Rechtsunsicherheit bei Tempo 30 vor Schulen

Der Bundesrat lehnte am Freitag den Vorstoß Nordrhein-Westfalens ab, in der VwV-StVO analog zur StVO eine Kann-Regelung für Tempo 30 vor sozialen Einrichtungen an Hauptverkehrsstraßen zu verankern (siehe auch hier). Sofern die Bundesregierung dem Maßgabebeschluss folgt, verlangt die VwV-StVO künftig in der Passage zum Verkehrszeichen 274 (zulässige Höchstgeschwindigkeit), dort „in der Regel“ Tempo 30 anzuordnen, während es die StVO es nur ermöglicht.

Um die Akzeptanz der Verkehrsteilnehmer für Tempolimits vor sozialen Einrichtungen zu stärken, wurden auf Initiative Niedersachsens, Schleswig-Holsteins und Sachsen-Anhalts Zusatzschilder mit den Aufschriften „Schule“, „Kindergarten“, „Altenheim“, „Krankenhaus“ und „Schulweg“ mit zeitlicher Beschränkung (z.B. „7-15 Uhr“) in den offiziellen Verkehrszeichenkatalog eingefügt. (roe)

Erweiterte Winterreifenpflicht für Lkw erst später

Das ist der Kern eines Kompromissvorschlages aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein zur Novellierung der StVO, dem am Freitag der Bundesrat zugestimmt hat. Danach benötigen Lkw und Busse (Fahrzeugklassen M/N2 und M/N3) ab 1. Juli 2020 bei winterlichen Straßenverhältnissen auch auf den vorderen Lenkachsen Winterreifen. Falls die Bundesregierung diese von ihr gewollte Verschärfung der Winterreifenpflicht früher haben will, muss sie eine noch ausstehenden Bericht der Bundesanstalt für Straßenwesen zu diesem Thema liefern. In diesem Fall würde die Neuregelung sechs Monate nach Vorlage des Berichts in Kraft treten.

Der Bundesrat hatte den Bericht schon 2010 bei der letzten Novelle der Winterreifenpflicht angefordert. Bisher gibt es nur Berichte der Fachpresse und Untersuchungen der Reifenhersteller, die eine Verkürzung des Bremswegs bei weitergehender Ausstattung mit Winterreifen belegen.

Niedersachsen scheitert mit „Lex Conti“

Keine Mehrheit fand ein Antrag Niedersachsens, für Winterreifen eine Mindestprofiltiefe von 3mm vorzuschreiben. In Branchenkreisen wurde das als durchsichtiger Versuch der Landesregierung in Hannover bewertet, dem heimischen Reifenhersteller Continental zusätzlichen Absatz zu verschaffen. Selbst Vertreter anderer Reifenhersteller äußerten sich gegenüber dem Verkehrsbrief ablehnend. (roe)

Länder wollen mehr Projekte auf der Turboliste sehen

Der Bundesrat lehnte am Freitag die Empfehlung seines Umweltausschusses ab, vier niedersächsische Autobahn-Neubauvorhaben aus dem Entwurf zur Neufassung der Anlage zum Bundesfernstraßengesetz (FStrG) streichen lassen (siehe hier).

Dafür folgte er der Empfehlung des Verkehrsausschusses, den Bund aufzufordern, drei weitere Autobahn-Neubauvorhaben in Nordrhein-Westfalen in die Liste aufnehmen zu lassen.

Einvernehmlich zur Streichung empfohlen wurde lediglich der Weiterbau der Berliner Stadtautobahn A100 (17. Bauabschnitt).

IHKN wirft Landesumweltminister Wenzel Blockadeversuch vor

Die IHK Niedersachsen kritisierte den Versuch des grünen Landesumweltministers Stefan Wenzel, auf dem Umweg über den Bundesrat die niedersächsischen Projekte zu blockieren. „Der Vorstoß des niedersächsischen Umweltministers konterkariert damit das gute Abschneiden Niedersachsens mit vordringlichen Straßenprojekten beim neuen Bundesverkehrswegeplan“, erklärte IHKN-Präsident Christian Hinsch am Freitag. (roe)

Mehrheit für Pkw-Maut, aber mit Murren

Die Länderkammer fordert für das Infrastrukturabgabegesetz eine Klausel, die es ermöglicht, auf Länderantrag einzelne Autobahnabschnitte von der Mautpflicht zu befreien, „wenn dies zur Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf grenznahe Unternehmen gerechtfertigt ist.“

Weitergehende Anträge, die auf eine pauschale Ablehnung der Maut hinausliefen, fanden keine Mehrheit (siehe hier). Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann verwies darauf, dass sich viele Länder aus Loyalität zur großen Koalition enthalten würden.

