- Planungsbeschleunigung heiß umstritten
- Wenige Rufe nach mehr Geld
- Pkw-Maut bleibt Zankapfel
- Planungsbeschleunigung heiß umstritten
Öffentliche-private Partnerschaften bleiben das Aufregerthema in der Verkehrsinfrastrukturpolitik. Fünf der sechs wahrscheinlich im nächsten Bundestag vertretenen Parteien nehmen in ihren Wahlprogrammen dazu Stellung – Ausnahme ist die Union.
Ein ausdrückliches Bekenntnis zu ÖPP legt nur die FDP ab und begründet das mit den Vorteilen der „Effizienz, Schnelligkeit und Flexibilität privatwirtschaftlicher Unternehmen“. Durch Aktivierung privaten Kapitals könnten die Sanierung und der Ausbau schneller vorangebracht werden. Die FDP stellt aber auch zwei Bedingungen auf: Die Wirtschaftlichkeit müsse darüber entscheiden, ob ein Projekt als ÖPP oder konventionell realisiert wird, und die Schuldenbremse dürfe nicht umgangen werden.
Einen völlig entgegengesetzten Standpunkt vertreten Linke, AfD und Grüne, die ÖPP kategorisch ablehnen. „Öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) verursachen langfristig Mehrkosten, sind ein Risiko für die öffentliche Hand und schränken die Demokratie ein“, heißt es bei der Linken. „Verkehrsinfrastruktur als Daseinsfürsorge darf nicht privatisiert werden, auch nicht indirekt durch ÖPP“, argumentieren die Grünen.
Die SPD will ÖPP faktisch unmöglich machen. „Öffentlich-Private-Partnerschaften im Straßenbau können nur realisiert werden, wenn deren Wirtschaftlichkeit unter Beteiligung des Bundesrechnungshofs transparent nachgewiesen worden ist.“ Angesichts der bisherigen Stellungnahmen des Rechnungshofs erscheint es aber sehr unwahrscheinlich, dass er jemals ein ÖPP gutheißt.
Autobahngesellschaft hat keine Freunde
Weniger Kontroversen gibt um die Autobahngesellschaft – was aber nur daran liegt, dass es keine Pro-Stimmen gibt. Union, FDP und AfD lassen das Thema aus, die SPD ringt sich nur zu der Feststellung durch, dass „eine Privatisierung der Straßeninfrastruktur und der Infrastrukturgesellschaft Verkehr“ ausgeschlossen bleibt. Grüne und Linke betrachten Verkehrsinfrastruktur unisono als Teil der öffentlichen Daseinsfürsorge, wo es keinerlei direkte oder indirekte Privatisierung geben dürfe. Mit dieser klaren Absage stellen sich die Grünen im Wahlprogramm gegen einen Teil ihrer Bundestagsfraktion, der die Autobahngesellschaft zumindest im Grundsatz befürwortet hatte.
Wenige Rufe nach mehr Geld
Die Infrastrukturfinanzierung ist kein großes Thema mehr. Lediglich FDP und AfD fordern ausdrücklich mehr Geld für Verkehrsinvestitionen. Die FDP verweist darauf, dass der Staat jährlich über 50 Mrd. EUR an Steuern und Abgaben aus dem Straßenverkehr einnimmt, aber ein Fünftel davon in den Verkehr zurückfließt. „Angesichts bröckelnder Straßen und Brücken ist das zu wenig.“ Die Partei fordert außerdem, dass der Bund in den nächsten 20 Jahren jeweils 2 Mrd EUR/Jahr in einen Fonds zur Sanierung der Verkehrsinfrastruktur einzahlt, aus dem auch Behebung des Sanierungsstau von Kommunen und Länder finanziert wird.
