SPD will es genau wissen bei Abbiegeassistenten

  • Welche Fahrzeuge nachrüsten?

Der Radverkehr in den deutschen Städten nimmt so dramatisch zu, dass nicht noch drei oder fünf Jahre gewartet werden kann, bis eine Ausrüstungspflicht für neue Lkw mit Abiegeassistenten Wirkung entfaltet. Nötig sei also auch eine Nachrüstung bestehender Lkw, war Konsens bei einem Fachgespräch der SPD-Bundestagsfraktion zu diesem Thema am Donnerstag. Anlass war der gemeinsame Entschließungsantrag mit Union und Grünen zu diesem Thema, über den in der Nacht auf Freitag abgestimmt werden soll (siehe hier).

Kaum umstritten war, dass Nachrüst-Systeme, die eine staatliche Förderung erhalten sollen, gewisse Mindestanforderungen erfüllen sollten, die noch festzulegen sind. Wie Andre Seeck von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) berichtete, ist das von ihr entwickelte Testverfahren für Abbiegeassistenzsysteme in Neufahrzeugen auf ein grundsätzlich positives Echo bei der für Fahrzeugvorschriften maßgeblichen UNECE in Genf gestoßen.

Das simple Testverfahren, für das ein Supermarktplatz genüge, lasse sich natürlich auch auf Nachrüstsysteme anwenden. Die Zertifizierung könne dann jeder anerkannte technische Prüfdienst vornehmen, mehr als ein Nachmittag werde dafür nicht benötigt. Er appellierte an die Politik, nicht von einem bestimmten System auszugehen, sondern „performancebasiert“ zu testen, um auch Wettbewerb zwischen verschiedenen Technologien zu ermöglichen.

Welche Fahrzeuge nachrüsten?

Strittig blieb, wie mit der Fahrzeugklasse zwischen 3,5t und 7,5t umzugehen ist. Ein Teil der Fahrzeuge basiere auf der Sprinterklasse und stelle kein besonderes Problem bei Abbiegeunfällen dar, weil der Fahrer kaum höher als im Pkw sitzt und damit auf der Kopfhöhe von Radfahrern und Fußgängern. Bei den auf größeren Lkw basierenden Fahrzeugen mit höherer Brüstung könnte ein Abbiegeassistenzsystem sinnvoll sein, ebenso bei besonders langen Sprinterklasse-Fahrzeugen: Durch die lange Schleppkurve der Hinterachse müssten diese Fahrzeuge beim Rechtsabbiegen noch relativ weit geradeaus in die Kreuzung hineinfahren, was Radfahrer in trügerischer Sicherheit wähnen könnte.

Im Rahmen des Fachgesprächs wurden im Regierungsviertel auch vier marktverfügbare Abbiegeassistenzsysteme vorgeführt:

  • Daimler „Sideguard“: Nur in Neufahrzeugen erhältlich, Preis rund 2500 EUR. Radarbasiert, Warnleuchte und Warnton, wenn Kollisionsgefahr besteht.
  • Edeka-Eigenentwicklung: ca. 600 EUR je nach Konfiguration plus Einbau. Seitenkamera am Fahrerhaus und Monitor an der A-Säule innen, zusätzlich Ultraschallsensoren. Warnleuchte und Warnton.
  • Mobileye: Das System kann mit zwei oder mehreren Kameras angeboten werden und ist laut Hersteller ab 1350 EUR + Einbau erhältlich. Einbau: 4-6 Stunden. Kameras vorne und hinten mit Bilderkennungssoftware, die Radfahrer und Fußgänger von unbeweglichen Hindernissen unterscheiden können. Nachtsichtfähigkeit in Vorbereitung. Warnleuchte.
  • Cara-Warn: 400 EUR + fünf Stunden Einbau. Ultraschallsensoren, keine Unterscheidung zwischen beweglichen und unbeweglichen Hindernissen. Warnleuchte; Warnton nur dann, wenn Blinker gesetzt oder Lenkung eingeschlagen wird.

Ohne eigenes Fahrzeug war ein Vertreter von Wabco angereist. Das 2016 vorgestellte System basierte ursprünglich auf Laser-Radar, nun aber auf normalem Radar, und war ausschließlich zur Erstausstattung von Neufahrzeugen vorgesehen. Bisher hat aber kein Hersteller das System geordert. Wegen der Nachfrage der Fahrzeughalter werde jetzt aber auch eine Nachrüstlösung entwickelt. (roe)