Länder fordern belastbare Einnahmenprognose

Der Bundesrat machte aber Bedenken wegen des Missverhältnisses zwischen Erfüllungsaufwand und den Einnahmen geltend. „Der Bundesrat bedauert, dass die Bundesregierung bisher keine nachvollziehbaren und soliden Berechnungen für die zu erwartenden Einnahmen aus der PKW-Maut sowie den Ausgaben für die Implementierung und den Betrieb des Maut-Konzeptes vorgelegt hat.“ Er forderte die Regierung auf, im Gesetzgebungsverfahren ausreichend valide Berechnungen vorzulegen.

SPD im Bundestag verlangt klares Wort von Schäuble

Auch in der ersten Lesung der Pkw-Maut-Novelle im Bundestag spielten die widersprüchlichen Gutachten zu den Mauteinnahmen eine zentrale Rolle. Mehrere Redner der SPD forderten Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auf, endlich entweder eine eigene Berechnung vorzulegen oder sich die BMVI-Prognose zu eigen zu machen. „Ich möchte nicht, dass unsere hart erarbeitete schwarze Null gefährdet wird“, sagte der SPD-Finanzpolitiker Andreas Schwarz mit spöttischem Unterton. Sein Kollege, der Mautexperte Sebastian Hartmann, betonte, der Koalitionsvertrag gelte „mit jedem Satz“ – also auch der Bedingung, das zusätzliche Einnahmen erzielt werden müssen.

Einführungskosten nicht berücksichtigt

Auch die Opposition schoss sich auf das Thema Einnahme ein: „Sie schieben die Parameter so lange hin und her, bis zumindest ein kleines Plus herauskommt“, monierte der Linken-Verkehrsexperte Herbert Behrens. Die Grünen-Verkehrsexpertin Valerie bemängelte, dass die Einmalkosten von geschätzt 380 Mio. EUR für die Einführung der Pkw-Maut nicht in den Erlösberechnungen auftauchen.

Koalition einig bei EU-Konformität

Einig waren sich Vertreter von Union und SPD aber beim Thema EU-Konformität: „Ich glaube, die EU-Kommission als Hüterin der Verträge kann besser beurteilen, was EU-rechtskonform ist“, sagte der Unions-Verkehrsexperte Steffen Bilger an die Adresse von Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer, der zuvor auf die Klageandrohungen europäischer Nachbarländer hingewiesen hatte. Hartmann mahnte die Opposition, sich nicht auf Rechtsgutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zu verlassen. Der habe nämlich auch schon daneben gelegen. (roe)

Aufgefischt 10.3.2017

Die Verkehrsministerien von Baden-Württemberg und Thüringen haben am Donnerstag eine neue Studie zu Sicherheitspotenzialen von Fahrradhelmen vorgelegt. Ziel ist laut Pressemitteilung, mehr Radfahrer vom freiwilligen Tragen eines Fahrradhelms zu überzeugen.

Die schon lange verzögerte Elektrifizierung und Sanierung der Bahnstrecke Stettin-Angermünde (-Berlin) könnte sich um drei Jahre verzögern, berichten der RBB und Märkische Oderzeitung. Grund ist, dass Brandenburg ein zweites Gleis wünscht, um mehr SPNV-Züge fahren lassen zu können.

Zuguterletzt: Verkehrsstaatsseekretärin Dorothee Bär war Gast in der Late-Night-Show Neo Magazin Royale (ZDF Neo). Über das weitgehend harmlose Geplänkel mit Moderator Jan Böhmermann berichtet unter anderem die Main-Post. Die Sendung wird in der Nacht von Freitag auf Samstag im ZDF um 0 Uhr wiederholt. (roe)