- Jährlichkeit oder Finanzierungssicherheit für fünf Jahre?
- Liquiditätsbeihilfen bereiten Sorgen
- „Straße finanziert Straße“?
- ÖPP bleiben strittig
- Wie reagiert die Regierung?
Auch knapp eine Woche vor der 2. und 3. Lesung im Bundestag ist unklar, wie die geplante Autobahngesellschaft in entscheidenden Punkten ausgestaltet wird. Dabei scheinen selbst die Interpretationen der kursierenden Vorschläge auseinanderzulaufen. Bei den Verkehrspolitikern der Union ist massiver Unmut über die Vorstellungen der Koalitions-Haushaltspolitiker zu vernehmen, die Gesellschaft an der kurzen Leine des Haushaltsausschusses zu führen.
Jährlichkeit oder Sicherheit für fünf Jahre?
Nach ihrer Interpretation wollen die Haushälter Mittel für die Gesellschaft de facto jährlich bewilligen, einziges flexibles Instrument bleibe die schon jetzt geltende Überjährigkeit. Mehrausgaben in einem Jahr sollen aber durch Minderausgaben im Folgejahr ausgeglichen werden. Das sei faktisch eine Rückkehr zur Kameralistik, die eigentlich mit der Autobahngesellschaft überwunden werden sollte, wird kritisiert. Aus Sicht der Verkehrspolitiker wäre es wünschenswert, die Mittel zumindest für fünf Jahre festzuschreiben – ähnlich, wie es mit der LuFV für die DB geschieht. In der SPD-Fraktion wird der Vorschlag der Haushälter so verstanden, dass alle fünf Jahre ein Finanzplan für die Gesellschaft aufgestellt wird, der auch gleich verlässlich mit Mitteln hinterlegt wird.
Die Grünen, die die Autobahngesellschaft im Grundsatz mittragen, wollen ebenfalls langfristige Finanzierungssicherheit, regen aber an, die Laufzeit einer Finanzierungsvereinbarung auf vier Jahre zu verkürzen, damit der Bundestag in jeder Legislaturperiode mindestens einmal entscheiden kann.
Liquiditätsbeihilfen bereiten Sorgen
Ein weiterer Kritikpunkt aus Sicht der Union sind die Liquiditätsbeihilfen, die nun an die Stelle der eigenen Kreditaufnahmefähigkeit treten sollen. Der Haushaltsausschuss wolle sie in jedem Einzelfall bewilligen. „Die Infrastrukturgesellschaft würde mit den vorgeschlagenen Änderungen weiterhin am Tropf des Haushaltsausschusses hängen“, sagte Unions-Fraktionsvize Arnold Vaatz gegenüber dem Verkehrsbrief. „Anstatt, wie vorgesehen, das Projekt- und Finanzmanagement in die Verantwortung der Gesellschaft zu geben, kommen wir so zurück zum Bauen nach Kassenlage“.
Auch bei den SPD-Verkehrspolitikern wird diese Gefahr grundsätzlich anerkannt. Ihre praktische Bedeutung wird aber sehr viel niedriger eingeschätzt, weil Liquiditätsbeihilfen voraussichtlich nur für mehrjährige Großprojekte benötigt werden.
Auch ansonsten liegen Haushälter und Verkehrspolitiker bei der SPD deutlich näher beieinander, unter anderem auch deshalb, weil bei den Herzensanliegen Personalübergang und Privatisierungsauschluss kaum Meinungsunterschiede bestehen.
„Straße finanziert Straße“?
Seitens der Unions-Verkehrspolitiker wird grummelnd akzeptiert, dass die Gesellschaft nicht Mautgläubigerin wird, sondern der Bund. Das sei rechtlich wohl unvermeidbar, um das Entstehen einer Umsatzsteuerpflicht für die Maut zu verhindern. Die ursprüngliche Absicht, einen vom Bundeshaushalt unabhängigen Finanzierungskreislauf zu schaffen, sei damit aber gestorben.
ÖPP bleiben strittig
Bedenken gibt es bei Verkehrspolitikern der Union auch noch gegen eine Klausel, mit der die Haushälter ausufernde ÖPP-Vergaben verhindern wollen. Sie sei derzeit aber noch so schlecht formuliert, dass damit fast gar keine Auftragsvergabe an Dritte möglich wäre, heißt es.
Die von einigen Skeptikern befürchteten Teilnetz-ÖPP sollen durch ein Limit von 100km Strecke je Vertrag verhindert werden. Zudem sollen ÖPP nicht unmittelbar aneinander anschließen dürfen. Bei den Unions-Verkehrspolitikern sieht man darin aber ein potenzielles Unterlaufen der Bundeshaushaltsordnung, weil damit die Wahl der wirtschaftlich günstigsten Beschaffungsvariante eingeschränkt wird. Vom Tisch ist anscheinend der Vorschlag des Bundesrechnungshofs, das Volumen von ÖPP auf 500 Mio. EUR und die Laufzeit auf zehn Jahre zu beschränken.
Die Grünen hingegen sind der Überzeugung, dass durch die Autobahngesellschaft ÖPP obsolet werden, weil deren Vorteile – Bauen aus einer Hand und Lebenszyklusorientierung – nun auch vom Bund selbst umgesetzt werden können.
Wie reagiert die Regierung?
Noch völlig offen ist, wie BMF, BMVI und BMWi damit umgehen, dass „ihr“ Gesetzentwurf derart tiefgreifend umgebaut wird. Bei den Unions-Verkehrspolitikern wird darauf hingewiesen, dass bei Umsetzung des Modells der Haushaltspolitiker als einziger Vorteil gegenüber dem Ist-Zustand die Abschaffung der Auftragsverwaltung übrigbleibt. Ein Ausklammern der Autobahngesellschaft aus der Bund-Länder-Finanzreform oder gar ein Stopp des Vorhabens werden aber übereinstimmend als extrem unwahrscheinlich eingestuft. (roe)