Westeuropäer nehmen sich Lkw-Sozialdumping vor

  • Erneut Junktim mit Kabotage hergestellt
  • Kontrolle erleichtern, Versprinterung stoppen

Eine Allianz neun west- und nordeuropäischer Länder will gemeinsam gegen Sozialdumping im Lkw-Verkehr vorgehen. Zu diesem Zweck hat Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt am Dienstag in Paris zusammen mit seinen Amtskollegen aus Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Italien, Luxemburg, Norwegen und Schweden die „Road Alliance“ gegründet.

Das Gründungsmemorandum (siehe Anhang) sieht zum einen gemeinsame Anstrengungen vor, Sozialdumping und unfairen Wettbewerb zu unterbinden; zum anderen soll das Lkw-Gewerbe europaweit von Papierbürokratie entlastet werden.

Das Papier knüpft inhaltlich an den gemeinsamen Brief von acht west- und nordeuropäischen Verkehrsminister an die EU-Kommission von Ende September 2016 an (siehe hier). Schweden hat sich der Initiative neu angeschlossen.

Erneut Junktim hergestellt

In dem gemeinsamen Papier stellen die Minister erneut ein Junktim zwischen ihrer Zustimmung zu einer weiteren Liberalisierung des Marktes und einem entschiedeneren Vorgehen gegen das Sozialdumping her. „Erst wenn die Harmonisierung der einschlägigen sozialen Sozialvorschriften für den Straßenverkehr in die Praxis umgesetzt ist, kann die Erörterung einer weiteren Liberalisierung des Straßengüterverkehrsmarkt, insbesondere der Kabotage, ins Auge gefasst werden.“

Kontrolle erleichtern, Versprinterung stoppen

Konkret wird gefordert:

  • Es ist sicherzustellen, dass die Fahrer ihre Wochenruhezeit an ihrem Lebensmittelpunkt verbringen. Damit soll das Nomadentum auf den Rastplätzen unterbunden und der Wettbewerb mit den einheimischen Unternehmen fairer ausgestaltet werden;
  • Die „Versprinterung“ des internationalen Güterverkehrs mit leichten Lkw unter 3,5t soll unterbunden werden, indem auch auf diese Unternehmen die europäischen Regeln für den Güterkraftverkehr angewendet werden, gegebenfalls in modifizierter Form;
  • Um die Unternehmen von Papier zu entlasten und zugleich Kontrollen zu erleichtern, soll der elektronische Frachtbrief europaweit zugelassen werden;
  • Daten aus den nationalen Risikobewertungssystemen für Güterverkehrsunternehmen sollen für internationale Kontrollen nutzbar gemacht werden;
  • Mehr Zusammenarbeit und ein engerer Erfahrungsaustausch bei der Bekämpfung von Betrug und Schwarzarbeit und Fahrtenschreibermanipulation;
  • Unter Umständen sollte die Übergangsphase für die Einführung des intelligenten Fahrtenschreibers verkürzt werden – derzeit sind 15 Jahre vorgesehen;
  • Schließlich ein gemeinsames Vorgehen in der Frage, wie schnell der europäische Binnenmarkt für Lkw-Unternehmen aus Drittstaaten geöffnet werden soll.

Das Papier ist offensichtlich als gemeinsamer Aufschlag für die „Road Initiative“ gedacht, die EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc voraussichtlich im Mai vorstellen wird. Im BMVI und im deutschen Lkw-Transportgewerbe wird befürchtet, dass sie den Schwerpunkt auf die weitere Marktliberalisierung legen will, das heikle Thema Sozialdumping aber mit Rücksicht auf die osteuropäischen Staaten ausklammert.

Der deutsche Güterkraftverkehrsverband BGL begrüßte die gemeinsame Erklärung. das Aktionsprogramm setze „an den richtigen Problemen an und stellt für das deutsche Transportlogistikgewerbe eine ausgezeichnete Arbeitsgrundlage für die notwendigen Reformen dar, welche das soziale Arbeitsumfeld der Fahrer und die Wettbewerbssituation in der EU verbessern können.“ (roe)

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