- Handlungsbedarf auch im Inland
- Kritik an Versprinterung, aber keine Patentlösungen
- Tempobegrenzer sinnvoll?
BMVI, Union, SPD, FDP und der Güterkraftverkehrsverband BGL sind sich in der Beurteilung des EU-Mobilitätspakets weitgehend einig. Das wurde am Donnerstag bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen der BGL-Mitgliederversammlung in Köln deutlich. „Wir lehnen eine weitere Kabotageliberalisierung ab, solange die Sozialvorschriften nicht harmonisiert sind“, sagte Verkehrsstaatssekretär Norbert Barthle. Die Bundesregierung werde sich in dieser Hinsicht eng mit den Partnern in der „Road Alliance“ einiger west- und nordeuropäischer Länder abstimmen (siehe auch hier). Die Diskussion zwischen „Kerneuropa“ und den mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten werde nicht konfliktfrei abgehen. Er warnte, dass das BMVI EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc als sehr durchsetzungsfähig erlebt habe, ließ er unter Anspielung auf die Pkw-Maut durchblicken – und sie stamme aus Slowenien.
Der CDU-Verkehrsexperte Oliver Wittke erinnerte daran, dass hinter der Kabotagefreigabe durch die EU ursprünglich nicht der Gedanke stand, den Markt zu liberalisieren, sondern die umweltpolitisch motivierte Absicht, die Leerfahrten zu verringern. Insofern sehe er die Kabotage-Neuregelung im Kommissionsvorschlag sehr kritisch, weil sie praktisch unbegrenztes „Kabotage-Hopping“ erlaube und damit dem Missbrauch Tür und Tor öffne.
Handlungsbedarf auch im Inland
Der SPD-Güterverkehrsexperte Udo Schiefner regte unter Beifall aus dem Publikum an, die Positionsdaten von Toll Collect zu nutzen, um graue oder schwarze Kabotage nachzuweisen – natürlich unter Berücksichtigung des Datenschutzrechtes. Wittke begrüßte den Vorschlag. „Wenn selbst die Opposition für eine bessere Nutzung der Mautdaten ist, werden wir das wohl hinkriegen.“
Schiefner forderte außerdem, das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) personell und materiell besser auszustatten und ihm mehr Befugnisse einzuräumen. So dürften BAG-Kontrolleure heute nicht bei abgestellten Lkw anklopfen, deren Fahrer sich schlafend stellen – das dürfe nur die Polizei. Dringend notwendig sei es, die vier gegen Sozialdumping tätigen Behörden – Polizei, Zoll, BAG und Gewerbeaufsicht – besser zu vernetzen.
Kritik an Versprinterung, aber keine Patentlösungen
Heftige Kritik gab es an der Haltung des Bundesrates in der Sprinter-Frage. Die Länder hatten sich Anfang Juli gegen den Vorschlag der EU-Kommission ausgesprochen, Lkw unter 3,5t zumindest teilweise den Regeln für den Güterkraftverkehr zu unterwerfen (siehe hier). „Wo mit Sprintern Güterkraftverkehr betrieben wird, müssen die gleichen Regeln gelten“, hielt Wittke unter Zustimmung von Schiefner dagegen. BGL-Präsident Adalbert Wandt ergänzte, es gehe auch um Überladung, Ladungssicherung und damit Verkehrssicherheit. Der FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic warnte allerdings, dass auch das Handwerk mit Sprintern unterwegs sei. Entscheidend sei daher die Trennschärfe der Definition, was Handwerk und was Güterkraftverkehr ist.
Tempobegrenzer sinnvoll?
Wittke schlug darüber hinaus vor, für im Güterkraftverkehr genutzte Lkw unter 3,5t Tempobegrenzer vorzuschreiben, zum Beispiel auf 130km/h. Es sei „umweltpolitischer Wahnsinn“, große Ladungen mit vielen kleinen Fahrzeugen zu befördern. BGL-Präsidiumsmitglied Klaus-Peter Röskes erinnerte ihn allerdings daran, dass die Autoindustrie einen solchen Anlauf seinerzeit torpediert habe – mit dem Argument, dass die Fahrzeuge 160km/h oder sogar 180km/h schnell sein müssten, damit sie sich auch verkaufen. (roe)
Externe Links: BGL-Bewertung des EU-Mobilitätspakets