- VIFG wird Kern der Autobahngesellschaft
- Schnelle Gründung geplant
- Enge Führung durch Bundestag
- Aufsichtsratssitze schon verteilt?
- Kritik an Formulierung der ÖPP-Bremse
- Opt-Out nicht zum Nulltarif
Die Autobahngesellschaft wird auf auf die Gesellschaftsform der GmbH festgenagelt. Die Festlegung im Regierungsentwurf des Begleitgesetzes zur Bund-Länder-Finanzreform, die Gesellschaft werde „zunächst“ als GmbH gegründet, ist im jetzt kursierenden Änderungsantrag von Unions- und SPD-Fraktion ersatzlos gestrichen worden. Ebenso ist keine Evaluierung der Gesellschaftsform mehr geplant.
Als Kern der neuen Gesellschaft ist die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft (VIFG) vorgesehen, die schon zum 1. Janur 2019 mit der Autobahngesellschaft verschmolzen werden soll. Die Deges bleibt komplett außen vor, wie indirekt aus dem Begründungsteil hervorgeht.
Wie von den Koalitionsspitzen vor knapp zwei Wochen vereinbart, darf die Gesellschaft „bedarfsgerecht“ bis zu zehn Tochtergesellschaften einrichten.
Schnelle Gründung geplant
Eile gibt es bei der Gründung selbst: Die Gesellschaft ist innerhalb von zwei Monaten nach Verkündung des Bundeshaushalts für 2018 zu gründen. In normalen Jahren würde das spätestens Februar 2018 bedeuten; wegen der Bundestagswahl kann es realistischerweise auch Mai 2018 werden, falls die künftige Regierung den Haushaltsentwurf der jetzigen Regierung über den Haufen wirft. Bis zum Jahresende 2017 müssen die Länder an den Bund melden, wieviel Personal und wieviele Betriebsmittel und Immobilien überwiegend für die Autobahnen genutzt werden. Ein Jahr später müssen die Länder die abzugebenden Mitarbeiter konkret benennen und Verwendungsvorschläge machen.
Die Gesellschaft soll zum 1. Januar 2020 voll arbeitsfähig sein. Dann nämlich sollen Länder auf Antrag schon ihre Auftragsverwaltung an den Bund abgeben können. Grundsätzlich endet die Auftragsverwaltung erst am 31. Dezember 2021.
Anders als von der Union dargestellt ergibt sich aus dem Gesetzestext zunächst kein Spielraum, den Ländern in der Zeit bis Ende 2021 eine höhere Zweckausgabenpauschale zukommen zu lassen (siehe hier). Die volle Deckung von Planungskosten ist nur dann möglich, wenn das jeweilige Land Personal, Betriebsmittel und Auftragsverwaltung an den Bund abgegeben hat.
Als Unternehmenssitz wird Berlin festgelegt. Laut Regierungsentwurf sollte er erst im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden, was in der Tagespresse zu Spekulationen geführt hatte, die CSU wolle den Sitz nach Bayern ziehen. Auch der Sitz des Fernstraßen-Bundesamtes wird nun nicht mehr allein vom Verkehrsministerium bestimmt, sondern von der gesamten Bundesregierung – wenn auch auf Vorschlag des BMVI.
Enge Führung durch Bundestag
Umfangreiche Einflussmöglichkeiten haben sich die Haushaltspolitiker gesichert. Zwar bleibt es entgegen früher kolportierten Zwischenständen bei den Fünfjahresplänen für die Finanzierung und Realisierung. Die für Haushalt und Verkehr zuständigen Bundestagsausschüsse müssen ihnen aber jeweils zustimmen. Die Gesellschaft darf auch (überjährige) Finanzierungszusagen eingehen. Falls Mehrkosten entstehen, müssen sie jedoch schon im Folgejahr wieder eingespart werden.
Die enge politische Führung wird auch dadurch gesichert, dass die Gesellschaft keine Kredite aufnehmen bedarf, sondern ihr Liquiditätshilfen „nach Maßgabe des Haushaltsgesetzes“ gewährt werden.
Der Bundesrechnungshof erhält vertiefte Prüfrechte, aber nicht bei privaten Auftragnehmern, wie befürchtet worden war. Das Bundesfinanzierungsgremium wird ebenfalls in die Aufsicht einbezogen und muss von der Regierung „laufend“ informiert werden, also dichter als bei anderen Beteiligungen.
Aufsichtsratssitze schon verteilt?
Im Aufsichtsrat – der sich bei voraussichtlich 12.000 bis 13.000 Mitarbeiter gemäß Mitbestimmungsgesetz aus mindestens je sechs Vertretern der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite zusammensetzen wird – müssen Mitglieder des Bundestags-Haushaltsausschusses und des Verkehrsausschusses vertreten sein. Laut Begründungsteil sollen außerdem das BMVI, das Bundesfinanz- und das Bundeswirtschaftsministerium Vertreter in den Aufsichtsrat entsenden. Damit wären bereits fünf von sechs Sitzen auf der Arbeitgeberseite vorgemerkt.
Als alleiniger Vertreter des Bundes in der Gesellschafterversammlung ist aber wie im Regierungsentwurf das BMVI vorgesehen.
Kritik an Formulierung der ÖPP-Bremse
Etwas konkretisiert, aber auch etwas weiter gefasst wird die ÖPP-Bremse aus dem Grundgesetz. „Die Einbeziehung Privater bei Planung, Bau, Betrieb und Erhalt von Bundesautobahnen oder sonstigen Bundesstraßen darf nur erfolgen, wenn sich der Vertrag auf einzelne Vorhaben mit einem Gesamtumfang von bis zu 100 Kilometern erstreckt.“ In Fachkreisen wird befürchtet, dass damit auch Nicht-ÖPP-Verträge – zum Beispiel Rahmenverträge über Markierungsarbeiten oder Leitplanken – kleinteilig vergeben werden müssen. Nur im Begründungsteil wird dieser Unterschied zwischen ÖPP und Dritten als Erfüllungsgehilfen näher herausgearbeitet.
Opt-Out nicht zum Nulltarif
Im Errichtungsgesetz für das Fernstraßen-Bundesamt wird festgelegt, dass Länder, die Planfeststellungen und Anhörungen weiter in eigener Obhut betreiben wollen, statt diese Aufgabe dem Bund zu übertragen, dann auch für alle Kosten aufkommen müssen. Ein Rein-Raus je nach politischer Mehrheit ist unzulässig: Ein Land darf nur einmal rausoptieren, wird klargestellt. Einzige Ausnahme: „Sofern es tatsächliche Anhaltspunkte gibt, dass ein Land seiner Aufgabe zur Schaffung von Baurecht nicht ordnungsgemäß nachkommt“, kann der Bund die Aufgabe dem Fernstraßen-Bundesamt übertragen. (roe)