Studie: Rastatt-Havarie teurer als bisher angenommen

  • Kein „Plan B“ vorhanden
  • Dauerhafte Abwanderung befürchtet

Die Rastatt-Havarie auf der Rheintalbahn im Sommer 2017 hat die europäischen Volkswirtschaften rund 2 Mrd. EUR gekostet. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Ingenieurbüros HTC im Auftrag der Güterbahnverbände NEE und ERFA sowie des KV-Verbandes UIRR. Die Strecke war am 12. August komplett gesperrt worden, weil sich die Gleise über der Baustelle für den Rastatter Tunnel abgesenkt hatten. Erst am 2. Oktober konnte der Betrieb wieder aufgenommen werden.

Laut Studie teilen sich die volkswirtschaftlichen Schäden wie folgt auf:

  • 969 Mio. EUR bei Schienenlogistikern wie Eisenbahnunternehmen, Container-Terminalbetreiber und Logistik-Dienstleister
  • 771 Mio. EUR bei produzierenden Unternehmen
  • 308 Mio. EUR durch Schäden bei der Infrastruktur der Eisenbahn und in deren Logistikketten eingebundener anderer Verkehrsträger.

Die Schadensabschätzung beruht hauptsächlich auf volkswirtschaftlichen Daten des Statistischen Bundesamtes, da es nur wenige belastbare Zahlen zu den tatsächlich angefallenen Kosten der Unternehmen und dem Wertschöpfungsbeitrag der verzögerten, verlagerten oder ausgefallenen Transporte gibt. Unberücksichtigt bleiben die Nutzen, die bestimmte Unternehmen aus dem Unterbruch ziehen konnten, wie Binnenschiffer und Straßenspediteure durch Zusatzgeschäft und höhere Frachtraten.

Nur grob abgeschätzt wurden die Umweltkosten durch Ausstoß von mehr CO2 und Luftschadstoffen. HTC siedelt sie in einer Spanne von 5,6 bis 8,4 Mrd. EUR an. Nicht berücksichtigt wurden etwaige Effekte durch ausgefallenen Bahnlärm.

Kein „Plan B“ vorhanden

Mit der Studie wollen die Auftraggeber auf die volkswirtschaftliche Dimension des Unterbruchs in Rastatt aufmerksam machen, um zum einen das Risiko einer Wiederholung zu verringern und zum anderen den Schadenersatzforderungen Nachdruck zu verleihen.

Hauptkritikpunkt der Autoren ist, dass es keinen „Plan B“ für den Fall einer Havarie gab. Die tatsächlich nutzbare Zugkapazität auf den möglichen Ausweichstrecken blieb weiter hinter den theoretischen Kapazität zurück. Im Ergebnis konnte nur geschätzt ein Drittel der sonst auf der Rheintalbahn verkehrenden Güterzüge fahren. Zwei Drittel fielen aus. Diese Transporte wurden entweder auf andere Verkehrsträger verlagert – Lkw oder Binnenschiff – oder auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, soweit es die Lagerhaltung in den Unternehmen zuließ.

Grund für die verminderte Kapazität war zum Beispiel, dass dort zeitgleich gebaut wurde. Engpässe ergaben sich auch durch fehlende Abstellgleise für den Wechsel von E- auf Diesel-Lok und Wendevorgänge. Hinzu kommt, dass ein Teil der potenziellen Umleitungsstrecken die besonderen Anforderungen von Teilen des Kombinierten Verkehrs an das Lichtraumprofil und die Eckhöhe nicht genügte.

Dauerhafte Abwanderung befürchtet

In der Folge sind laut Studie – anekdotisch belegt, aber nicht quantifizierbar – einige Verlader dauerhaft von der Schiene auf den Lkw umgestiegen. „Rastatt“ sei in manchen Fällen der Tropfen gewesen, der nach langer Unzufriedenheit mit den Leistungen der Schiene das Fass zum Überlaufen gebracht habe. „Es wurde berichtet, dass Logistikleiter sich zunehmend rechtfertigen müssen, wenn sie weiterhin auf den Schienengüterverkehr als umweltfreundliche Variante in der Logistik setzen wollen.“ (roe)

Externer Link: Studie zu den volkswirtschaftlichen Kosten der Rastatt-Havarie