- Höhe der GVFG-Aufstockung strittig
- Konfliktthema Netz und Betrieb ausgeklammert
In der Bahnpolitik zeichnet sich aktuell ein Überbietungswettbewerb zwischen den Fraktionen ab. Auf einer Veranstaltung der Allianz pro Schiene in Berlin forderte der FDP-Abgeordnete Christian Jung, Deutschland müsse sich als Ziel setzen, 85 bis 90 Prozent der Bahnstrecken zu elektrifizieren. Selbst der Grünen-Bahnpolitiker Matthias Gastel widersprach und wies darauf hin, dass es Strecken gebe, auf denen zu wenig Züge fahren, um eine Elektrifizierung wirtschaftlich zu machen. Der CDU-Verkehrsexperte Michael Donth verwies auf die enormen Kosten, die mancherorts entstehen, wenn das „Drähtle“ unter zu niedrigen Brücken durchgezogen werden muss. Der SPD-Verkehrsexperte Arno Klare erinnerte daran, dass „Elektrifizierung“ auch mit Hybridloks oder Brennstoffzellenantrieb möglich sei-
Jung räumte am Ende ein, dass er das ehrgeizige Ziel nur deshalb festgehalten sehen will, damit am Ende 80 Prozent herauskommen. Der neu im Bundestag vertretene Linken-Verkehrspolitiker Jörg Cezanne sagte, die besten Elektromobile seien Straßenbahnen und S-Bahnen.
Höhe der GVFG-Aufstockung strittig
Klare wiederum forderte, das GVFG-Bundesprogramm von derzeit 332 Mio. EUR auf 1 Mrd. EUR aufzustocken, und ging damit weit über die Einigung der Jamaika-Sondierer hinaus, die nur eine Verdoppelung angestrebt hatten. Gastel hielt ihm daraufhin vor, dass die SPD in der vergangenen Legislaturperiode sogar der Festschreibung der Summe von 332 Mio. EUR im Grundgesetz zugestimmt habe.
Einigkeit herrschte über das grundsätzliche Ziel eines Mobilpasses oder Deutschlandtickets sowie des Deutschlandtaktes. Jung bemängelte allerdings, dass im bisher vorliegenden Zielfahrplan für 2030 zu wenig Zeitpuffer – zum Beispiel für Baustellen – eingeplant seien. Donth riet ihm, auf den verfeinerten Zielfahrplan 2030+ zu warten, der voraussichtlich in der ersten Jahreshälfte 2018 vorgelegt wird.
Konfliktthema Netz und Betrieb ausgeklammert
Nahe beeinander lagen die fünf Parteienvertreter – bei der AfD war laut Allianz pro Schiene kein Ansprechpartner zu finden – auch beim Thema Ausbau des Schienennetzes. Jung sagte mit Blick auf die Havarie in Rastatt, der Vorfall habe verdeutlicht, welche Folgen auch der Ausfall einer Brücke haben könnte. „Wir müssen viel mehr über Ausweichstrecken nachdenken.“ Er forderte aber auch, einen ehrlichen Kassensturz zu machen, um das Volumen der für den Netzausbau benötigten Gelder zu ermitteln. Die Erfahrung zeige, dass praktisch alle Bauprojekte der öffentlichen Hand aus den unterschiedlichsten Gründen am Ende teurer werden als ursprünglich veranschlagt.
Nicht vertieft wurde das ewige Konfliktthema Trennung von Netz und Betrieb. Jung sagte, das wäre in einer Jamaika-Koalition ein schönes liberal-grünes Projekt geworden. Ungeachtet des Scheiterns der Sondierungen werde die FDP das Thema aber weiterverfolgen. (roe)