Die Arbeitszeiten in der Binnenschifffahrt abseits des Rheins werden erstmals gesondert geregelt. Der Bundesrat billigte am vergangenen Freitag die neu geschaffene Binnenschifffahrts-Arbeitszeitsverordnung (BinSchArbZV) mit kleinen Maßgaben.
Die Verordnung gibt den Unternehmen wesentlich mehr Spielraum als das deutsche Arbeitszeitgesetz, wie der Arbeitsrechtsexperte Andreas Stommel vom Binnenschifffahrtsverband BDB hervorhebt. Zum Beispiel sind tägliche Arbeitszeiten von bis zu 14 Stunden und Wochenarbeitszeiten von bis zu 84 Stunden zulässig, um die üblichen Betriebszeiten in der Schifffahrt abzudecken. Bisher gab es Arbeitszeitregelung und korrespondierende Aufzeichnungspflichten nur in der Rheinschifffahrt.
Außerdem wird der Bezugszeitraum, in dem Spitzen von mehr als 48 Arbeitsstunden/Woche durch kürzere Arbeitszeiten ausgeglichen werden können, gegenüber dem Arbeitszeitgesetz von sechs auf zwölf Monate ausgedehnt. Das kommt speziell der Fahrgastschifffahrt zugute, die im Sommer extreme Nachfragespitzen erlebt, im Winter aber praktisch brachliegt.
Ebenfalls lockerer fallen die Vorschriften über Ruhezeiten und Ruhetage aus. Im Extremfall sind 31 Arbeitstage ununterbrochen in Folge möglich. Die Mitarbeiter können die Ausgleichsruhetage sammeln. Eine progressive Staffelung von zusätzlichen Ruhezeiten zum Ausgleich soll allerdings den Anreiz für den Arbeitgeber mindern, den Bogen zu überspannen.
Wohl eher theoretischen Wert angesichts der kleinteiligen Unternehmensstrukturen hat die Regelung, dass Arbeitnehmer, die wegen überwiegender Nachtarbeit nachweislich unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen leiden, den Anspruch erhalten, auf einen geeigneten Tagesarbeitsplatz umgesetzt zu werden, „sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen“.
Außerdem erhalten die Arbeitnehmer Anspruch auf eine jährliche arbeitsmedizische Untersuchung. Die Bundesregierung geht allerdings aufgrund der bisherigen Erfahrungen davon aus, dass die wenigsten Arbeitnehmer dieses Angebot nutzen werden.
Strittig war zuletzt nur noch die Dauer der Aufbewahrungspflicht für die Arbeitszeitaufzeichnungen. Laut Regierungsentwurf sollten die Aufzeichnungen nur ein Jahr aufbewahrt werden. Der Bundesrat verlängerte die Dauer am Freitag per Maßgabebeschluss auf zwei Jahre. Als Grund nannte er, dass sonst bei einem Bezugszeitraum von zwölf Monaten für den Spitzenausgleich keine wirksame Kontrolle möglich ist. Allerdings dürfen die Aufzeichnungen nach Ablauf eines Jahres auch an Land gelagert werden.
Mit der Verordnung wird die gemäß EU-Binnenschifffahrtsrichtlinie abgeschlossene Sozialpartnervereinbarung der Europäischen Binnenschifffahrts-Union (EBU), der Europäischen Schifferorganisation (ESO) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) in nationales Recht umgesetzt. (roe)
Externe Links:
Binnenschifffahrts-Arbeitszeitverordnung (Regierungsentwurf)