Viel Zustimmung für Verbot lauter Güterwagen

  • Zusätzliche abschreckende Elemente gefordert
  • Ausnahmen genauer fassen
  • Monitoring und Evaluierung
  • Sorgenkind Polen

In bemerkenswerter Harmonie begrüßt die Bahnbranche das Schienenlärmschutzgesetz mit dem Verbot lauter Güterwagen ab dem Fahrplanwechsel Ende 2020. Bei einer Expertenanhörung im Bundestags-Verkehrsausschuss gab es keine grundsätzlichen Einwände gegen den Gesetzentwurf. Strittig blieb vor allem, wie laute Güterwagen noch wirksamer vom Netz ferngehalten werden können, und wie die Ausnahmen gefasst werden müssen.

Um eine Kollision mit dem EU-Grundsatz des diskriminierungsfreien Warenverkehrs zu vermeiden, sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, laute Güterzüge soweit zu verlangsamen, dass sie genauso leise wie „leise“ Züge sind. Derart langsame Züge würden aber massiv Trassenkapazität vernichten.

Zusätzliche abschreckende Elemente gefordert

Peter Westenberger vom Wettbewerbsbahn-Verband NEE, Dirk Flege von der Allianz pro Schiene und Martin Henke vom VDV regten daher an, laute Güterwagen und langsame Züge ausschließlich auf als Gelegenheitsverkehr angemeldete Trassen zu verweisen, damit der Regelverkehr nicht ausgebremst wird. Flege und Henke regten an, die Anmeldung solcher Trassen wegen des hohen Erstellungsaufwands für die Infrastrukturbetreiber höher zu bepreisen, um damit von der Nutzung dieses Instruments abzuschrecken. Henke hält das auch für mit dem Europarecht vereinbar.

Henke wie auch Jürgen Tuscher vom Wagenhalterverband VPI und Westenberger plädierten zusätzlich für eine stärkere Spreizung des lärmabhängigen Trassenpreissystems.

Ausnahmen genauer fassen

Alle Verbände sprachen sich dafür aus, auch Güterwagen, die auf Steilstrecken wie der „Rübelandbahn“ im Harz eingesetzt werden und für die es noch keine zugelassene leise Bremstechnik gibt, in die Ausnahmen aufzunehmen. Strittig blieb, ob Beispiele für Ausnahmen direkt in den Gesetzestext aufgenommen werden sollen oder nur in die Gesetzesbegründung.

Streit über Zumutbarkeit

Eine Kontroverse entspann sich an der Frage von Autotransportwagen mit kleinen Radumfängen. Hier gibt es – nicht zuletzt wegen der geringen Fahrzeugzahl – keine Umrüstmöglichkeit mit LL-Sohlen. Der Bahntechnikexperte Prof. Markus Hecht räumte auf Nachfrage der Grünen-Verkehrsexpertin Valerie Wilms aber ein, dass die deutlichere teurere Umrüstung auf K-Sohle möglich wäre. Nach ihrer Auffassung wäre damit der Anspruch auf eine Ausnahme hinfällig, weil es eine zugelassene Technologie gibt. Hecht widersprach; wörtlich heißt es im Gesetzentwurf: „Befreiungen sind möglich für Güterwagen, für die es nachweisbar keine zugelassenen schallmindernden Austauschteile gibt, die an Stelle herkömmlicher Ersatzteile eingebaut werden können.“

Monitoring und Evaluierung

Tuscher und Westenberger sprachen sich unisono dafür aus, die Wirkung des Gesetzes schon 2019 zu evaluieren, um gegebenenfalls nachsteuern zu können. Der Gesetzentwurf sieht aktuell eine Evaluierung nach fünf Jahren vor. Tuscher forderte ferner, nicht die Zahl der leisen Wagen zum Maßstab zu machen, sondern die „leise“ gefahrenen Kilometer.

Hecht wies darauf hin, dass der Bund derzeit den Auftrag für ein Netz von 17 Lärm-Monitoringstationen vorbereitet, die rund 90 Prozent des Güterverkehrs erfassen würden. Enthalten sei auch eine Option, wagenscharf laute Fahrzeuge im Zugverband zu identifizieren. Er ließ durchblicken, dass sich damit die jetzt vorgesehene Überprüfung der Unternehmensangaben zu leisen Zügen anhand von Wagenlisten erübrigen könnte. Vor allem der VPI sieht den geplanten Bürokratieaufwand sehr kritisch.

Sorgenkind Polen

Tuscher berichtete, dass zum Jahresende 2016 53,7 Prozent aller Wagen der VPI-Mitgliedsunternehmen „leise“ waren. Auch private Wagenhalter in Frankreich und der Tschechischen Republik seien sich der Notwendigkeit zur Umrüstung bewusst. Man warte dort nur noch auf die Verabschiedung des Gesetzes, um die Aufträge anzustoßen. Sorgenkind sei Polen, weil dort in großem Umfang Wagen mit Radreifen unterwegs sind. Um auf LL-Sohle umrüsten zu können, müssten dort auch die Räder ausgetauscht werden, was die Umrüstung deutlich verteuere. (roe)

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