- Erste Streitpunkte abgeräumt?
- Privatisierungsfrage im Mittelpunkt
- Kommt auf die Maut noch Steuer drauf?
- Wie viel Steuerung bleibt dem Parlament?
- Teilentwarnung für Personalübergang
Das Gesetzespaket für die Autobahngesellschaft stößt in der jetzigen Form auf breites Misstrauen im Bundestag. Das wurde am am Montag in der Expertenanhörung des Bundestags-Haushaltsausschusses deutlich, der acht erklärte Skeptiker und Gegner als Sachverständige geladen hatte und nur einen klaren Befürworter – Dietrich Drömann von der Wirtschaftskanzlei Graf von Westphalen. Diese hatte im Auftrag des BMVI das jetzt umstrittene Konzept für die Autobahngesellschaft erstellt.
Erste Streitpunkte abgeräumt?
Die Berichterstatter der Koalition für den Verkehrsetat, Norbert Brackmann (CDU) und Bettina Hagedorn (SPD), stellten in Aussicht, dass zwei zentrale Streitpunkte abgeräumt werden: So sollen die Gesellschaftsform Aktiengesellschaft ausgeschlossen werden. Grund sind die schlechten Erfahrungen des Parlaments bei der Kontrolle und Steuerung der DB AG.
Außerdem soll eine alleinige Finanzierung der Gesellschaft über Lkw- und Pkw-Maut ausgeschlossen werden. Hintergrund ist, das bei Mitfinanzierung aus dem Haushalt das Parlament automatisch eingebunden werden muss.
Strittig sind nach Aussage von Hagedorn noch die Staatsgarantie und die Frage der Maastricht-Neutralität.
Privatisierungsfrage im Mittelpunkt
Schwerpunkt der Diskussion war erneut die Frage, ob die Autobahngesellschaft ein Privatisierungsvehikel ist. Als grundsätzliches Defizit des Gesetzentwurfs stellte Prof. Georg Hermes von der Universität Frankfurt heraus, dass er offen lasse, ob eine privatwirtschaftliche Gesellschaft angestrebt werde oder nur eine Verwaltung in privatrechtlicher Form. „Hat sie Ergebnisverantwortung oder ist sie Verwaltungshelfer?“, spitzte es Prof. Christoph Gröpl von der Universität des Saarlandes zu
Prof. Thorsten Beckers von der TU Berlin machte konkrete Vorschläge für Privatisierungsbremsen:
- Teilnetz-ÖPP bereits im Grundgesetz verbieten
- atypische stille Beteiligungen und Ausgabe von Genussscheinen unterbinden
- auch eine Privatisierung von Tochtergesellschaften ausschließen
Als wirksamstes Instrument gegen eine Beteiligung von Privaten empfahl er eine Staatsgarantie für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Damit läge die Verzinsung auf Niveau der Bundesschulden und wäre unattraktiv. Ein Vertreter des Bundesrechnungshofes hielt die Kreditaufnahme für komplett überflüssig: Der Bund könne einfach Liquiditätsbeihilfen gewähren, das sei ein etabliertes Instrument.
Kommt auf die Maut noch Steuer drauf?
Auf Skepsis stieß auch die Absicht der Regierung, der Autobahngesellschaft perspektivisch ein Nießbrauchsrecht an den Autobahnen zu übertragen. Falls die Gesellschaft dann auch noch anstelle des Staates Mautgläubiger wird, würde die Maut nach heutigem Recht um die Umsatzsteuer verteuert, warnte Gröpl. Gegebenenfalls müsste die Gesellschaft auch Gewinn- und Körperschaftssteuer zahlen.
Wie viel Steuerung bleibt dem Parlament?
Kontrovers diskutiert wurde, in welchem Maße der Bundestag die Tätigkeit der Gesellschaft steuern sollte. Während bei den Abgeordneten überwiegend der Wunsch herauszuhören war, möglichst weit eingreifen zu können, plädierte Prof. Karl-Hans Hartwig dafür, die Entscheidungen weitgehend der Gesellschaft zu überlassen und so „politische Opportunitätserwägungen“ auszuschalten.
Beckers vertrat einen differenzierteren Ansatz und empfahl, der Gesellschaft nur den Erhalt und den Ausbau von unstrittigen Engpässen eigenverantwortlich zu überlassen. Parlament und Regierung sollten aber bei Neubauvorhaben das Sagen haben.
Teilentwarnung bei Personalübergang
Beim ebenfalls strittigen Thema des Personals deutete Wolfgang Pieper von Verdi eine pragmatische Linie an. Er empfahl, zügig Tarifverträge für die Autobahngesellschaft und die Überleitung der Mitarbeiter abzuschließen, damit sie Klarheit bekommen, was sie erwartet – vor allem in Sachen Standort. „Dann wird der Übergang auch keine großen Probleme verursachen.“ (roe)