Die AfD will ein bundesweites „Konjunkturprogramm Infrastruktur“ (KPI) auflegen, nennt aber keine Summen. Aus dem KPI sollen nicht nur Sanierung und Ausbau von Verkehrswegen finanziert werden, sondern auch von öffentlichen Gebäuden (Schulen, Kindergärten, Kultureinrichtungen).
Die Union verweist auf den Anstieg der Verkehrsinvestitionen um 40 Prozent und will diese Mittel „mindestens verstetigen“. Ihr aktueller Koalitionspartner SPD sieht Handlungsbedarf nur bei den kommunalen Straßen und fordert in Anlehnung an die bisherigen Entflechtungsmittel einen Beitrag des Bundes.
Die Grünen wollen mehr Geld lediglich für ÖPNV und fordern daher ein mit 1 Mrd. EUR/Jahr dotiertes „Zukunftsprogramm Nahverkehr“.
Pkw-Maut bleibt Zankapfel
Strittiger ist schon die Nutzerfinanzierung. Während die Lkw-Maut als „gesetzt“ gilt und nur Differenzen über das Maß ihrer Ausweitung stehen, fehlt es der Pkw-Maut an Rückhalt. Während sie im „Bayernplan“ der CSU immerhin noch im Vorwort von Parteichef Horst Seehofer erwähnt wird, ist im gemeinsamen Wahlprogramm der Union kein Wort zu diesem Thema zu finden – genauso wie im Wahlprogramm der SPD. Letzteres ist insofern erstaunlich, da die Bundestagsfraktion bei jeder Gelegenheit deutlich gemacht hat, dass sie die Pkw-Maut im Grunde ablehnt.
Umso vehementer geht die Linke mit der Pkw-Maut ins Gericht. „Keine PKW-Maut, weder für Aus- noch für Inländer“, fordert sie. „Sie schafft den gläsernen Bürger und ist Voraussetzung für Privatisierung.“ Die Grünen lehnen die „europafeindliche und bürokratische Ausländermaut“ ebenfalls ab und wollen sie schnellstmöglich wieder abschaffen. Die FDP nennt als Begründung für ihre Ablehnung, dass die Verwaltungskosten vorausichtlich sogar die Einnahmen übersteigen. Die AfD nennt als einzige Partei keine Gründe, warum sie die Pkw-Maut ablehnt.
Planungsbeschleunigung heiß umstritten
Klares Pro und Contra gibt es beim Thema Planungsbeschleunigung. Bei der Union nimmt es eine zentrale Stellung ein: Sie will, „wo immer möglich und vertretbar, die Dauer von Planungsverfahren durch Entbürokratisierung verkürzen“ und ein Planungsbeschleunigungsgesetz verabschieden. Bei Ersatzneubauten soll der Klageweg auf eine Instanz beschränkt werden, und für besonders wichtige Projekte will sie „einzelfallbezogen die Planungs- und Genehmigungsverfahren verkürzen“.
Auch die FDP beklagt, dass die Planung von Verkehrsprojekten zu lange dauert und oft ineffizient und teuer ist. Sie will aber nicht nur die Planungsprozesse optimieren, sondern fordert auch „mehr Transparenz im Zusammenhang mit der Nutzung des Verbandsklagerechtes“.
Am entgegengesetzten Ende positioniert sich die Linke. Sie will die Bürger bei der Planung von Verkehrsprojekten von Anfang an voll einbeziehen und wirkliche Alternativen zur Diskussion stellen. „Wir wollen Bürgerräte auf Bundes-, regionaler und kommunaler Ebene einführen, um die Verkehrsplanung zu demokratisieren.“ (roe)
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Dies ist die vierte Folge einer lockeren Serie, in der wesentlichen verkehrspolitischen Positionen der vermutlich im kommenden Bundestag vertretenen sechs Parteien vorgestelllt werden.
Folge 1: Bahnpolitik erschien am 19.7.2017
Folge 2: Güterkraftverkehr erschien am 20.7.2017
Folge 3: ÖPNV erschien am 25.7.2017
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