Baden-Württemberg will Hardware-Nachrüstung testen

  • Umwelthilfe kritisiert mangelnde Erkennbarkeit sauberer Euro-6-Diesel
  • Lob für VW-Konzern

Das baden-württembergische Landesverkehrsministerium bereitet einen eigenen Machbarkeitstest von Hardware-Nachrüstungen zur Stickoxid-Minderung von älteren Dieselfahrzeugen vor. Dem Vernehmen nach sollen Nachrüstsätze von drei Herstellern in Euro-5/V-Fahrzeuge vom Pkw bis zum Bus eingebaut und im Realbetrieb erprobt werden. Darunter soll auch die Firma Twintec sein, die bereits mit einem umgerüsteten Euro-5-VW-Passat unter Aufsicht des ADAC die Machbarkeit demonstriert hat. Der ADAC soll auch den Test des Landes fachlich betreuen.

Wie das Ministerium offiziell mitteilte, ist Ziel des Projektes, über Messungen mit portablen Messgeräten (PEMS) „die Wirksamkeit der Nachrüstlösungen im Feld unter realen Fahrbedingungen zu erproben und Minderungsquoten für NOx-Emissionen anzugeben“ sowie Umrüstkosten und Umrüstdauer für den Halter zu ermitteln. Zu diesem Zweck sollen Möglichkeiten der Konfiguration von am Markt bereits vorhandenen Abgasreinigungskomponenten (z.B. SCR, Sensoren, Reglern usw.) in Verbindung mit einer intelligenten Softwaresteuerung mit anerkannten Verfahren getestet werden. Ergebnisse werden schon zum Jahresende erwartet.

Fragen der Typgenehmigung laut Ministerium nicht behandelt, da hierfür das BMVI bezw. das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) zuständig sei. Bei diesem Thema gehen die Meinungen weit auseinander: Laut Autoindustrieverband VDA – der Hardware-Nachrüstungen für falsch hält – ist für die nachgerüsteten Fahrzeuge eine neue zeit- und kostenaufwendige Typgenehmigung erforderlich. Aus Sicht des nachrüstfreundlichen DUH-Abgasexperten Axel Friedrich genügt eine Genehmigung der Nachrüstsätze ähnlich wie bei den Nachrüst-Partikelfiltern vor einigen Jahren.

Umwelthilfe kritisiert mangelnde Erkennbarkeit sauberer Euro-6-Pkw

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) forderte unterdessen am Mittwoch vor Journalisten in Berlin, einen Rechtsanspruch des Verbraucher auf eine transparente Auskunft zum Abgasverhalten von Autos zu schaffen. Das sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Anlass sind die auf dem Diesel-Gipfel von der Autoindustrie zugesagten Umstiegsprämien für den Umtausch von älteren Dieseln. Der Verbraucher erhalte – sofern er sich erneut für einen Diesel entscheidet – zwar ein Euro-6-Fahrzeug, erfahre aber nicht, ob auch im Realbetrieb die Grenzwerte eingehalten werden. Pkw, die die Grenzwerte auch laut Typgenehmigung im Realbetrieb einhalten – Schadstoffnorm Euro 6d – sind noch nicht auf dem Markt. Von den Emissionen im Realbetrieb hänge aber die Chance ab, ob das Fahrzeug auch bei Diesel-Fahrverboten in die extrem belasteten NOx-belasteten Städte einfahren darf, zum Beispiel Stuttgart und München, deutete Resch an.

Er bemängelte, der von der Industrie verwendete Begriff „Umweltprämie“ sei irreführend, solange damit auch Spritschlucker wie schwere SUV begünstigt werden.

Lob für VW-Konzern

Die DUH legte auch eine Liste der von ihr im Realbetrieb getesteten 64 Euro-6-Diesel vor. Danach halten nur fünf Pkw-Modelle und ein Transporter den NOx-Grenzwert uneingeschränkt ein. Wird die derzeit noch zulässige Überschreitung („Konformitätsfaktor“) um 110 Prozent berücksichtigt, sind es 14 Modelle. Axel Friedrich lobte ausdrücklich den VW-Konzern, der acht der zehn saubersten Pkw-Modelle stelle. Offensichtlich habe man dort mehr aus dem Abgasskandal gelernt als andere Hersteller. Auch frühere „Problemfahrzeuge“ seien dadurch sauberer geworden, dass die vorhandene SCR-Technik offenbar mehr eingesetzt werde als früher.

Resch warnte allerdings, dass auch die RDE-Messungen manipulationsanfällig sind. Es sei bereits beobachtet werden, dass die NOx-Abgaswerte auffällig in die Höhe schießen, sobald der in den RDE-Regeln vereinbarte Messrahmen auch nur geringfügig überschritten wird, zum Beispiel durch eine sportlichere Fahrweise. (roe)

Externer Link: Liste der von der DUH getesteten Fahrzeuge