- Kein Jammern in Bayern
- Unzufriedenheit in Thüringen…
- … und im Rheintal
- Desaster im Norden
Die hohen wirtschaftlichen Erwartungen der Investoren haben sich offenbar bei keinem der ÖPP-A-Modelle erfüllt. Das ergibt eine Auswertung der Geschäftsberichte im elektronischen Bundesanzeiger. Eine ähnlich existenzgefährdend desolate Lage wie bei A1 Mobil ist bei den anderen Betreibern allerdings nicht zu erkennen.
Kein Jammern in Bayern
Am besten scheint Autobahnplus A8 zu fahren, Betreiber der A8 zwischen München und Augsburg. Sie erwirtschafte laut dem jüngsten vorliegenden Geschäftsbericht 2015 einen Jahresfehlbetrag von knapp 0,8 Mio. EUR, 0,4 Mio. EUR weniger als 2014. Auffällig ist, dass Autobahnplus A8 als einziger A-Modell-Betreiber nicht klagt, die Mauteinnahmen würden nicht für Tilgung und Zinsen ausreichen.
An der Gesellschaft sind der niederländische Baukonzern BAM mit 50 Prozent, der Finanzinvestor Infravia mit 25 Prozent, der Finanzinvestor Egis und Berger Bau mit 6 Prozent beteiligt.
Unzufriedenheit in Thüringen…
Deutlich schlechter steht es um die Betreiber der A4-Umfahrung Hörselberge und der A5 Malsch-Offenburg.
„Die Summe der Zins- und Tilgungsraten für das an den Konzessionsgeber gewährte Darlehen übersteigt im Geschäftsjahr die dem Konzessionsnehmer für das Jahr 2015 zustehenden Mauterlöse“, schreibt Via Solutions Thüringen für 2015. „Hierdurch werden für das laufende Jahr keine Umsatzerlöse für den Betriebs-/Erhaltungsdienst realisiert.“ Der Jahresfehlbetrag betrug 9,2 Mio. EUR. Die Gesellschaft sei zwar bilanziell überschuldet, die Ergebnisplanungen sähen aber vor, „dass mittelfristig weiter Verluste realisiert werden und erst in künftigen Geschäftsjahren des Restvertragszeitraumes nachhaltig Gewinne erwirtschaftet werden“. Eine insolvenzrechtlich relevante Überschuldung bestehe somit nicht.
Eigentümer sind laut Website der französische Baukonzern Vinci (Eurovia) und der ebenfalls französische Finanzinvestor Meridiam.
… und im Rheintal
In ähnlicher Weise wie Via Solutions Thüringen klagt auch die Schwestergesellschaft Via Solutions Südwest. „Das aktuelle Verkehrsaufkommen bleibt hinter den ursprünglichen Planungsprämissen zurück, so dass die Mauterlöse die Summe der geplanten Zins- und Tilgungsraten für das an den Konzessionsgeber gewährte Darlehen nur teilweise decken“, heißt es für 2015. Der Jahresfehlbetrag betrug 87 Mio. EUR, im Jahr zuvor waren es sogar 143 Mio. EUR. Der Schuldenberg stieg auf 299 Mio. EUR an.
Via Solutions Südwest geht zwar davon aus, dass ab 2034 Gewinne erwirtschaftet werden können, der Vertrag endet allerdings schon 2039. „Nach dem derzeitigen Planungsansatz ergibt sich, dass am Ende der gesamten Projektlaufzeit nachrangige Gesellschafterdarlehen und das Mezzanine-Kapital nicht vollständig zurückgeführt werden können“, räumt das Unternehmen ein, mit anderen Worten: Das Projekt kommt aus den roten Zahlen über die Gesamtdauer nicht mehr heraus. Eine insolvenzrechtlich relevante Überschuldung bestehe nicht.
Zu den Eigentümer macht die Betreibergesellschaft keine Angaben, indirekt lässt sich aber feststellen, dass darunter zumindest Vinci und Meridiam sind.
Desaster im Norden
Das schon aus Medienberichten bekannte desaströse Bild bei A1 Mobil (Hamburg-Bremen) bestätigt auch der Geschäftsbericht für 2014. Der Bericht für 2015 liegt noch nicht vor.
„Schon beim Eintreten der ursprünglich prognostizierten Wachstumsraten bezüglich der zukünftigen Verkehrsentwicklung unterliegt die A1 mobil GmbH & Co. KG einem Bestandsrisiko“, heißt es im Geschäftsbericht. „Unter Anwendung der aktuellen Verkehrsentwicklung und der von der A1 mobil GmbH & Co. KG im Zusammenwirken mit dem Verkehrsprognostiker erwarteten Wachstumsraten ist festzustellen, dass das Projekt in der ursprünglich geplanten Konzeption bzw. ohne strukturelle Anpassungen langfristig nicht mehr tragfähig sein dürfte.“ Selbst wenn das Lkw-Verkehrs jetzt noch auf den ursprünglich vorgesehenen Wachstumspfad einschwenkt, sei eine Rückzahlung aller Finanzmittel nicht gewährleistet. Der Schuldenberg betrug Ende 2014 704 Mio. EUR. Zum Vergleich: Das BMVI beziffert seine Verpflichtungen aus Haushaltsmitteln auf 1 Mrd. EUR.
Seit Dezember 2015 besteht deshalb eine Stillhaltevereinbarung mit den Banken. Sie läuft spätestens Ende dieses Jahres aus. „Die Kündigung und Fälligstellung der Kredite würde voraussichtlich zur Zahlungsunfähigkeit und Insolvenz der Gesellschaft führen.“
Als der Bericht abgeschlossen wurde – offensichtlich im Laufe des Jahres 2016 – ging die Geschäftsführung noch davon aus, dass das Schlichtungsverfahren mit dem Bund bis Oktober 2016 zum Abschluss kommt. Dazu ist es bekanntlich nicht gekommen. Der Bund hat die Schlichtung abgebrochen (siehe hier) und das Unternehmen hat im August 2017 Klage eingereicht. Laut Süddeutscher Zeitung prüfen nun Hedgefonds, in die Projektfinanzierung einzusteigen und die Klage zu forcieren.
An A1 Mobil war Ende 2014 das Bauunternehmen Johann Bunte mit 57,5 Prozent beteiligt, der Finanzinvestor John Laing mit 42,5 Prozent. (roe)
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