Wettbewerbs-Güterbahnen rollen den Markt auf

  • Güterverkehr geht es wieder etwas besser
  • Re-Verstaatlichung im SPNV?
  • Fernbus verschiebt Erlöse im Fernverkehr
  • Weniger als ein Viertel „leise“ Züge
  • Schiene patzt bei der Pünktlichkeit – Problem Baustellen
  • Weniger als ein Viertel „leise“ Züge

Der Marktanteil der Nicht-DB-Bahnen im Schienengüterverkehr ist 2016 noch höher gestiegen als bisher angenommen. Zu diesem Ergebnis kommt die Bundesnetzagentur. Laut ihrer am Montag vorgelegten Marktuntersuchung 2017 hatten die Wettbewerbsbahnen im Berichtsjahr einen Anteil von 46 Prozent an der Verkehrsleistung (tkm). Im Mai hatte die Netzagentur ihren Anteil noch auf 43 Prozent geschätzt (siehe hier). 2015 lag der Anteil bei 41 Prozent.

Der Anteil des Schienengüterverkehrs am gesamten Güterverkehr ging in der Erhebungssystematik der Netzagentur – die sich von der des Statistischen Bundesamtes unterscheidet – von 18,5 auf 18,1 Prozent zurück.

Im Personenverkehr setzte sich der Anstieg der Beförderungsleistung fort, ohne das sich die Marktanteile im Modal Split nennenswert verändert haben. Der Anteil der Wettbewerbsbahnen an der Beförderungsleistung in Personenkilometern – nicht Zugkilometern! – stieg allerdings um 18 Prozent auf 26 Prozent. In Fernverkehr liegt der Anteil der Wettbewerber weiter unter 1 Prozent.

Güterverkehr geht es wieder etwas besser

Neue Fragen zur geplanten Trassenpreissenkung wirft die Preiserhebung auf. Danach gelang es den Güterbahnen 2016, erstmals seit 2013 wieder Preise zu erhöhen. 2016 erzielten 84 Prozent aller Güterbahnunternehmen ein positives Geschäftsergebnis. Im Vorjahr waren es 79 Prozent. Die Umsatzrentabilität der nicht bundeseigenen Güterbahnen stieg leicht auf durchschnittlich 4,1 Prozent. Wegen der Verluste bei der DB lagt der Gesamtwert für die Branche allerdings bei -3,3 Prozent. Ob sich das vergleichsweise guter Ergebnis 2017 angesichts der chaotischen Verhältnisse nach der Rastatt-Havarie und den Sturmschäden wiederholen lässt, wird in Branchenkreisen allerdings bezweifelt.

Re-Verstaatlichung im SPNV?

Bei der Eigentümerstruktur der NE-Bahnen im SPNV ist auffällig, dass der Anteil echter „Privatbahnen“ an der Verkehrsleistung von 29 auf 25 Prozent gesunken ist, während ausländische Staatsbahnen ihren Anteil auf 46 Prozent und Landes- oder Kommunalbahnen ihren Anteil auf 29 Prozent ausbauen konnten. Im Güterverkehr sieht es unter den NE-Bahnen etwa anders aus: Hier konnten ausländische Staatsbahnen und echte „Privatbahnen“ ihren Anteil jeweils um 1 bzw. 2 Prozentpunkte ausbauen. Verlierer sind Landes- und Kommunalbahnen.

Fernbus verschiebt Erlöse im Fernverkehr

Im Schienenpersonenfernverkehr dauert die vom Fernbus ausgelöste Erlöserosion an. Von 2014 bis 2016 sank der Durchschnittserlös je Pkm von 11,1 auf 10,2 Cent. Gleichzeitig stieg aber dank besserer Auslastungssteuerung die Zahl der Fahrgäste pro Zug, so dass der Gesamterlös je Trassenkilometer annähernd stabil blieb.

Schiene patzt bei der Pünktlichkeit

Unverändert angespannt ist die Lage bei der Pünktlichkeit. Vergleichsweise gut kommt der SPNV mit 96 Prozent pünktlichen Zügen davon. Dennoch mussten die Eisenverkehrsunternehmen im SPNV 2016 rund 150 Mio. EUR Pönalen zahlen. Im Fernverkehr waren nur 75 Prozent der Züge pünktlich. Für den gesamten Personenverkehr wurden knapp 25 Mio. EUR gemäß Fahrgastrechten oder aus Kulanz an die Kunden zurückgezahlt. Im Güterverkehr waren sogar nur rund 70 Prozent pünktlich, wobei zu berücksichtigen ist, dass eine Verzögerung bis zu 15:59 Minuten nicht als „Verspätung“ gilt.

Große Unzufriedenheit herrscht mit der Information über Baustellen und dem Baustellenmanagement seitens der Infrastrukturbetreiber. Die sonst zurückhaltende Netzagentur formuliert hier: „Anforderungen der Eisenbahnverkehrsunternehmen und das Handeln der Eisenbahninfrastrukturunternehmen stimmen nicht überein.“ Bei einem Drittel der Baumaßnahmen ergaben sich noch im Verlauf weitere Änderungen für die Verkehrsunternehmen. Die SPNV-Aufgabenträger forderten ferner, ungerechtfertigt lange oder kurzfristige Streckensperrungen einer Überprüfung zu unterziehen.

NE-Bahn-Vertreter beklagten außerdem, dass DB-Züge in der Disposition und bei der Trassenvergabe bevorzugt würden. Kritik gibt es auch an der Zentralisierung in wenigen Leitzentralen. „Immer wieder seien Mitarbeiter nicht gut genug über die Streckenspezifika informiert oder durch die Zentralisierung zu weit weg vom betrieblichen Geschehen“, heßt es. „Ferner erscheinen die Dispositionsbereiche für den einzelnen Mitarbeiter zu groß, was insbesondere bei gleichzeitig auftretenden Störungen an mehreren Stellen auffalle.“

Weniger als ein Viertel „leise“ Züge

Das im alten Koalitionvertrag nicht eindeutig formulierte Zwischenziel für leisen Güterverkehr haben die Eisenbahnen 2016 klar verfehlt, falls 50 Prozent „leise Züge“ gemeint waren. Die Netzagentur berichtet unter Berufung auf DB Netz, dass im Gesamtjahr 2016 23,4 Prozent der Güterzüge als „leise“ im Sinne des lärmabhängigen Trassenpreissystems abgerechnet wurden. Aus der Markterhebung der Netzagentur lassen sich ableiten, dass der Anteil bei den NE-Bahnen deutlich über diesem Wert lag. (roe)

Externer Link: Marktuntersuchung 2017