnungshof nicht gelten.

Intransparenz bei Wasserstraßenprojekten

Ähnlich intransparentes Agieren wie bei der A8 wirft die Bonner Behörde dem BMVI auch bei den Investitionen in die Wasserstraßeninfrastruktur vor. Hier würden die Kostenschätzungen für die Projekte nur „anlassbezogen“ aktualisiert, in der Praxis bis zu 23 Jahre aber nicht. Eine Steuerung der Investitionen und die Beurteilung ihrer Wirtschaftlichkeit sei so nicht möglich.

Immerhin habe das BMVI die langlaufenden Gesamtprojekte im Haushaltsentwurf 2018 in einzelne Maßnahmen aufgeteilt. Damit werde erkennbar, welche Projektteile noch offen sind und wie sich die geschätzten Gesamtausgaben im Verhältnis zum Projektfortschritt darstellen.

Hohe Ausgabenreste im Verkehrshaushalt

Mit Sorge sieht der Bundesrechnungshof, dass bei den Investitionskapiteln im Verkehrsetat teilweise hohe Ausgabereste aufgelaufen sind. Mit einer Gesamtsumme von 1,2 Mrd. EUR steht das BMVI an erster Stelle. Die meisten Reste entfallen auf Bahn-Titel:

  • Baukostenzuschüsse für DB-Bedarfsplaninvestitionen: 594 Mio. EUR
  • Investitionskostenzuschüsse für SPNV im GVFG-Bundesprogramm: 312 Mio. EUR
  • Lärmsanierungsprogramm: 125 Mio. EUR
  • Ersatz-, Aus- und Neubau an Bundeswasserstraßen: 518 Mio. EUR
  • De-Minimis-Mautkompensationsprogramm: 104 Mio. EUR

Da Reste der Verkehrsinvestitionsmittel anders als sonst üblich „aufgespart“ werden dürfen (Stichwort Überjährigkeit), könnten sie aus Sicht des Rechnungshofes ein Risiko für den Bundeshaushalt darstellen. (roe)

Externe Links: