Der Anspruch auf eine professionelle Beförderung dürfe nicht aufgegeben werden, war der Tenor in der teilnehmeroffenen Verkehrskonferenz der Fraktion am Montag in Berlin. „Ehrenamtliche“ Bedienformen wie Mitfahrvermittlung könnten höchstens eine ergänzende Rolle spielen.
Umstritten blieb, ob das Personenbeförderungsgesetz geändert werden muss, um neue Mobilitätsmodelle zu ermöglichen. Prof. Anja Hentschel von der TU Darmstadt, die das im weitesten Sinne als „Mitfahrvermittlung“ anzusehende Projekt „Mobilfalt“ in Nordhessen begleitet, sprach sich für eine Liberalisierung aus. Zum einen sei die für nichtgewerbliche Fahrten auf 30 Cent/km gedeckelte Vergütung ein zu geringer Anreiz für die Bürger, um Fahrten anzubieten. Bei höherer Vergütung sei ein Personenbeförderungsschein erforderlich, der wiederum eine hohe Einstiegshürde darstelle. Nicht abschließend geklärt sei auch die Frage der Haftung bei Unfällen.
Fani Zaneta von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi widersprach erwartungsgemäß: Das PBefG stelle hohe Ansprüche, um eine gewisse Professionalität und Sozialverträglichkeit zu gewährleisten. Bei vielen Beiträgen klang die Befürchtung durch, sich mit einer Öffnung auch politisch unerwünschte Anbieter wie Uber ins Haus zu holen.
Schwarzes Loch Sozialfahrten
Der Verkehrsberater Felix Berschin bedauerte, das das PBefG kein „Sammeltaxi“ kennt, warb für einen pragmatischen Ansatz: Das PBefG enthalte genug Öffnungsklauseln; die Behörden hätten es in der Hand, sie zu nutzen. Er regte an, die bisher streng abgeschotteten „Sozialfahrten“ – etwa für Behinderte oder von Dialysepatienten – für die Bürger zu öffnen. Dort sei die Professionalität der Beförderung in der Regel gewährleistet. Für die Beförderung behinderter Schüler liege die Verantwortung sogar beim Landratsamt und damit beim ÖPNV-Aufgabenträger, allerdings oft in einer anderen Abteilung.
Krankenkassen könnte man die Öffnung damit schmackhaft machen, dass sie die Kosten für Dialysefahrten nicht mehr allen tragen müssten. Komplizierter sei es bei Fahrten zu Behindertenwerkstätten, wo Jobcenter/Arbeitsagentur, Rentenversicherung oder andere Organisationen im Spiel sei. Im Grunde müsste einmal ein Rechnungshof die Sozialfahrten daraufhin untersuchen, ob der Haushaltsgrundsatz der Sparsamkeit nicht verletzt wird, wenn externe Einnahmepotenziale nicht angezapft werden. (roe)
Externer Link: Mobilfalt-Website