Viele ungelöste Konflikte im Gesetz für automatisiertes Fahren

  • Anreize für Bürger fehlen
  • Datenspeicherung fehlt jeglicher Feinschliff
  • Haftung bleibt umstritten
  • Was ist „bestimmungsgemäße Nutzung“?
  • Regeln für Übernahme kontrovers diskutiert

Der Gesetzentwurf zum automatisierten Fahren leidet unter einem ungelösten Zielkonflikt zwischen industriepolitischem Ziel und Verbraucherfreundlichkeit.

Anreize für Bürger fehlen

Wenn es Ziel sei, Deutschland zum Leitmarkt für das automatisierte Fahren zu machen, müsse es für den Verbraucher attraktiv werden. Wenn er aber trotzdem wie bisher beim Fahren aufpassen müsse, werde er aber kein Geld für hochautomatisierte Fahrzeuge ausgeben, sagte Prof. Volker Lüdemann von der Hochschule Osnabrück am Montag in einer Anhörung des Bundestags-Verkehrsausschusses. Auch Markus Schäpe vom ADAC erinnerte daran, dass die Mitglieder in einer Umfrage wissen wollten, welchen Nebentätigkeiten sie legal nachgehen dürfen, wenn das System steuert.

Datenspeicherung fehlt jeglicher Feinschliff

In großer Übereinstimmung forderten die geladenen Experten eine Klarstellung im Gesetz, welche Daten wie lange und zu welchem Zwecken gespeichert werden dürfen. Peter Büttgen monierte, dass der Gesetzentwurf sogar offenlasse, wann die drei Jahre Speicherfrist beginnen. Jürgen Bönninger von der FSD Fahrzeugsystemdaten GmbH sagte, für einen detaillierten „Unfalldatenspeicher“ reichten zum Beispiel die letzten 20 Sekunden vor einem „Ereignis“ und die ersten 10 Sekunden danach. Für die langfristige Aufzeichnung – etwa zur Klärung der Frage, ob der Fahrer oder das System gegen Verkehrsregeln verstoßen hat – sollten nur Ort, Fahrmodus, (automatisiert/manuell) und Aufforderungen zur Übernahme des Steuers protokolliert werden. „Wenn der Fahrer befürchten muss, dass das Auto eine Datenkrake wird, wird es nichts mit dem Leitmarkt“, mahnte auch Lüdemann.

Haftung bleibt umstritten

Lüdemann sprach sich ferner dafür aus, im Gesetz die Haftung des Herstellers festzuschreiben, solange das System steuert. Damit werde ein zusätzlicher Anreiz für die Hersteller geschaffen, ihre Systeme kontinuierlich zu verbessern. Die geplante Regelung, wonach sich die Versicherung des Halters mit dem Hersteller auseinandersetzen soll, hält er daher für falsch.

Was ist „bestimmungsgemäße Nutzung“?

Eine Annäherung zeichnete sich im Streit um den Pflicht des Fahrers zur „bestimmungsgemäßen Nutzung“ von automatisierten Fahrfunktionen ab. Prof. Eric Hilgendorf (Universität Würzburg) sprach von einem etablierten Rechtsbegriff. Technisch ließe sich auch verhindern, dass das Fahrzeug automatisch fährt, wenn der Fahrer seinen Platz verlässt oder der Sitz in Liegestellung ist.

Joachim Damasky vom Autoindustrieverband VDA stellte in Aussicht, dass ein Autobahnpilot auch nur dann eingeschaltet werden kann, wenn sich das Auto auf einer Autobahn befindet. Im übrigen werde der Fahrer über Möglichkeiten und Grenzen des automatischen Fahrens auf keinen Fall nur in der Betriebsanleitung informiert, sondern auch „online“ über das Fahrerinformationssystem.

Regeln für Übernahme kontrovers diskutiert

Schäpe forderte, im Gesetzentwurf die Frist für die Übernahme des Steuers nach Aufforderung zu konkretisieren. Es dürfe nicht den Herstellern überlassen werden festzulegen, ob es 5, 10 oder 15 Sekunden sind. Bönninger warnte davor, eine Zeit festzuschreiben: Es komme ganz auf die Situation an. (roe)

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