Monopolkommission: Eisenbahnregulierung muss unter das Messer

  • „Abzocke“ durch DB-Infrastruktur vorbeugen
  • DB-Güterverkehrsaktivitäten privatisieren?
  • Mehr Wettbewerb im Personenverkehr
  • Konkurrenz zwischen Schiene und Fernbus

Die Monopolkommission empfiehlt deutliche Nachbesserungen am Eisenbahnregulierungsgesetz (ERegG). In ihrem sechsten Sondergutachten zum Bahnmarkt, das am Donnerstag der Bundesregierung übergeben wurde, fordert sie namentlich, in die „Anreizregulierung“ für das Schienennetz – also den von der Bundesnetzagentur vorgegebenen Kostensenkungspfad – auch die Mittel aus der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund und DB einzubeziehen (LuFV). Sonst werde die DB in Versuchung geführt, Kosten aus dem regulierten Bereich in den LuFV-Bereich zu verschieben.

„Abzocke“ durch DB-Infrastruktur vorbeugen

Außerdem sollte die Anreizregulierung auf die Stationsentgelte ausgeweitet werden. Bisher haben die Infrastrukturbetreiber bei der Preisentwicklung für die Bahnhofsnutzung weitgehend freie Hand. „Die Entwicklung der Trassen-und Stationsentgelte vor dem Hintergrund rückläufiger realer Inputpreise zeigt die Notwendigkeit einer effektiveren Regulierung auf“, heißt es diplomatisch. Ebenso diplomatisch wird angedeutet, dass im heutigen Regulierungsregime nicht sichergestellt ist, dass die DB-Infrastruktursparte überproportionale Produktivitätsfortschritte – für die die Monopolkommission Raum sieht – in Form geringerer Entgelte an die Kunden weitergibt.

Bemängelt wird auch, dass laut ERegG die Infrastrukturnutzer nicht mehr zivilrechtlich gegen einmal von der Bundesnetzagentur genehmigten Entgelte klagen dürfen („Billigkeitskontrolle“ nach §315 BGB). „Dies gilt insbesondere in Anbetracht der beschriebenen Schwächen der Anreizregulierung und des Umstands, dass viele Betreiber von Schienenwegen und auch die Betreiber von Personenbahnhöfen keiner Anreizregulierung unterliegen.“

Für Serviceeinrichtungen (Werkstätten u.ä.) empfiehlt die Monopolkommission hingegen, die Regulierung zu lockern und sie später eventuell ganz aus der Regulierung zu entlassen „wenn sich auf den entsprechenden Märkten wettbewerbliche Strukturen gebildet haben.“

DB-Güterverkehrsaktivitäten privatisieren?

Für die Umsetzung des 4. EU-Eisenbahnpakets in nationales Recht empfiehlt die Monopolkommission, über die europäischen Vorgaben hinauszugehen. So sollte eine „klare organisatorische Trennung für vertikal integrierte Eisenbahnunternehmen in Bezug auf alle handelnden Personen und alle Entscheidungen des Infrastrukturbetreibers“ eingeführt werden. Personalverflechtungen zwischen Netz und Betrieb sind zu unterbinden, auch auf Aufsichtsratsebene.

Politischen Sprengstoff birgt die Forderung, der klaren organisatorische Trennung eine eigentumsrechtliche Trennung folgen zu lassen: „Als erster Schritt könnten dazu die weltweit agierenden Unternehmen DB Cargo und die DB Schenker Logistics aus dem DB-Konzern ausgegliedert und privatisiert werden.“

Mehr Wettbewerb im Personenverkehr

Für den künftigen Deutschlandtakt empfiehlt die Monopolkommission ein Wettbewerbsregime, in dem nicht ein Marktteilnehmer – lies: DB – zugleich der Taktgeber ist. Sie plädiert für eine Ausschreibung von Linienbündeln aus Rosinen- und Zitronenstrecken, um den Subventionsbedarf möglichst gering zu halten.

Kurzfristig fordert die Kommission, das bisher von der DB dominierte Eisenbahn-Tarifsystem (TBNE) auf eine breitere Basis zu stellen und den NE-Bahnen mehr Mitsprache einzuräumen. Der Gesetzgeber sollte zügig die Voraussetzungen speziell für einen deutschlandweiten Nahverkehrstarif schaffen.

Konkurrenz zwischen Schiene und Fernbus

Großen Raum nimmt eine Erörterung des Konkurrenzverhältnisses zwischen Eisenbahn und Fernbus ein. Unstrittig sei nach Auswertung mehrerer Studien, dass der Fernbus im Durchschnitt mehr Fahrgäste von der Eisenbahn (Nah- und Fernverkehr) zu sich herüberzieht als vom Pkw. Das tatsächliche Konkurrenzverhältnis hänge jedoch stark von Entfernung, Fahrzeiten und Bedienfrequenzen ab.

Die Monopolkommission lehnt dennoch eine Anhebung des Bedienverbots für den Fernbus von 50 auf 100km ab, wie es von der Bahnbranche bisweilen gefordert wird. Erstens werde der Fernbus kaum von Reisenden genutzt, die weniger als 100km fahren wollen, zweitens stellt der SPNV nur eine Ausweichmöglichkeit dar und drittens habe der Reisende im Fernbus den Vorteil von Platzreservierung und WLAN.

Dagegen will die Kommission zum Thema Fernbusmaut kein Votum abgeben. „Bis heute liegen keine belastbaren Erkenntnisse zu den Wegekostendeckungsgraden der Verkehrsträger vor“, heißt es zur Begründung. Eine verlässliche Aussage darüber, ob eine Fernbusmaut der Schaffung fairer Wettbewerbsbedingungen eher ab- oder zuträglich wäre, lässt sich somit zum aktuellen Zeitpunkt nicht treffen.“

Grundsätzlich fordert die Monopolkommission, eine umfangreiche Erfassung des Nutzens und der Kosten – einschließlich der externen Kosten – aller Verkehrsträger, um staatliche Finanzierungsmaßnahmen besser abstimmen zu können. „Derzeit fehlen jedoch Erkenntnisse darüber, wie sich beispielsweise die Zuwendungen für den Straßen- und Schienenbau, die Kfz-Steuer oder eine Bus-Maut, auf diesen Wettbewerb auswirken“, erklärte der Vorsitzende der Monopolkommission, Prof. Achim Wambach.

Externer Link: Sondergutachten der Monopolkommission zum Bahnmarkt