Gebührenreform beunruhigt Binnenschiffer

  • Schwache Relationen weiter geschwächt?
  • Heißes Eisen Trassenpreissenkung

Die Binnenschifffahrt betrachtet mit Sorge die ersten Überlegungen des BMVI für eine Gebührenreform. Wie aus Unterlagen des BMVI hervorgeht, ist geplant, die Gebühren an der zurückgelegten Strecke und den genutzten Schleusen sowie der Größe des Schiffs – in maximaler Tragfähigkeit (Güterschifffahrt) oder Länge (Fahrgastschifffahrt) zu orientieren. Bisher gilt für die Güterschifffahrt ein Abgabensystem, das je nach Gut und Wasserstraße unterschiedliche Sätze vorsieht. Leerfahrten sind gebührenfrei, künftig nicht mehr. Die Einnahmen betragen rund 45 Mio. EUR/Jahr. Hauptziel der Reform ist, die Gebührensystematik zu vereinfachen. Nebenbedingung ist, dass die Binnenschifffahrt gegenüber anderen Verkehrsträgern nicht benachteiligt wird (Wettbewerbsneutralität).

Schwache Relationen weiter geschwächt?

In der Branche wird zwar grundsätzlich das Anliegen einer Vereinfachung begrüßt, der Ansatz aber in mehrerlei Hinsicht kritisiert:

  • Die Fokus auf der Anlagennutzung verteuert die Fahrt auf Relationen, die wegen ihrer hohen Anzahl von Schleusen ohnehin schlechter konkurrenzfähig sind;
  • Das Kriterium „maximale Tragfähigkeit“ berücksichtigt nicht, dass auf einem beträchtlichen Teil der Wasserstraßen die volle Ausnutzung aufgrund beschränkter Fahrrinnentiefe gar nicht möglich ist;
  • Bei bestimmten Gütern – etwa Eisenerz oder flüssigen Chemikalien – beträgt mangels Rückladung der Leerfahrtenanteil 50 Prozent.

In einer ersten Umlegung dieses Betrages auf das neue System ergeben sich laut BMVI vor allem für Erz und Baurohstoffe höhere Belastungen je tkm. Agrargüter kommen günstiger davon als bisher. Unterstellt wird ein pauschaler Leerfahrtenanteil von 30 Prozent.

Das neue Gebührensystem würde laut BMVI-Abschätzung in der Summe den Modal-Split-Anteil des Binnenschiffs um 0,15 Prozent verringern. Ausgerechnet bei Eisenerz ist aber eine Verlagerung von 5,5 Prozent vom Binnenschiff weg zu erwarten – und zwar auf die Schiene.

Heißes Eisen Trassenpreissenkung

Die Konkurrenzsituation von Binnenschiff und Schiene wurde auch auf einem parlamentarischen Abend der Parlamentarischen Gruppe Binnenschifffahrt in dieser Woche in Berlin diskutiert. Rainer Schäfer, Präsident des Binnenhafenverbandes BÖB, brachte ins Spiel, auf die Binnenschifffahrtsgebühren ganz zu verzichten: „Es wäre nicht das erste Mal, dass die Kosten der Erhebung nicht die Einnahmen übertreffen“, sagte er unter Anspielung auf die Pkw-Maut. Der SPD-Binnenschifffahrtsexperte Gustav Herzog forderte hingegen, auch die Binnenschifffahrt müsse ihren Beitrag zur Nutzerfinanzierung leisten.

Schäfer warnte außerdem vor einer undurchdachten Trassenpreissenkung für den Schienengüterverkehr. Sie werde nicht nur zu einer Verlagerung von der Straße auf die Schiene führen, sondern auch vom Binnenschiff auf die Schiene. (roe)

Schreibe einen Kommentar