NOx-Beitrag der Binnenschifffahrt weiter unklar

  • LNG würde massive Verbesserung bedeuten
  • Annahmen zu Flottenerneuerung zu pessimistisch?

Die Masterarbeit von Lennart Korsten von der Universität Duisburg-Essen zu Luftverschmutzung und CO2-Ausstoß in Nordrhein-Westfalen erlaubt keine genauen Rückschlüsse auf den Beitrag der Binnenschifffahrt zu Stickoxid-Grenzwertüberschreitungen in den Städten. Untersucht wurden zwar in 396 Gemeinden und kreisfreien Städten die verkehrsbedingten Emissionen (Schadstoffausstoß), aber nicht nicht die resultierende Immission (Luftbelastung). Das geht aus der Arbeit selbst hervor, die inzwischen veröffentlicht wurde. „Mastervater“ Prof. Michael Schreckenberg hatte mit herausgezogenen Aussagen vor einigen Wochen großes mediales Aufsehen erregt (siehe hier).

Laut Studie verursacht die Binnenschifffahrt mit Stand 2015 17.770t Stickoxide pro Jahr und stellt damit einen Anteil von 17,3 Prozent an den verkehrsbedingten NOx-Emissionen in NRW. In ausgewählten Gemeinden am Rhein beträgt der Anteil sogar bis zu 90 Prozent, zum Beispiel in Xanten.

Bis 2030 sinkt der Ausstoß der Binnenschifffahrt um knapp 7 Prozent auf 16.530t. Da die Flotten der anderen Verkehrsträger häufiger erneuert und damit schneller „sauber“ werden als in der Binnenschifffahrt, steigt aber ihr relativer Anteil am NOx-Ausstoß massiv an: Er beträgt dann rund 43 Prozent bei Gesamtemissionen von nur noch 38.460t /Jahr. Die Gemeinden mit hohen verkehrsbedingten NOx-Emissionen liegen dann ausschließlich am Rhein. Rückschlüsse auf die konkrete NOx-Luftbelastung in den Städten sind mit dieser Methode aber nicht möglich, da Stickoxide mit der Luftströmung leicht verwirbeln und sich anders als Partikel auch nicht irgendwann in Bodennähe absetzen. Für die Modellierung wurden die allgemein anerkannten Instrumente Handbuch der Emissionsfaktoren (HBEFA) und Transport-Emissions-Modell (Tremod) verwendet.

LNG würde massive Verbesserung bedeuten

In anderen Szenarien, in denen für Straße und Schiene eine Wende hinzu zu alternativen Antrieben unterstellt wurde, schneidet die Binnenschifffahrt relativ betrachtet noch schlechter ab. Ausnahme ist ein Szenario, in dem für 2030 die vollständige (!) Umrüstung der Binnenschiffsflotte auf Flüssigerdgas (LNG) unterstellt wurde. Dadurch ließe sich der Stickoxid-Ausstoß der Binnenschifffahrt um rund 90 Prozent verringern. Bis auf die Stadt Köln wären dann sogar alle Gemeinden am Rhein im „grünen Bereich“.

Annahmen zu Flottenerneuerung zu pessimistisch?

Kritiker der Arbeit aus der Binnenschiffsbranche halten die geringe Flottenerneuerung im Status-Quo-Szenario für unrealistisch. Da der für die Rheinschifffahrt enorm wichtige Hafen Rotterdam ab 2025 verlangt, dass alle einfahrenden Schiffe zumindest den seit 2007 geltende Rheinkommissions-Standard CCR II erfüllen. Dieser lässt zwar dreimal höhere NOx-Emissionen zu als die 2016 verabschiedete europäische NRMM-Norm; es gibt aber auch noch Schiffe, deren Motoren keinerlei Emissionsvorschriften unterliegen.

Außerdem werden der Arbeit fachliche Schnitzer vorgeworfen. So werde – anders als unter Berufung auf einen Zeitungsartikel behauptet – kein minderwertiger „Schiffsdiesel“ verwendet, sondern der gleiche Norm-Diesel wie für Lkw. Zweifelhaft erscheint auch die Behauptung, Schiffsdieselmotoren könnten ohne weiteres mit Erdgas betrieben werden, also ohne Zündkerzen. (roe)

Externer Link: Masterarbeit Lennart Korsten (Link ist möglicherweise nur noch wenige Tage verfügbar)