Erster Aufschlag für hochautomatisiertes Fahren

Wenn das Fahrzeug wegen des automatisierten Betriebs einen Unfall verursacht, sollen die Pflichthaftungshöchstbeträge gegenüber herkömmlichen Fahrzeugen auf 10 Mio. EUR für Personenschäden und 2 Mio. EUR für Sachschäden verdoppelt werden. Das geht aus dem Referentenentwurf des BMVI für eine Novellierung des Straßenverkehrsgesetzes hervor, der den Betrieb von hoch- und vollautomatisierten Kfz ermöglichen soll.

Konfliktkurs mit Verbraucherschützern

Das Ministerium begründet die neue Regelung mit dem Verkehrsopferschutz. Es gilt der Grundsatz der Gefährdungshaftung: Wenn den Fahrzeugführer keine Schuld trifft, haftet zunächst der Halter. Dessen Haftpflichtversicherung und die Versicherung des Fahrzeugherstellers müssen sich dann einigen, wer die Kosten trägt.

Verbraucher- und Datenschützer hatten vor gut zwei Wochen gefordert, die Haftung für hoch- und vollautomatisiertes Fahren primär beim Hersteller anzusiedeln (siehe hier).

Lex Tesla“

Das Gesetz sieht vor, das nur solche hoch- und vollautomatisierte Fahrfunktionen genutzt werden dürfen, die den internationalen Vorschriften entsprechen. Schlüssel ist die UN-ECE-Vorschrift über Lenkanlagen, die gegenwärtig in dieser Hinsicht überarbeitet wird. Außerdem muss das Fahrzeugsystem den Fahrer rechtzeitig zur Übernahme des Steuers auffordern, wenn es an seine Grenzen stößt. Wie aus dem Begründungsteil des Gesetzentwurfs indirekt hervorgeht, wird mit dem Bezug auf die internationalen Vorschriften die Benutzung des Tesla-“Autopiloten“ vorerst untersagt.

Umfangreiche Pflichten für Fahrer

Der Fahrer wiederum muss jederzeit in der Lage sein, das Steuer „unverzüglich“ wieder selbst zu übernehmen,

  • wenn er durch das System dazu aufgefordert wird,
  • wenn er erkennen muss, dass das System nicht funktioniert
  • wenn er den zulässigen Bereich verlässt – zum Beispiel eine Autobahn bei einem Autobahn-Autopiloten

Auch hier hatten die Verbraucherschützer entgegengesetzt argumentiert und gemahnt, der Fahrer dürfe nicht zur Rückfallebene bei Systemversagen werden.

Viele Details offen

Die offene Frage, wieviel Zeit das System dem Fahrer zur Übernahme des Steuers einräumen muss und wieviel Zeit der Fahrer hat, auf eine solche Aufforderung zu reagieren, wird im Gesetz nicht geregelt. Es enthält aber eine umfangreiche Ermächtigungsgrundlage für Verordnungen. Zudem werden UN-ECE-Vorschriften den technischen Rahmen regeln.

Zur Beweissicherung muss jedes Fahrzeug mit einer Datenaufzeichnung („Blackbox“) ausgestattet werden. Sie soll mindestens Ein- und Ausschalten der automatisierten Fahrfunktion und die Aufforderung protokollieren, das Steuer zu übernehmen. Im Gegensatz zu den Wünschen der Verbraucher- und Datenschützern soll auch Dritten Einblick in die Daten gewährt werden, wenn sie glaubhaft machen können, dass sie durch ein Fahrzeug mit automatisierter Fahrfunktion geschädigt worden sind. (roe)

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