EU plant neue Balance für Fahrgastrechte

  • Entschädigungspflicht bei höherer Gewalt wird neu geregelt
  • Ausnahmen werden geschrumpft
  • Mehr Einsatz für Behinderte

Die EU-Kommission will es den Eisenbahnverkehrsunternehmen deutlich erschweren, sich gegen eine Fahrradmitnahme zu sperren. Das sieht der Entwurf zur Neufassung der EU-Verordnung über die Fahrgastrechte vor, der in der vergangenen Woche dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet wurde. Bisher genügte der Nachweis, dass sich die Fahrzeuge nicht für die Fahrradmitnahme eignen. Künftig sollen die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU), sofern sie die Fahrradbeförderung „aus Sicherheitsgründen oder aus betrieblichen Gründen“ ablehnen oder einschränken, transparent über die Bedingungen für eine Ablehnung oder Einschränkung informieren.

Entschädigungspflicht bei höhere Gewalt wird neu geregelt

Kern der Neufassung ist aber eine neue Balance der Rechte von Fahrgästen und Kunden. Die EVU sollen zum einen bei höherer Gewalt nicht mehr haften und dadurch nach EU-Berechnungen um 1,3 Mrd. EUR pro Jahr entlastet werden. Als „höhere Gewalt“ gelten Verspätungen, die „von schlechten Witterungsbedingungen oder großen Naturkatastrophen“ verursacht werden. „Ein solches Ereignis sollte den Charakter einer außergewöhnlichen Naturkatastrophe haben, die sich von normalen jahreszeitlich bedingten Witterungsbedingungen wie Herbststürmen oder regelmäßig auftretenden städtischen Überflutungen aufgrund der Gezeiten oder der Schneeschmelze unterscheiden.“ Die Nachweispflicht, das die Verspätung weder vorherzusehen noch zu verhindern war, liegt bei den EVU. Suizide – in Deutschland eine Hauptursache der von Dritten verursachten gravierenden Verspätungen – werden nicht erwähnt.

In der Vorgängerverordnung 1371/2007/EU gab es keine Klausel zur höheren Gewalt, allerdings hat der Europäische Gerichtshof 2013 in einem Musterfall entschieden, dass höhere Gewalt Entschädigungsforderungen der Kunden nicht aushebelt.

Ausnahmen werden geschrumpft

Im Gegenzug für die Klausel zur höheren Gewalt sollen die bisher umfangreichen Möglichkeiten der Mitgliedstaaten bereinigt werden, EVU von den Fahrgastrechte-Vorschriften auszunehmen. Ausnahmen bleiben zulässig für „Schienenpersonenverkehrsdienste des Stadtverkehrs, Vorortverkehrs und Regionalverkehrs mit Ausnahme grenzüberschreitender Dienste innerhalb der Union“ und internationale Verkehre, deren größerer Teil außerhalb der EU stattfindet.

Außerdem wird es für die Verkäufer von Fahrkarten – meistens die EVU selbst – deutlich unattraktiver gemacht, sich durch „Stückelung“ der Reisekette in einzelne Fahrkarten der Entschädigungspflicht zu entziehen: Sie müssen die Fahrgäste nämlich künftig ausdrücklich darauf hinweisen, dass in diesem Fall für lange Verspätungen am Ende der Reisekette möglicherweise keine Entschädigung gezahlt wird.

Mehr Einsatz für Behinderte

Außerdem wird den EVU auferlegt, ihr Personal obligatorisch für den Umgang mit (Körper-) Behinderten zu schulen. „Schulungen im Umgang mit Menschen mit Behinderungen bedeuten keine hohe Belastung für die Eisenbahnbranche und erhöhen ihre Gesamtkosten um lediglich 0,31 Prozent“, heißt es im Begründungsteil.

Der Bundesrat hat bis zum 23. November Zeit für seine Subsidiaritätsstellungnahme. (roe)

 

Externe Links:

Entwurf für eine Neufassung der Fahrgastrechte-Verordnung

Verordnung 1371/2007/EG