Die Vorschläge von Verkehrsstaatssekretär Enak Ferlemann zu einer grundlegenden Umstellung der Verkehrsfinanzierung stoßen in der ÖPNV-nahen Szene überwiegend auf Skepsis (Rail Business 6. März, Seite 1). Echte Gegenentwürfe gibt es aber auch nicht. Das wurde bei einem Fachgespräch der Grünen-Bundestagsfraktion am vergangenen Freitag in Berlin deutlich.
Grüne wollen Regionalisierungsmittel vor die Klammer ziehen
Die zeitlichen Eckdaten für die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen (Föderalismusreform III) skizzierte die Grünen-Finanzpolitikern Anja Hajduk: Bis zum 18. Juni sollen Leitpunkte vorliegen. Dies sei der spätestmögliche Termin, weil die Umsetzung sonst zeitlich zu sehr in die Nähe der drei Landtagswahlen im März 2016 rückt. Derzeit liefen die Gespräche zwischen der Bundesregierung und den Ländern. Sie plädierte dafür, die vom Bundestag am Donnerstag verabschiedete einjährige Verlängerung des Regionalisierungsgesetzes zum Gegenstand eines Vermittlungsverfahrens zu machen, um so die dauerhafte Neuregelung der Regionalisierungsmittel „vor die Klammer“ der Föderalismusreform III zu ziehen.
Bund sollte sich an Konnexitätsprinzip halten
Der VCD-Bundesvorsitzende Michael Ziesak warnte davor, sich auf das von Ferlemann skizzierte Tauschgeschäft einzulassen, weil dann kein Hebel mehr für eine Zweckbindung der Mittel bestehe. Es drohe die Gefahr, dass das Geld in den Länderhaushalten versickere. Schon bisher hätten die Länder ihre Verantwortung für den ÖPNV – die sie in der Föderalismusreform II selbst gewünscht hatten! – überwiegend nicht wahrgenommen und die Kommunen alleingelassen. Er ließ in seinem bewusst provokanten Statement aber dennoch Sympathien für den Wunsch von Finanzminister Wolfgang Schäuble durchblicken, auch die restliche Verantwortung für den ÖPNV loszuwerden – es könne nicht sein, dass der Bund originäre Landesaufgaben übernehmen. Andererseits müsse der Bund auch solche Lasten übernehmen, die er selbst zu verantworten haben: Wer Barrierefreiheit, besseren Brandschutz und WLAN im SPNV fordere, müsse auch bereit sein, das zu bezahlen.
Finanzierungstöpfe zusammenlegen
Auch Thomas Petersen vom Beratungsunternehmen KCW forderte, der Bund solle weitere den ÖPNV mitfinanzieren. Allerdings sollten die Finanzierungskomponenten wie Regionalisierungsmittel, Steuerbefreiungen und GVFG-/Entflechtungsmittel in einem Topf zusammengelegt werden und die Ländern frei entscheiden können, wie sie die Mittel im Rahmen des ÖPNV verwenden. Er empfahl, nach Schweizer Vorbild Mindestbedienungsstandards je nach Gemeindegröße festzulegen und entsprechend Budgets bereitzustellen. Wichtig seien daher Transparenz und eine wirksame Outputkontrolle. In diesem Zusammenhang bezeichnete Bernhard Wevers vom Aufgabenträger NAH.SH die Trennung von SPNV und straßengebundenem ÖPNV als anachronistisch.
Hubertus Baumeister von der auf ÖPNV spezialisierten Anwaltskanzlei BBG plädierte ebenfalls für eine radikale Vereinfachung der Finanzierungsinstrumente auf eine simple Betriebskostenfinanzierung. Fahrzeugförderung und Infrastruktur ließen sich entsprechend einpreisen. Er räumte allerdings ein, dass die Politik ein Interesse habe, medienwirksam möglichst viele Förderbescheide übergeben zu können.
Christian Paschen (Pressnitztalbahn/Mofair) lehnte Baumeisters Vorschlag indirekt ab. Er wies darauf hin, dass Kommunen und Länder viel Geld in die Verbesserung von DB-Stationen steckten, am Ende aber die gleichen Infrastrukturentgelte zahlten. (roe)