Laut dem am Mittwoch endlich veröffentlichten Abschlussbericht der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) stieg der Anteil des sogenannten Lang-Lkw-Typ 2 seit der Halbzeitbilanz 2014 von 19 auf jetzt 30 Prozent. Der anfangs mit 75 Prozent ganz weit führende Typ 3 (Motorwagen mit Sattelauflieger auf Dolly-Achse) stellt jetzt nur noch knapp 60 Prozent.
Typ 1 (verlängerter Sattelauflieger) ist trotz Freigabe in NRW bisher nur mit 13 Fahrzeugen vertreten, Typ 4 (Doppelsattelzug) und Typ 5 (überlanger Gliederzug) spielen ebenfalls nur eine untergeordnete Rolle.
Laut BASt tut sich der Typ 2 nicht nur beim Befahren von engen Kreisverkehren schwer, sondern zeigt auch bei „hochdynamischen Fahrmanövern“ Schwächen. Vor allem bei leerem Sattelauflieger und beladenem Anhänger drohe ein Umkippen. Die Gefahr könne zwar durch elektronische Stabilitätskontrollsysteme (ESVC) minimiert werden; dennoch regt die BASt an, den Fahrern von Typ-2-Lkw vor Fahrtantritt eine Kontrolle auf ungünstige Beladungszustände vorzuschreiben. Auf jeden Fall seien weitere Untersuchungen nötig.
Das BMVI will mit genau dieser Begründung die Ausnahmegenehmigung für Typ-2-Lkw nur um ein Jahr befristet verlängern (siehe hier).
Verlagerungspotenzial weiter untersucht
Im Streit, ob der Lang-Lkw Verkehr von der Schiene auf die Straße verlagert, gibt es gegenüber dem Zwischenbericht von 2014 keine wesentlichen neuen Erkenntnisse, wohl aber Erkenntnisverfeinerung.
Die theoretisch auf Lang-Lkw verlagerbare Transportleistung von Eisenbahn und Schiff wird für 2014 auf 1,7 Prozent und für 2030 auf 2,9 Prozent geschätzt. Unter Einbeziehung von Wirtschaftlichkeitserwägungen würde bei einem enggefassten Positivnetz 0,3 Prozent verlagert werden, bei einem weiter gefassten Positivnetz wäre es 1 Prozent. Das seien 0,05 bis 0,03 Prozent der gesamten Transportleistung von Schiene und Binnenschiff.
Im Feldversuch sei bisher jedoch Verlagerung nicht zu beobachten gewesen, betont die BASt. Alle mit Lang-Lkw abgewickelten Verkehre seien vorher mit Normal-Lkw gefahren worden. Die populäre Formel „Zwei Lang-Lkw ersetzen drei konventionelle Lkw“ sei dabei sogar übertroffen worden: Im Durchschnitt wurden sogar 3,06 bis 3,12 Fahrten ersetzt. Eine Erklärung liefert die BASt nicht.
Ob und inwieweit der Einsatz von Lang-Lkw im Vor- und Nachlauf zum Kombinierten Verkehr diesen kostengünstiger macht, konnte mangels ausreichender Fallzahl nicht untersucht werden.
Auf jeden Fall erhöht der Lang-Lkw den Kostendruck auf Unternehmer, die diese Fahrzeuge nicht einsetzen wollen oder können: Der Stellplatzkilometer im Lang-Lkw ist laut BASt 16 bis 26 Prozent kostengünstiger als im konventionellen Lkw. Die Dieselersparnis – und damit CO2-Ersparnis – beträgt in Bezug auf das Ladevolumen 27 Prozent, in Bezug auf die Palettenstellplätze 19 Prozent.
Ob durch die Kostensenkungen „Rebound“-Effekte entstehen, also mehr Transport nachgefragt wird, weil er billiger wird, konnte nicht untersucht werden.
Stünde das gesamte deutsche Straßennetz für Lang-Lkw offen, könnten laut BASt zwischen 2 und 9 Prozent aller Lkw-Fahrten beziehungsweise 3 bis 7 Prozent der Fahrleistung konventioneller Lkw durch Lang-Lkw ersetzt werden.
Bei Annahme eines Positivnetzes für die 25m-Lkw reduziert sich das Marktpotenzial auf 3 Prozent für das Jahr 2014. Auch die Zunahme von Volumengütern ändert daran kaum etwas: Für 2030 wird das Marktpotenzial auf 3,2 Prozent geschätzt.
Für den politisch weit weniger umstrittenen Sonderfall „langer Sattelauflieger“ wird das Potenzial allerdingsauf 50 Prozent aller Sattelaufliegerfahrten in Deutschland geschätzt, sofern das Gesamtstraßennetz offensteht. (roe)
Externer Link: Abschlussbericht der BASt zum Lang-Lkw-Feldversuch