- Linke: Abgasüberwachung auf neue Behörde übertragen
- Abgasskandal Folge von „Mischung aus Desinteresse und Nicht-Wollen“
- Unkenntnis von Abschalteinrichtungen unglaubwürdig
- Heftige Kritik an Union und SPD
- Weiterer U-Ausschuss?
Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer hält eine blaue Plakette weiterhin für sinnvoll, um die Stickoxidbelastungen durch Diesel-Kfz in den Innenstädten zu reduzieren, will sie aber nicht starr an die Euro-Schadstoffklassen koppeln. Das sagte er am Rande der Vorstellung des Grünen-Sondervotums zum Abschlussbericht des Abgas-Untersuchungsausschusses. Eine blaue Plakette sollte nach seinen Vorstellungen dann erteilt werden, wenn das betreffende Fahrzeug die Euro-6/VI-Grenzwerte für NOx im Realbetrieb erfüllt. Offen ließ er, von wem und wie der Nachweis dafür geführt werden muss.
Linke: Abgasüberwachung auf neue Behörde übertragen
Der Ausschussvorsitzende Herbert Behrens forderte bei der Verabschiedung des Linken-Sondervotums, die Überwachung der Einhaltung der Grenzwerte auf eine neue Behörde zu übertragen „Auch die Verbraucherrechte müssen endlich gestärkt werden, denn die Aussicht auf hohe Entschädigungszahlungen könnte neuen Betrügereien der Industrie wirksam vorbeugen.“
Abgasskandal Folge von „Mischung aus Desinteresse und Nicht-Wollen“
Im Sondervotum – der „offizielle“ Bewertungsteil im Abschlussbericht kommt von der Regierungskoalition – erheben die Grünen erneut den Vorwurf des „organisierten Staatsversagens“. Das Kraftfahrt-Bundesamt habe den Angaben der Hersteller blind vertraut, sei von der Politik aber auch nicht so ausgestattet worden, dass es eigene Nachmessungen hätte vornehmen können. Das sei eine Einladung an die Hersteller gewesen, zu schummeln und zu betrügen.
Er bedauerte, dass es wegen des Zeitdrucks von den Regierungsfraktionen nicht möglich gewesen sei, ein gemeinsames Sondervotum mit der Linken zu verfassen. Inhaltlich wäre das möglich gewesen.
Unkenntnis von Abschalteinrichtungen unglaubwürdig
Behauptungen von Behördenmitarbeiter und ehemaligen Ministern, niemand habe sich vor dem VW-Skandal illegale Abschalteinrichtungen als Grund für die Abweichung von Labor- und Realwerten vorstellen können, weisen die Grünen zurück: Es habe schon in den neunziger Jahren Fälle in den USA gegeben, wo Hersteller bei Manipulationen ertappt worden worden seien. Im übrigen tauche der Begriff der illegalen Abschalteinrichtungen auch in der EU-Verordnung 715/2007 auf.
Der einzige Anlauf, die Abgaswerte im Betrieb befindlicher Fahrzeuge nachzuprüfen (sogenannte Feldüberwachung), sei auf Betreiben des Verkehrsministeriums so geschrumpft worden, dass am Ende nur ein Mini-Versuch übrigblieb. Dabei sei man im Rückblick aber ziemlich nah an die Aufdeckung der VW-Manipulationssoftware gekommen.
Heftige Kritik an Union und SPD
Über den Abschlussbericht der Regierungsfraktionen zeigte sich Krischer ebenso entsetzt wie der Ausschussvorsitzende Behrens. Es habe schon „Trump’sche Züge“, wenn Union und SPD jetzt sogar die Gesundheitsschädlichkeit von Stickoxiden anzweifelten, sagte Krischer. Behrens wies den Vorwurf der Regierungsfraktionen, der Ausschuss sei überflüssig gewesen, zurück. „Die aktuelle Debatte über verpflichtende Nachrüstaktionen auf Kosten der Hersteller, die ich sehr unterstütze, würde ohne den Ausschuss nicht geführt werden.“
Weiterer U-Ausschuss?
Krischer zeigte sich offen für den Vorschlag der Linken, in der nächsten Legislaturperiode erneut einen Untersuchungsauschuss einzusetzen. Er verwies auf die bisher unter Verschluss gehaltenen Nachmessungen des CO2-Ausstoß, wo ebenfalls der Verdacht auf illegale Manipulationen im Raum steht. Über einen weiteren U-Ausschuss könne aber erst der nächste Bundestag entscheiden. (roe)