Bundesregierung sieht Lkw-Fahrer noch nicht als Engpassberuf an

  • Dramatische Engpässe im Bahnbereich
  • Mangelware Fahrlehrer
  • Engpässe für Investitionshochlauf erkennbar

Bundesregierung und Arbeitsagentur erkennen keinen Fachkräftemangel im Lkw-Transportgewerbe und der Logistik. Verkehrsrelevante Engpassberufe gibt es laut Fortschrittsbericht zur Fachkräftesicherung vor allem im Bahnsektor. Der Bericht wurde in der vergangenen Woche vom Kabinett beschlossen und beruht überwiegend auf Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA).

Die BA spricht von Engpassberufen, wenn drei Kriterien erfüllt sind:

  • Die Vakanzzeit liegt 40 Prozent über dem Durchschnitt (bei einem aktuellen Durchschnitt von 100 Tagen also 140 Tage)
  • Eine berufsspezifische Arbeitslosenquote von maximal 3 Prozent
  • Weniger als 200 Arbeitslose pro 100 gemeldete Stellen.

Für Lkw-Fahrer liegt die Vakanzzeit bundesweit aktuell bei 120 Tagen und die Arbeitslosenquote bei 3,4 Prozent, teilte die BA auf Anfrage mit. Nur die Arbeitslosen-Stellen-Relation ist mit 155:100 erfüllt. Die BA sieht aber durchaus eine steigende Brisanz gegeben: Zum einen sei ein Viertel der sozialversicherungspflichtig beschäftigten LKW-Fahrer 55 Jahre oder älter. Zum anderen sinke das Interesse am Ausbildungsberuf „Berufskraftfahrer“.

Unabhängig von den Erfüllung aller drei Kriterien wurde der Berufskraftfahrer regional in Hessen als Engpassberuf eingestuft. „Maßgebend hierfür war vor allem die zentrale Bedeutung des Logistikstandortes Frankfurt“, hieß es dazu aus der BA.

Aus dem Transportgewerbe ist jedoch zu hören, dass es einen absoluten Mangel an Berufskraftfahrern gibt, neue Mitarbeiter also praktisch nur auf dem Wege der Abwerbung gewonnen werden können. Selbstkritisch wird eingeräumt, dass viele Unternehmen ihre offenen Stellen auch nicht an die Arbeitsagentur melden und damit möglicherweise die Einstufung als Engpassberuf verhindern.

Dramatische Engpässe im Bahnbereich

Laut Engpassanalyse der BA vom Juni dauert es gut sechs Monate, bis Triebfahrzeugführer-Stellen besetzt werden können. Auf 100 Stellen kommen rechnerisch lediglich 55 Arbeitslose, die Arbeitslosenquote beträgt 0,7 Prozent.

Bei „Fachkräften zur Überwachung und Wartung der Verkehrsinfrastruktur“ (zum Beispiel Fahrdienstleiter) beträgt die Vakanzzeit gut fünf Monate. Auf 100 Stellen kommen 84 Arbeitlose, die berufsspezifische Arbeitslosenquote beträgt 1,6 Prozent.

Die Deutsche Bahn will die klassischen Bahnberufe attraktiver machen, in dem sie den frischen Azubis einen Tablet-Computer spendiert. Zu Beginn dieses Lehrjahres werden nach eigenen Angaben 1200 Geräte ausgegeben, Kosten insgesamt 700.000 EUR.

Bei Meistern und Technikern – im der BA-Sprache „Spezialisten“ – für den technischen Betrieb von Eisenbahn, Luft- und Schiffsverkehr liegt die Zahl der Arbeitslosen zwar über der der offenen Stellen (186 zu 100), die Besetzung der Stellen dauerte aber im Durchschnitt dennoch 140 Tage. Grund ist die höhere Spezialisierung.

Mangelware Fahrlehrer

Markant steigende Engpässe gibt es aber auch im Fahrlehrerberuf. Gemeldete Stellen waren im Durchschnitt 175 Tage vakant – 34 Tage mehr als ein Jahr zuvor. Durchschnittlich kamen rechnerisch nur 63 Arbeitslosen auf 100 gemeldete Arbeitsstellen. Die berufsspezifische Arbeitslosenquote lag bei nur 0,5 Prozent.

Allerdings gibt die Statistik nur einen Teil der Dramatik im Fahrschulbereich wieder. Vor allem auf dem Lande und in Kleinstädten wird der Fahrlehrerberuf von selbstständigen Kleinstunternehmern geprägt. Von bundesweit rund 45.000 Inhabern einer Fahrlehrerlaubnis sind nur rund knapp 17.000 sozialversicherungspflichtig beschäftigt, berichtet der Fahrschulverband Moving. Wie auch im Lkw-Fahrerberuf zeichnet sich eine weitere Verschärfung des Engpasses ab. Das Durchschnittsalter der Fahrlehrer ist in den letzten zehn Jahren um vier auf jetzt 53 Jahre gestiegen. Bei einem Renteneintrittsalter von 65 Jahren würden in den nächsten zehn Jahren 28 Prozent der Fahrlehrer ausscheiden.

Engpässe für Investitionshochlauf erkennbar

Im Hoch- und Tiefbau gibt es ganz konkret ein Mangel an Aufsichtskräften mit einem Meisterabschluss. Stellen für Meister sind im Hochbau 153 Tage und im Tiefbau 164 Tage vakant und liegen damit deutlich über der Engpassgrenze.

Für die Besetzung der gemeldeten Stellen können nur noch in wenigen Fällen Arbeitslose herangezogen werden. Auf 100 gemeldete Stellen kommen im Hochbau 122 Arbeitslose und im Tiefbau 86. Die überaus niedrige „berufsspezifische Arbeitslosenquote“ von 1,3 bzw. 1,1 Prozent bringt zum Ausdruck, wie angespannt die Fachkräftesituation in diesen Berufsfeldern ist. (roe)

Externe Links:

Fortschrittsbericht 2017 zur Fachkräftekonzept

Engpassanalyse Juni 2017 der Bundesagentur für Arbeit